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Der Puls von Jandur

Der Puls von Jandur

Titel: Der Puls von Jandur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mara Lang
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die Seile mehrmals um seine Gelenke, bemühte sich, sie nicht allzu fest zu schnüren. Als würde das noch einen Unterschied machen.
    Der Glatzkopf ließ das Schwert sinken und überprüfte die Fesseln. »Fester. Das soll wohl ein Scherz sein.«
    »Kein Scherz, Reylan«, sagte eine Stimme am Eingang. »Tretet von ihm zurück! Sofort!«
    Darak! Die Erleichterung setzte Matteos Kampf ein Ende. Sein so mühsam unter Kontrolle gehaltener Puls brach hervor und traf diesen Reylan mit solcher Wucht an der Schulter, dass er zu Boden gerissen wurde. Stöhnend blieb er liegen, tastete nach seinem Schwert, aber Darak war schneller und kickte es mit dem Fuß beiseite.
    Matteo sank auf die Knie, brüllte seinen Schmerz hinaus, als sich sein Puls wieder zurückzog. Lith löste die Fesseln, und sobald seine Arme frei waren, krümmte er sich zusammen und presste die Hände gegen den Bauch. Musste es derart höllisch wehtun?
    »Seid Ihr in Ordnung, Khor?«, fragte Darak, ohne den Blick von seinem Gegner zu nehmen. Sein Schwert hatte er lässig auf dessen Brust gesetzt, direkt neben der Brandwunde, die der Puls ihm zugefügt hatte.
    »Es geht mir gut«, ächzte Matteo. »Alles okay.«
    Darak hatte ihn Khor genannt, obwohl er von seiner wahren Identität wusste. Mittlerweile war es Matteo egal, wichtig war nur, den Schein aufrecht zu erhalten. Niemand durfte erfahren, dass er ein anderer war. Auch, wenn er die näheren Zusammenhänge immer noch nicht durchschaute – sein neues Ich war seine Lebensversicherung.
    »Darak von Emkarrah«, keuchte Reylan. »Worauf wartet Ihr? Tötet mich.«
    »Ich töte keinen Wehrlosen. Wir werden es in einem fairen Kampf entscheiden. Nehmt Euer Schwert, Reylan.«
    »Wir gehen dann mal«, erklärte Lith in lockerem Plauderton. »Vielen Dank auch.«
    Matteo quälte sich hoch. Der Schmerz war weg, aber seine Knie zitterten vor Aufregung. Das war alles zu viel für ihn. Erst der Crouwek, jetzt der Soldat. Er brauchte eine Auszeit. Irgendwo auf einer Bank mit einer Tüte Chips und einer Dose Cola in den Händen. Er wollte nicht länger die Hauptrolle in diesem geisteskranken Fantasy-Drama spielen.
    Ein Blick nach draußen belehrte ihn eines Besseren. Es gab keine Auszeit. Kein Durchschnaufen. Er war mittendrin.
    Die Schlacht hatte sich in die Zeltstadt verlagert. Es wimmelte nur so von Soldaten, beige gekleideten und grauen, die sich bis aufs Blut bekämpften. Auf ihren Gesichtern lagen Schweiß und Angst und abgrundtiefer Hass. Ihre Schwerter blitzten in der Sonne, ihre Schreie klangen laut und wütend, dann wieder flatterten sie herbei, kraftlos und qualvoll, wenn sie sich sterbend auf dem Boden krümmten.
    Barcas spien Flammenstöße aus, entzündeten Zeltplanen, Soldaten und Crouweks.
    Drei dieser Wolfsmonster konnte Matteo entdecken. Eines riss gerade einen Soldaten und zerfetzte mit einem einzigen Biss seine Kehle. Ein Kämpfer auf einem Barca donnerte herbei. Er stieß dem Crouwek das Schwert in den Rücken und zog es mit derselben Bewegung wieder heraus. Schon sah er sich einem neuen Gegner gegenüber, einem berittenen Soldaten, der ihn mit einem Kurzschwert attackierte. Der Crouwek hatte noch genügend Kraft, um sich gegen einen jungen Mann zur Wehr zu setzen, der ihm den Todesstoß verabreichen wollte. Er schlitzte ihm den Brustkorb auf und wurde selbst sofort vom Flammenstoß eines Barcas erwischt, der sein Wolfsgesicht verkohlte. Es war ein einziges Highspeed-Massaker. So gesehen wäre Red Bull der Cola vorzuziehen.
    »Nicht so gut«, flüsterte Lith. »Ich schlage vor, wir laufen.«
    »Laufen? Mit deinem Fuß?«
    »Das lass meine Sorge sein.«
    »Und wohin?«
    »Siehst du das Barca dort?« Sie wies nach links, den Hauptweg hinunter, wo am Rande des Getümmels ein einsames Barca stand. Es hatte sich mit dem Vorderbein im Zügel verheddert und konnte sich auch durch ruckartiges Zerren nicht befreien. »Das wäre ein Anfang.«
    »Also gut«, sagte Matteo. Hinter ihnen erklang das Geschmetter der Schwerter – Darak hatte seinen Kampf gegen Reylan begonnen. Lith hatte Recht, sie mussten schnellstens abhauen. Sie konnten Darak nicht helfen und zuzusehen, wie er womöglich starb, wäre unerträglich.
    Sie rannten los. Lith machte einem Jump-’n-run-Spiel alle Ehre, und Matteo fragte sich, ob ihr ach so großer Schmerz im Knöchel nur ein Fake gewesen war. Er kam ihr kaum nach.
    Sie schlug Haken, sprang über Leichen, wich einem Crouwek aus, zwängte sich zwischen Kämpfenden hindurch und erreichte

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