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Der Protektor von Calderon

Der Protektor von Calderon

Titel: Der Protektor von Calderon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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Bernard hielt die schwere Waffe auf voller Spannung, ohne zu zittern. Er verharrte still und atmete gleichmäßig, hatte die Augen halb geschlossen und wirkte beinahe locker. Amara spürte, wie sie selbst vor Anspannung zu zittern begann, und sie bemerkte, dass ihre Knöchel ganz weiß waren, wo sie den Unterarm des Ersten Fürsten gepackt hatte. Es juckte ihr in den Fingern, nach ihrem Schwert zu greifen, aber sie beherrschte sich. Durch die Bewegung könnte sie ein Blatt aufwirbeln oder einen Zweig brechen und so den Feind auf sich aufmerksam machen. Außerdem wäre ihr das Schwert im Augenblick nicht von Nutzen, selbst wenn sie es in der Hand hätte. Bernards Bogen war ihre beste Verteidigung.
    Der Räuber war fertig. Er wandte sich um, um zu gehen, wobei er irgendetwas vor sich hin murmelte.
    Gaius verlagerte sein Gewicht. Amara sah ihn warnend an. Sein Gesicht war vor Schmerz bleich geworden, und sein rechtes Bein, das sich noch von den Wundstellen erholen musste, zitterte heftig auf dem Boden. Das verursachte ein Geräusch - sehr leise, und doch laut genug.
    Der Geächtete fuhr herum und legte die Hand auf das Schwert, während er mit zusammengekniffenen Augen den Wald um sich herum absuchte. Amara lag völlig ungeschützt auf dem Waldboden, nur einen guten Sprung entfernt von dem Mann, der ihr gegenüberstand. Der Kerl starrte in den Wald, sein Blick bewegte
sich von links nach rechts. So stand er eine Minute lang da und lauschte und schaute.
    Amara wurde immer nervöser. Falls das Bein des Ersten Fürsten erneut zuckte, würde der Mann es ganz bestimmt nicht übersehen. Falls er die Fähigkeit besaß, Bernards Holzwirken aufzuheben, konnte er sich binnen eines Herzschlags auf Gaius stürzen, es sei denn, Bernards erster Schuss traf ihn sofort tödlich. Wenn der Mann den Schuss auch nur für einen Sekundenbruchteil überlebte, wäre Gaius ihm in der Zeit schutzlos ausgeliefert. In dem Fall musste sich Amara zwischen den Räuber und den Ersten Fürsten werfen, und sie konnte Cirrus zu Hilfe nehmen, damit er ihr die Geschwindigkeit verlieh, um rechtzeitig an Ort und Stelle zu sein.
    Bernard stand mit dem Bogen im Anschlag genau vor dem Mann und regte sich nicht.
    »Was bei den Krähen treibst du denn?«, krächzte plötzlich jemand.
    Amara zuckte überrascht zusammen und wäre beinahe in Panik geraten, als sich neben ihr Erde und Laub bewegten.
    Der Geächtete bemerkte es nicht. Er erschrak ebenfalls, fuhr herum und zog das Schwert.
    »Sollen dich die Krähen holen, Tonnar«, knurrte er. »Wenn du mich so erschreckst, kostet mich das zehn Jahre meines Lebens!«
    Ein zweiter Räuber erschien und trieb sein Pferd langsam durch das Unterholz auf den ersten Mann zu. »Bei dem Leben, das du führst, tue ich dir damit einen Gefallen.«
    »Mistkerl.«
    »Du sollst dich nicht allein von uns entfernen, du Dummkopf«, meinte Tonnar freundlich. »Beim nächsten Mal reißt Julius dir die Eier ab.«
    »Julius«, murrte der Räuber. »Der lässt uns hier im krähenverfluchten Niemandsland herumreiten, während anderswo Krieg geführt wird. Hast du eine Ahnung, was wir für Beute in einem anständigen Kampf machen könnten?«

    »Vor allem holt man sich die Magenpest, wie ich gehört habe. Wir bekommen guten Sold für diese Arbeit. Das brauchst du gar nicht schlechtzureden.«
    »Hier gibt es ganz bestimmt keine Spione«, beschwerte sich der Geächtete. »Wir verschwenden unsere Zeit.«
    »Ritter Aeris fliegen nicht ohne guten Grund so weit hinter die feindlichen Linien. Entweder sie haben jemanden abgesetzt …«
    »Oder jemanden abgeholt, und dann holen wir uns hier draußen ganz umsonst einen wunden Hintern im Sattel.«
    »Du reitest. Du bekommst Geld dafür. Vielleicht finden wir jemanden. Vielleicht nicht. Entweder gibt es fünfhundert Bullen Kopfgeld, oder wir kehren heim, ohne dass jemand versucht hat, uns den Bauch aufzuschlitzen. Dabei kann man gar nicht verlieren.«
    »Ich schon, Tonnar. Ich muss mir ständig dein Gerede anhören.«
    »Wenn du nicht bald weiterreitest, brauchst du dir gar nichts mehr anzuhören, nie wieder«, entgegnete Tonnar. Dann lenkte er sein Pferd zurück zum Weg.
    Der Räuber starrte ihm böse hinterher und trat wütend gegen einen Stein.
    Der Stein flog über den Boden und prallte von Bernards Bein ab.
    Amara zuckte zusammen.
    Doch der Räuber hatte nichts gesehen. Er hatte sich bereits wieder seinem Pferd zugewandt. Dort angekommen stieg er auf, gab dem Tier unnötig hart die Hacken und

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