Der Protektor von Calderon
galoppierte hinter den anderen her.
Bernard senkte den Bogen erst, nachdem der Mann eine Minute lang nicht mehr zu sehen war. Dann ließ er die Sehne langsam locker und atmete tief durch. Er nahm den Bogen herunter, rollte mit der rechten Schulter, als wollte er die Steifheit austreiben, und drehte sich zu Amara um.
»Ich werde sie ein wenig beschatten«, murmelte er. »Und dafür
sorgen, dass sie nicht umkehren. Bleibt hier und haltet euch versteckt. Ich bin gleich wieder zurück.«
»Pass auf dich auf«, sagte sie. Er zwinkerte ihr zu und ging los. Die Holzkräfte wirkten nun nicht mehr auf Amara ein, und das gedämpfte Sonnenlicht wurde wieder grell und blendete sie.
Sie wandte sich an Gaius und flüsterte: »Majestät? Alles in Ordnung?«
»Krampf im Bein«, brummte Gaius leise. »Deshalb habe ich gezuckt.« Er rieb sich das rechte Bein mit einer Hand. »Bei den Krähen, war das unbequem. Entschuldige meine Ausdrucksweise, Gräfin.«
»Ja, Majestät«, sagte Amara und lächelte ihn an. Sie schaute Bernard hinterher und fügte hinzu: »Wo wir schon mal Rast machen, können wir auch die Verbände wechseln.«
Gaius verzog das Gesicht, nickte jedoch. Er drückte sich hoch, bis er saß, und streckte ihr das rechte Bein entgegen.
»Nun«, sagte sie, während sie sich an die Arbeit machte, »was hältst du davon, Majestät?«
»Ich denke, unser junger Freund dort wird den Ausritt nicht überleben«, erwiderte Gaius. Seine Stimme wurde gepresst, als sie die verfärbten wunden Stellen enthüllte, die noch immer nicht vollständig verheilt waren. »Und ich glaube, es ist ein Glück, dass sie vor uns hergeritten sind. Wenn wir ein paar Minuten früher hier gewesen wären, hätten sie unsere Spur gefunden und wären ihr geradewegs zu uns gefolgt.«
Amara holte die Feldflasche hervor und goss Salzwasser über Gaius’ Fuß. Der Erste Fürst blickte mit kaltem Ausdruck in die Ferne, doch sein Bein zuckte, als das Wasser in die Wundstellen eindrang. Amara wusch und trocknete den Fuß, dann legte sie einen neuen Verband an, ehe sie den Strumpf und den schweren Lederschlappen, den Bernard für Gaius angefertigt hatte, wieder darüber zog.
»Ganz schön kaltschnäuzig in so einer gefährlichen Lage, dein Mann«, seufzte Gaius, als sie fertig war.
»Ja. Ich dagegen hätte beinahe laut losgeschrien.«
»Und ich auch - wenn auch aus einem anderen Grund. Ich habe es nicht gewagt, Metallkräfte einzusetzen, um den Schmerz zu lindern.« Er lächelte, wühlte in seinem Rucksack und holte eine Wasserflasche hervor. Den größten Teil des Inhalts trank er, ehe er sich wieder auf den Waldboden legte und die Augen schloss. »Ich kann mich nicht erinnern, ob ich je so lange auf meine Elementarkräfte verzichtet habe. Es ist wie … als würde man herumlaufen, und die ganze Zeit wären die Hände und Füße taub. So schwierig habe ich es mir nicht vorgestellt.« Er schüttelte den Kopf, dann schien er einzudösen.
Amara störte ihn nicht. Zwar hatte Gaius darauf bestanden, weiterzuziehen, doch jede Stunde des Marsches kostete ihn große Anstrengung. Auch wenn er sich nicht beklagte, so setzte ihm der Schmerz am Fuß doch stark zu, und je später am Tag es wurde, umso schwerer stützte er sich auf seinen Stock.
Sie lehnte sich mit dem Rücken an einen Baum, zog ihr Schwert und hielt schweigend Wache über dem schlafenden Ersten Fürsten, bis Bernard plötzlich eine halbe Stunde später aus seiner holzgewirkten Tarnung vor ihr auftauchte.
Amara erschrak und sah ihn stirnrunzelnd an.
»Tut mir leid«, murmelte er. Dann kniete er sich hin und umarmte sie.
Amara seufzte und erwiderte die Umarmung. Bernard fühlte sich groß und stark und warm an, und plötzlich fiel ein großer Teil der Sorgen von ihr ab. Sie wusste, eigentlich war es lächerlich. Bernard war genauso verwundbar wie jeder andere auch. Trotzdem spielte das keine Rolle, wenn er sie festhielt. Ganz ohne vernünftigen Grund war ihr wohler zumute.
»Wie geht es ihm?«, brummte Bernard leise.
»Unverändert. Oder zumindest kann ich nicht erkennen, dass es besser geworden ist. Bernard, hätten die wunden Stellen nicht längst wieder zuheilen sollen?«
»Hm«, sagte er. »Bei älteren Menschen kann das länger dauern,
wenn sie keine Hilfe von einem Wasserwirker erhalten. Er hat kein Fieber und zeigt keinerlei Anzeichen einer Blutvergiftung. Mir wäre es lieber, er würde ein paar Tage ausruhen, aber …«
»Er wird nicht ausruhen«, seufzte Amara.
»Es könnte
Weitere Kostenlose Bücher