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Der Puls von Jandur

Der Puls von Jandur

Titel: Der Puls von Jandur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mara Lang
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um einiges dichter. Zum Glück legte Lith jetzt ein gemäßigteres Tempo vor. Sie zwängten sich durchs Dickicht, stiegen über Baumstämme, krochen unter Ästen hindurch. Der reinste Abenteuerlauf. Fast erwartete Matteo Hindernisse, die sie zu Fall bringen sollten. Fangseile oder Netze oder Fallgruben. Nicht ein Mal drehte sich Lith nach ihm um. Keine Erklärung, nichts.
    »Hör mal!«, rief er. »Wo wollen wir hin? Sie werden uns verfolgen.
    »Hier kommen sie uns mit den Barcas nicht nach«, lautete die kryptische Antwort.
    Barcas, aha . Matteo wollte gar nicht so genau wissen, was das nun wieder war. Er erwiderte nichts, aber insgeheim fragte er sich, ob er die richtige Entscheidung getroffen hatte.
    Bestimmt hätte ihn der Lord nach einem neuerlichen Gespräch nach Hause geschickt. Er hätte eingesehen, dass Matteo nicht in diese Welt gehörte. Dass er nichts mit dem Krieg und der Prophezeiung zu schaffen hatte. Die Kaiserin ermorden! Als wäre er ein Auftragskiller.
    Du erinnerst mich an meinen Sohn , hatte Nador gesagt. Was mochte Khor für ein Mensch gewesen sein? Wie es aussah, kein guter, sonst hätte er sich niemals mit den Machenschaften seines Vaters einverstanden erklärt.
    Matteo hatte absolut kein Zeitgefühl, aber ihm schien, als wären sie schon Stunden unterwegs. Das Blätterdach schluckte das Sternenlicht, er konnte kaum die Hand vor Augen erkennen. So musste er sich ganz auf Liths knappe Anweisungen verlassen: »Bücken, Ast« oder »Achtung, Baumstamm«. Offenbar sah sie im Dunkeln besser als jede Raubkatze.
    Von ihren Verfolgern war weit und breit nichts zu hören. Hatten sie die Suche abgeblasen?
    Nach und nach wurde der Waldboden steiniger. Waren es zunächst faustgroße Brocken, die sich heimtückisch im Laub versteckten und Matteo zum Stolpern brachten, so kamen sie bald an zerklüfteten Felsen vorbei, einzelne Riesen, die sich allmählich zu einem Gesteinsmassiv vereinten. Der Wald war gewichen, über ihren Köpfen durchbrach blassgraue Morgendämmerung die Nacht.
    Lith verlangsamte ihre Schritte und pirschte sich vorsichtig an die Felskette heran. Erwartete sie einen Hinterhalt von Nadors Soldaten?
    Matteo folgte ihr zögernd, bis sie abrupt anhielt. Hinter einer Felsnase klaffte der schwarze Rachen einer Höhle auf.
    Lith wandte sich nach Matteo um. »Kannst du einen Schlangenläufer reiten?«
    »Einen was?«
    »Einen Schlangenläufer. Bei euch werden sie wohl …«, sie machte eine Kunstpause, »Drachen genannt.«

Fünf
    »Es gibt keine Drachen«, krächzte Matteo.
    Vor einiger Zeit hatte er einen Fantasyfilm gesehen: Die Herrschaft des Feuers . Die Story war reichlich dämlich, die Tricks dafür genial. In seinem Gedächtnis waren lodernde Flammenwände und schwarze Rauchwolken gespeichert. Und natürlich hatte er Eragon gelesen.
    Drachen also. Das machte dieses Land nicht gerade sympathischer. Herrgott, Drachen! Feuerspeiende Ungetüme, mit Schuppenhaut, riesigen Klauen und Flügeln. Die sollten sich in dieser Höhle verstecken? So groß war sie nun doch wieder nicht.
    »Na ja, es sind keine richtigen Drachen«, relativierte Lith, »Schlangenläufer eben.«
    »Und wo genau liegt der Unterschied?«
    Sie grinste. »Sie sind uns wohlgesinnt. Warte hier.«
    Nichts lieber als das. Die Vorstellung, in dieser Höhle auf einen leibhaftigen Drachen zu treffen, so wohlgesinnt er ihm auch sein mochte, jagte kalte Schauer über Matteos Rücken. Er versuchte die Tatsache zu verdrängen, dass sich ihre Begegnung nicht vermeiden ließ, wenn Lith die Tiere erst aus ihrem Refugium gelockt hatte.
    Schritt für Schritt näherte sie sich der Höhle und verschmolz schließlich mit ihrer Dunkelheit. Sie verfiel in einen eigenartigen Singsang, von dem Matteo nicht ein Wort verstand und der von nicht weniger eigenartigen Zischlauten unterbrochen wurde. Konnte sie gar mit den Viechern kommunizieren?
    Gerade, als er sich fragte, ob sie die Drachen an die Leine nehmen wollte, brach ihr Gesang ab und es wurde still. Nicht einmal die Bäume wisperten mehr, der Wind hatte sich gelegt.
    Nervös rieb sich Matteo über die schweißnasse Stirn und zuckte zusammen, als der Schmerz an seinen blutig gescheuerten Handflächen neu aufflammte. Auch sein Hemd war durchgeschwitzt, feucht und kalt klebte es an seinem Rücken.
    Dann schabten Krallen über den Felsboden. Handtellergroße Reptilienaugen blinkten auf und entlockten ihm einen Aufschrei.
    »Scht«, kam es aus der Höhle. »Du erschreckst sie.«
    Der Anblick Liths,

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