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Der Puls von Jandur

Der Puls von Jandur

Titel: Der Puls von Jandur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mara Lang
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»So geht es mir andauernd.«
    Kälte krabbelte seinen Rücken herauf. Sie hatte schon einmal davon gesprochen. In der Wüste, in seinen Armen. »Das muss furchtbar sein.«
    Lith lächelte freudlos. »Man gewöhnt sich daran.«
    Matteo schüttelte den Kopf. »Nein, das glaube ich nicht. An so was kann man sich nicht gewöhnen.«
    Sie sagte nichts.
    »Der Junge …«, sagte Matteo. »Er hat uns das Leben gerettet. Wenn er uns nicht beschützt hätte, dann …« Er atmete tief. »Er musste für uns sterben. Was sind das nur für Monster? Diese Crouweks? Sind das Werwölfe?«
    »Werwölfe?«
    »Ich meine Menschen, die sich in Wölfe verwandeln.«
    »Ich weiß nicht, ich kenne sie nur so – halb Wolf, halb Mensch. Vor dem Krieg gab es kaum noch Crouweks. Sie wurden gejagt und getötet, weil sie das Vieh rissen. Es waren hohe Belohnungen für ihre Ergreifung ausgesetzt.«
    »Und jetzt? Sie gehören zu den Truppen der Kaiserin . Wie ist das möglich?«
    »Was meinst du?«
    »Wie hast du es so schön formuliert? Dylora ist die Gute, Nador der Böse. Wieso lässt deine gute Kaiserin solche Bestien auf Nadors Soldaten los? Das ist nicht fair.«
    »Fair?«, wiederholte sie und ihre Stimme klang schrill. »Krieg ist nicht fair. Es gibt keine Richtlinien, was erlaubt ist und was nicht.«
    »Nein, schon klar. Aber es passt einfach nicht zusammen. Das ist barbarisch. Unmenschlich. Wie kann Dylora …«
    »Gibt es denn in der Splitterwelt keinen Krieg?«, fiel sie ihm ins Wort.
    »Doch, aber …«
    »Und geht es dabei menschlich zu?«
    »Lenk nicht vom Thema ab. Ich will wissen, weshalb die Kaiserin …«
    »Krieg ist unmenschlich. So ist das nun einmal.«
    »Darum geht es doch überhaupt nicht!«, rief Matteo verärgert. »Das ist wieder typisch! Kaum komme ich auf Dylora zu sprechen, blockst du ab.«
    »Was willst du von mir hören?«
    »Wie wäre es zur Abwechslung mit der Wahrheit?«
    »Was soll das heißen?«, entgegnete sie leise.
    »Weshalb muss ich mich ständig fragen, woran ich bei dir bin?«
    »Sag du es mir.«
    Matteo lachte kehlig. »Ganz wie du willst. Weißt du, was ich glaube? Du bist nicht ehrlich. Du verschweigst mir etwas und du tust alles, damit ich deinem kleinen Geheimnis nicht auf die Schliche komme.«
    Liths Unterlippe zuckte, aber sie hielt seinem Blick stand.
    »Stimmt’s? Antworte! Wenigstens darauf. Wenigstens ein Mal. Nur ein Mal!«
    Sie schwieg ihn weiter an.
    »Gut«, sagte Matteo. »Also liege ich richtig.«
    Lith wandte sich ab und starrte in den dunkelblauen Abendhimmel. Die ersten Sterne funkelten auf. Der Mond hatte zugenommen, wie eine halbe Keksscheibe sah er aus. Grillen zirpten ihr Lied, der Wind säuselte durch Blätter und Halme. Das Schnauben der Barcas drang zu ihnen herüber. Abendliche Idylle auf der Alm.
    Matteo blies die Luft hörbar aus. »Wie lange muss ich mich noch von dir an der Nase herumführen lassen?«
    »Das musst du nicht«, sagte sie gepresst. »Du kannst machen, was du willst. Niemand zwingt dich, mit mir zu kommen.«
    »Mit dir zu kommen? Seit wann das? Du kommst doch mit mir.«
    »Wo liegt der Unterschied?«
    »Der Unterschied?« Er schlug sich gegen die Stirn, als ihm bewusst wurde, wie naiv er gewesen war. »Ich Trottel! Nador hatte Recht, du hast ganz andere Pläne. Ich bin nur das Mittel zum Zweck.« Er packte sie an den Schultern. »Was ist es? Was?«
    »Nichts!«, rief sie. »Nador lügt.«
    »Nein! Du lügst! Und ich dachte, du würdest das alles nur für mich tun. Gerade du! Wo du nur an dich denkst! Du selbstsüchtiges Miststück!«
    Sie wollte ihm eine scheuern, aber Matteo hatte das fast erwartet. Er fing ihre Hand ab.
    »Du weißt nichts von mir!«, schrie sie und kämpfte gegen seinen Griff an. »Nichts! Selbstsüchtig? Das bist du viel mehr als ich! Du denkst doch die ganze Zeit nur an dich und wie du heimkommen kannst! Wir sind dir doch egal! Wir sterben und es ist dir egal! Wir sterben …« Sie schluchzte auf, krallte ihre Fingernägel in seine Wunde auf dem Unterarm, so dass der Schmerz in einer heißen Welle in ihm hochjagte.
    Er schrie auf, gab ihre Hand frei und beschimpfte sie aufs Wüsteste. Lith schlug die Hände vors Gesicht. Weinte. Herzzerreißend und komplett aufgelöst. Ihre Schultern bebten, regelrechte Schüttelkrämpfe hielten sie gepackt. Sie konnte sich einfach nicht beruhigen.
    Da machte er etwas völlig Unsinniges. Er wusste selbst nicht, warum. Er zog ihre Hände weg und küsste sie. Für Sekunden blieb sie regungslos, dann

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