Der Puls von Jandur
starb, hatte nichts für ihn tun können. »Nein, nein, nein!«
Der Schmerz rutschte tiefer, in seinen Bauch. Es brannte und stach, als würde ihm jemand ein Messer in den Leib stoßen, ihm glühendes Eisen aufbrennen, ihn mit Pfeilen durchbohren. Was war das? Hatte ihn ein Blitz gestreift? Er wollte hingreifen, dieses Brennen loswerden, es ausdämpfen oder herausreißen … Nichts gelang, er konnte nicht einmal die Hand heben.
Und Lith war fort. Nein, das darf nicht wahr sein. Darf nicht …
In seinem Bauch explodierte etwas, dann verpuffte der Schmerz. Die Erleichterung währte keine Sekunde.
Geschockt sah er zu, wie sich ein lichtgrüner Strahl aus seiner Mitte löste, durch die Kleidung hindurch. Wie er über den Schuppenleib der Echse nach vorn bis zu ihrem Kopf krabbelte, ihn wie ein Spinnennetz umwob.
Und plötzlich wusste er, was das war: sein Puls.
»Lith …«
Der Schlangenläufer kippte nach links, wendete, flog zurück.
Matteo schrie vor Freude auf. »Tiefer, etwas tiefer …«, befahl er. Gehorsam ging die Echse in den Sinkflug über, bis sie knapp über der Wasseroberfläche dahinsausten.
»Langsamer …« Die Geschwindigkeit nahm ab. »Schneller …« Sie legten zu. »Wow, Wahnsinn!«
Gewissheit durchflutete ihn: Er lenkte den Schlangenläufer, er, niemand sonst. Er, er, er!
Jetzt aber schnell zu Lith!
Matteo beugte sich tiefer über den Schlangenläufer. Unter ihnen schäumte und zischte das Wasser. War dies der richtige Flusslauf? Wie weit war Lith bereits abgetrieben? Seine Augen suchten die Wellen ab. Wo war sie? Wo?
Das Unwetter schien abzuziehen, zwar schüttete es immer noch wie aus Kübeln und der Sturm peitschte ihm unbarmherzig entgegen, aber es zuckten kaum noch Blitze über den Himmel und der Donner klang fern.
Erneut ließ Matteo den Schlangenläufer wenden und sie flogen flussabwärts. Wenn er Lith nicht bald fand, war alles zu spät.
Da! Ein brauner Fleck. Und war das nicht ihr grüner Haarschopf? Ja, sie war es. Sie schwamm, wurde von Wellen überspült, versank in den Fluten, kämpfte sich wieder nach oben.
»Lith!«, brüllte Matteo und steuerte den Schlangenläufer näher an sie heran. Ein Gedanke genügte, allerdings hatte die Echse Mühe, die Position zu halten. Zu unkoordiniert war ihr Geflatter. »Deine Hand!«
Wieder ging Lith unter und Matteo versuchte noch tiefer zu fliegen. Er musste sie packen, irgendwie musste er sie packen.
Sie kam nicht wieder hoch.
»Shit, shit!«
Der Regen hatte den Fluss anschwellen lassen, die Strömung war stark. Vielleicht flussabwärts …
Sie drehten kleine Kreise. Matteo war schon ganz schwindlig vom Ruckeln und Stoßen und er war nahe daran, die Hoffnung aufzugeben. Dann endlich entdeckte er sie. Noch machte sie Schwimmbewegungen, aber es war nur mehr ein letztes Aufflackern. Die Traurigkeit … Nein, Schwachsinn! So durfte er nicht denken.
»Lith!«
Sie sah ihn nicht, hörte ihn nicht, gab auf. Der Fluss spülte sie fort.
Matteo schickte den Schlangenläufer vorwärts, klemmte die Beine an, krallte seine Finger um den Flügelansatz. Mit der Linken griff er hinunter und bekam etwas zu fassen.
Einen Riemen. Der Proviantsack!
Hoch, hoch!
Es ging aufwärts, und Matteo konnte Lith ein Stück aus dem Wasser ziehen. Hustend hing sie da, ihr Gewicht zerrte an seinen Armen, der glitschige Lederriemen drohte ihm aus den Fingern zu rutschen.
»Deine Hand, Lith, gib mir deine Hand!«
»Kann nicht …«
»Doch, du kannst! Los, deine Hand!«
»Lass … mich sterben.«
»Halt den Mund!«, rief Matteo. »Niemand stirbt! Ich zieh dich raus, gib mir deine Hand! Sofort!«
Schwach hob sie die Hand. »Schwer …«
Er erwischte ihre Finger, schon entglitten sie ihm. Der Schlangenläufer sackte ab, setzte auf dem Wasser auf, versank – immer noch flatternd. Bis zum Bauch tauchte Matteo in die tosende Brühe, sie spritzte ihm ins Gesicht und er schmeckte Salz auf seinen Lippen.
Salz? Wie das? In einem Fluss?
Hastig tastete er umher, geriet an Liths Oberarm. Er packte zu. Riskierte alles, löste die zweite Hand und zog sie an sich.
»Rauf mit dir, rauf!«
Sie kroch hinter ihm auf den Rücken der Echse, schlang ihre Arme um seine Taille, keuchte.
»Festhalten!«
Wieder hoch! Und vorwärts, vorwärts!
Der Schlangenläufer plagte sich, stoßweise schraubte er sich in die Luft, höher und höher. Schließlich entfaltete er die Schwingen und trug sie sicher durch Wind und Regen.
»Wohin?«, fragte Matteo nach einer Weile.
Lith gab
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