Der Puppen-Galgen
alle gedacht haben. Ich bin nur scheintot gewesen, verstehst du…?«
Ja, Jane Collins verstand. Ihr ging sogar ein ganzer Kronleuchter auf.
Alles war so einfach – wenn man es wußte. »Und Mallmann hat dich aus dem Sarg geholt?«
»Richtig, du große Detektivin. Es war dieser große Vampir, der sich um mich gekümmert hat und mir auch mein neues Dasein schenkte. Ich bewege mich jetzt in meiner Welt, wenn du verstehst. Ich bin jetzt jemand, der nicht mehr sterben kann und sehr bald schon in die Vampirwelt des großen Dracula II eintaucht.« Sie riß den Mund auf und lachte. »Doch zuvor brauche ich Blut. Frisches Blut. Kein altes Blut, sondern das eines Menschen, der normal lebt. Der voller Kraft steckt, die dann auf mich übergeht. Und ich habe es geschafft, wieder jemanden in unser Reich zu holen. Dieses Schicksal habe ich dir zugedacht. Deshalb habe ich dich auch engagiert, um auf meine Puppen achtzugeben, die Dracula II ebenfalls unter seine Kontrolle gebracht hat.«
»Es war ein abgekartetes Spiel.«
»Ja, das war es. Ein wahrlich genialer Plan, denn selbst deine Freunde können dir nicht mehr helfen, wie mir Will Mallmann glaubhaft versicherte.«
»Sie halten sich in der Nähe auf.«
»Das ist nicht schlimm, denn mein Freund und Mentor hält hier Wache.«
In ihre Augen trat ein gieriges Schimmern. »Wir beide sind ganz allein, Jane. Ich – du und das Blut!«
Dagegen konnte Jane nichts sagen, denn die Untote hatte recht. Sie waren wirklich allein, und Jane befand sich nicht eben in einer beneidenswerten Lage.
Melle Fenton prüfte noch einmal die Schlinge. Dann nickte sie und war mit einem einzigen Schritt direkt bei Jane Collins. Sie legte ihre Hände auf Janes Schultern, löste dann die linke und streckte sie so hoch, daß die Finger sich in das blonde Haar der Detektivin eingraben konnten. Nur so konnte die Blutsaugerin den Kopf in die entsprechende Richtung zerren. Sie brauchte den Hals, sie brauchte die Ader, und es durfte auch der Strick nicht stören.
Jane hörte das leise Knurren. Es bereitete der Blutsaugerin Vergnügen, sich auf den alles entscheidenden Biß vorzubereiten. »Du bist die erste«, flüsterte sie Jane Collins zu. »Du bist mein erstes Opfer, und ich werde mich laben.«
Jane sagte nichts.
Sie konzentrierte sich. Und sie versuchte auch, die verdammte Schlinge an ihrem Hals zu vergessen. Nur nicht daran denken, daß die Blutsaugerin sie plötzlich anhob und Jane hineinglitt in diesen schrecklichen Tod. Nein, das auf keinen Fall! Das durfte nicht geschehen.
Melle Fenton starrte auf Janes Hals. Deren Kopf lag ebenso schief wie der der Puppe. Mit einem Ruck öffnete die Untote den Mund so weit wie möglich.
Jane Collins wußte genau, daß es ihre letzte Chance war. Genau in dieser Sekunde mußte sie für eine Galgenfrist sorgen. Ihre Beine konnte sie nicht einsetzen.
Aber die Arme.
Von zwei Seiten packte Jane zu. Die Finger gruben sich in die Hüfte der Melle Fenton, wurden so hart wie Greifzangen, und dann wuchteten sie die Frau hoch.
Melle war zu überrascht. Sie vergaß die Gegenwehr, denn sie hatte sich voll und ganz auf den Biß konzentriert.
Jane dachte anders.
Sie schleuderte den Körper so hart und wuchtig wie möglich von sich weg und auf den Bühnenrand zu.
Melle röhrte vor Überraschung auf. Anders konnte man das Geräusch nicht bezeichnen. Sie taumelte zurück, und der Rand war nahe. Als sie ins Leere trat, riß sie noch die Arme hoch, und einen Moment später war sie verschwunden…
Vom Dach fielen die Pfannen!
Das hatten wir auch noch nicht erlebt. Ein Vampir, der mit Dachpfannen nach uns warf, um uns so unter Kontrolle zu halten oder uns in Deckung zu zwingen.
Das letztere stimmte.
Wir waren durch die fallenden Pfannen in Deckung gezwungen worden.
Ich hatte es durch den Hechtsprung tatsächlich geschafft, mich aus der Gefahrenzone zu bringen, und Suko hatte sich an die Hauswand des Treppenschachts gelehnt.
Nicht weit von mir entfernt waren die Pfannen zu Boden geprallt und mit hell klingenden Geräuschen zerplatzt. Ich war auch nicht an diesem Ort geblieben, sondern lief im Zickzack hin und her, um ein möglichst schlechtes Ziel zu bieten.
Der Vampir auf dem Dach konnte sich eigentlich nur auf einen Gegner konzentrieren. Er schleuderte die Pfannen beidhändig, weit in den Hof hinein, und zum anderen ließ er sie direkt an der Hauswand entlang zu Boden fallen, um Suko zu erwischen.
Ein paar Pfannen waren schon in den Kellerschacht hineingefallen,
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