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Der Protektor von Calderon

Der Protektor von Calderon

Titel: Der Protektor von Calderon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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binnen weniger Augenblicke hatte sie sich über die Hauptstadt Kalare hinweggewälzt.
    Unwillkürlich hob Amara die Hände und rief Cirrus, um eine Linse zu wirken. Die graue Wolke bestand nicht einfach nur aus Asche, wie sie zunächst angenommen hatte. Es war … wie Feuer, das eine riesige Gewitterwolke bildet. Was immer von dieser scharlachrot umrissenen grauen Flut erfasst wurde, geriet augenblicklich in Brand. Sie sah kleine Schemen, die vor dem Inferno davonflogen, aber wenn sich die Wolke schon träge zu bewegen schien, so kamen die Gestalten nur wie Schnecken voran. Sie selbst, eine der schnellsten Fliegerinnen von Alera, wäre diesem feurigen Nebel nicht entkommen. Diese Wehrhöfer hatten nicht den Hauch einer Chance. Nicht die geringste.
    Benommen vom Schock starrte sie hinunter ins Tal, während weitere Beben den Berg unter ihr erschütterten. Wie viele tausend - zehntausende, hunderttausende von Menschen waren gerade gestorben? Wie viele Familien, die in ihren Betten schliefen, waren zu Asche verbrannt? Wie viele Kinder hatte die Hitze bei lebendigem Leibe verschlungen? Wie viele Häuser, wie viele Schicksale, wie viele geliebte Menschen und wie viele Namen waren in diesen wenigen Augenblicken ausgelöscht worden?
    Amara kniete neben ihrem Gemahl und wurde Zeuge des Todes von Kalare - der Stadt, des Volkes, des Landes und des Fürsten.
    Eine riesige Dampfwolke stieg auf, als das wasserreiche Tal vom Feuerberg eingehüllt wurde, aber dieser Dampf verschwand, weil der Staub, der von Felsrutschen und Erdbeben aufstieg, einen dichten Vorhang bildete und sogar die Sterne verdeckte.
    Licht war noch zu sehen, Licht vom flammenden Berg und von der brennenden Leiche der Stadt. Alles erschien in einem widernatürlichen roten Zwielicht.
    Erst nachdem der Blick auf das Tal verhüllt war, wandte sich Gaius ab. Er sah an Bernard vorbei zu Amara. Mit schweren Schritten trat er zu ihr. Seine Miene war erstarrt, seine Augen verrieten keine Gefühle.

    »Hätte ich gewartet, bis Kalarus diesen Berg zum Ausbruch bringt, Gräfin«, sagte er leise, »wäre es viel schlimmer gekommen. Er hätte Kriegsflüchtlinge in die Stadt verschleppt, und die Verluste wären doppelt so hoch gewesen. Unsere eigenen Legionares wären dort gewesen. Dort gestorben.« Er suchte ihren Blick und fügte leise hinzu: »Es wäre viel schlimmer geworden.«
    Amara starrte den erschöpften Ersten Fürsten an.
    Langsam erhob sie sich vom Boden.
    Mit einer Hand suchte sie die dünne Kette, die sie um den Hals trug. Daran trug sie zwei Anhänger. Beim einen handelte es sich um den Legionsring von Bernard, den sie dort trug, seit sie sich heimlich das Eheversprechen gegeben hatten.
    Der zweite war ein einfacher Silberbulle, die gewöhnlichste Münze im Reich, auf deren einer Seite Gaius’ Gesicht im Profil geprägt war. Es war das Abzeichen eines Kursors des Reiches.
    Amara umklammerte den Ring mit einer Hand.
    Mit der anderen riss sie sich die Münze und die Kette vom Hals und schleuderte sie Gaius ins Gesicht.
    Der Erste Fürst zuckte nicht mit der Wimper, doch seine Augen fielen noch tiefer in ihre Höhlen.
    Amara wandte sich um und ging davon.
    »Folge deiner Gemahlin, Graf«, hörte sie Gaius leise irgendwo hinter sich sagen. »Und pass gut auf sie auf. Für mich.«

49
    Die Handlanger des Senators hatten keine sonderlich gute Erziehung genossen, dachte Isana. Natürlich hatte sie erwartet, gefesselt zu werden, aber zumindest hätten sie ihr ein sauberes Tuch um den Kopf binden können.
    Sie blinzelte und hing diesem Gedanken einen Moment nach. Bemerkenswert; sie klang beinahe wie die Fürstin Aquitania. Die hätte in diesem Moment sicher ähnlich gedacht. Bis zur zweiten Schlacht von Calderon hatte Isanas größte Sorge der Ordnung in der Küche auf dem Wehrhof ihres Bruders gegolten. War sie inzwischen so abgebrüht von den Gefahren aleranischer Politik, dass sie es jetzt wirklich schaffte, an den Feinheiten ihrer Entführung herumzumäkeln?
    Sie konnte ein leises Lachen nicht unterdrücken.
    Araris regte sich, wie sie spürte, denn sie saßen mit dem Rücken zueinander. »Was gibt es denn?«, fragte er.
    »Ich freue mich nur gerade über die Absurdität des menschlichen Wesens«, sagte Isana mit gesenkter Stimme.
    Sie hörte das Lächeln in seiner Stimme mitschwingen. »Gibt es einen besonderen Anlass dafür?«
    »Unsere Fähigkeit, uns selbst in der größten Not noch über die kleinsten Dinge zu ärgern.«
    »Ach«, meinte Araris. »Ich habe

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