Der Protektor von Calderon
der Politik aus dem Weg gehen wolltest.«
Nalus ging zu einem Schränkchen in der Ecke des Zeltes und holte eine dunkle Flasche heraus. Er trank einen langen Schluck daraus und bot sie Marcus an. »Hier geht es nicht darum, sich für eine Seite zu entscheiden.«
Marcus betrachtete die Flasche. Er machte keine Anstalten, sie zu nehmen. »Und worum dann?«
Nalus trank noch einen Schluck. »Vor vielen, vielen Jahren hast du einem jungen Subtribun viel über das Soldatenleben beigebracht. Und einem verzogenen Bengel dabei geholfen, erwachsen zu werden.«
Marcus grinste. »Ein grünerer Bursche als du ist mir jedenfalls nie wieder untergekommen, das steht fest.«
»Du warst mein Lehrer. Du hast mir damals guten Rat gegeben. Und jetzt bitte ich dich erneut um Rat.«
Marcus starrte Nalus kurz an. Dann griff er nach der Flasche und trank. Der beinahe geschmacklose Wurzelgeist, der im Norden des Reiches so beliebt war, brannte in seiner Kehle. »Pfui«, murmelte er. »Hier bekommt man alle Branntweine des Reiches, und du trinkst weiter dieses Zeug.«
»Mir schmeckt es eben«, sagte Nalus.
Marcus brummte und sagte: »Auf Freunde, die nicht bei uns sind.«
»Auf Freunde, die nicht bei uns sind«, antwortete Nalus.
Marcus trank einen weiteren Schluck und reichte die Flasche an Nalus zurück.
Er wartete, während der andere Mann trank, und sagte dann: »Was möchtest du mich fragen?«
»Du weißt, man hat Hauptmann Scipio meinem Gewahrsam unterstellt.«
»Ja.«
Nalus schüttelte den Kopf. »Er hat mich um etwas gebeten. Bevor er zu Ritter Cyril zurückgeschickt wird, möchte er mit einigen seiner Offiziere sprechen.«
Marcus knurrte: »Und?«
Nalus starrte Marcus eine Sekunde lang an. »Und? Glaubt er tatsächlich, ich würde das erlauben? Das Letzte, was ich brauche, sind Befehle der Art: ›Soll der Senator zu den Krähen gehen.‹ Oder: ›Bringt den dummen Nalus um und befreit mich.‹«
Marcus nickte. Dann sagte er: »Verlange von ihm, auf solche Befehle zu verzichten.«
Nalus zog eine Augenbraue hoch. »Wie bitte?«
»Verlange einfach von ihm, auf solche Befehle zu verzichten.«
Nalus lachte aufgebracht. »Einfach so. Und dann verlasse ich mich auf sein Wort? Oh, das würde dem Senator gefallen.«
Marcus nahm die Flasche und trank. »Du hast mich gefragt.«
Nalus starrte Marcus eine Minute lang hart an. Schließlich
genehmigte er sich einen weiteren Schluck von dem Branntwein aus dem Norden und fragte: »Allen Ernstes?«
»Wenn er dir sein Wort gibt«, meinte Marcus, »hält er es auch.«
Nalus seufzte. »Und du hältst deins.«
Marcus trank einen Schluck und grinste. »Kommt durchaus vor, ja.«
Nalus leerte die Flasche und warf sie unter die Pritsche. Er legte die Stirn in Falten.
Marcus ließ ihn einen Augenblick nachdenken. »Spielst du immer noch auf dem alten Ding?«
Nalus sah die Harfe an und zuckte mit den Schultern. »Ich … manchmal hilft es mir beim Einschlafen.«
Marcus deutete auf das große Feldbett. »Ich dachte, dafür gäbe es die Frauen.«
Nalus grinste kurz, dann meinte er: »Wohl nicht hier im Feld.«
»Nein.«
»Wenn Scipio mit seinen Offizieren redet«, sagte Nalus, »und ihnen befiehlt, sich Arnos zu widersetzen, können wir uns auf die Erste Aleranische nicht verlassen, Marcus. Ich bin vielleicht dumm, aber nicht so dumm wie die Krähen. Wir brauchen sie, spätestens wenn wir Werftstadt erreichen. Ich kann mir in diesem Fall keinen Patzer leisten.«
Marcus klopfte Nalus auf die Schulter. »Tu, was du für richtig hältst.« Er wandte sich zum Gehen.
»Marcus?«, fragte Nalus.
Marcus zögerte.
Nalus holte tief Luft. »Ich möchte, dass du dabei bist.«
Marcus drehte sich um, nickte und salutierte vor dem jüngeren Mann.
Nalus salutierte ebenfalls.
Der rotblonde Kursor, Ritter Ehren, wartete auf Marcus, als er das Lager der Zweiten Senatsgarde verließ und rasch hinüber zur Ersten Aleranischen ging. Er gesellte sich zu Marcus, obwohl er
sich benahm, als würde er nicht zum Zenturio gehören. Als er sprach, bewegte er kaum die Lippen. »Und?«
»Der Hauptmann hat darum gebeten, genau, wie du vorausgesagt hast. Und Nalus wird es erlauben.«
Ehren lächelte kurz und grimmig. »Gut.«
Marcus sah ihn an. »Was wirst du tun?«
Ehren setzte an, runzelte jedoch die Stirn. »Wohl besser für uns beide, wenn du es nicht weißt.«
Den großen Elementaren sei Dank, dass immerhin noch einer Verstand besaß, dachte Marcus. Die Kursoren hatten während der letzten
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