Der Puppendoktor
fort, »Carl Craig, Terranova, diese Art.«
Ramirez wusste nicht genau, ob es sich bei nu skool um eine dieser neuen erotischen Schulen handelte, die von den Medien fast als religiös dargestellt wurden, also notierte er mit verständnisvollem Nicken die Nummern der beiden Hundestempel und ging.
Draußen war es angenehmer!
Ob seine Frau wohl gerne einen Hund hätte? Nein sicherlich nicht, wegen der Haare. Sie schimpfte ja schon, wenn er, Ramirez, sich kämmte, weil ihm dabei ein paar Haare ausgingen und auf den Boden fielen.
Der kleine Mann hatte beschlossen, der Frau, die diesem Idioten von Marcel so gut gefiel, zu folgen. Der arme Marcel, für ihn war es an der Zeit zu lernen, dass das Leben kein Tal voller Rosen war. Einstweilen band der kleine Mann eine hübsche Schleife um sein Geschenkpaket.
Jean-Jean las die Berichte von Ramirez und Costello, während Melanie die liegen gebliebene Post bearbeitete und Ramirez, der verstohlen in der Nase bohrte, sich fragte, ob Jean-Jean was mit Melanie hätte.
»Unser schöner Ramirez, wie eine triefende Bratwurst«, rief Jean-Jean, der den Blick hob, plötzlich aus.
Ohne den Blick von der Tastatur zu heben, erlaubte sich Melanie ein kurzes Lächeln.
»Ist schließlich heiß«, erklärte Ramirez, der bei seinem Gewicht von einhundert Kilo schweißgebadet war.
Jean-Jean schien wütend. Seine hellen Augen waren schmal wie Briefkastenschlitze. Die Untersuchung ging nicht voran, und noch dazu verlor er seine Bräune: Er hatte keine Zeit mehr, um Jet-Ski zu fahren. Grässlich. Außerdem war heute sein Geburtstag, und niemand - niemand! - hatte daran gedacht. Er schlug mit der Faust auf seinen Schreibtisch.
»Schickt mir diesen kleinen Idioten von Blanc her!«
Ramirez ging hinunter und verfluchte dabei seine Mutter, die ihn im Gedenken an seinen Vater - Feldhüter in Oran - zu dieser Laufbahn gedrängt hatte.
Ohne den Motor abzustellen hielt der kleine Mann mit seinem Lieferwagen neben dem Auto im dritten Untergeschoss des Parkhauses an, wo es dunkel und kühl war. Er stieg aus und betätigte den fern gesteuerten Türöffner. Er hatte die Schlüssel nachgemacht. Das war das Einfachste auf der Welt, wenn man die Originalschlüssel hatte.
Er öffnete die große Heckklappe des Kofferraums, der durch ein Hundegitter vom Rücksitz getrennt war. Hier lag nichts herum. Nur ein Ölkanister und ein Erste-Hilfe-Set. Zu dumm, er würde ihn schmutzig machen müssen.
Er kehrte zu seinem Wagen zurück, öffnete die beiden Hecktüren, zog eine Sackkarre hervor, die er neben die Hinterräder stellte, hob ächzend den großen, in Plastik gewickelten Gegenstand heraus und ließ ihn vorsichtig auf die Sackkarre gleiten. Eine besondere Ersatzteillieferung …
Der kleine Mann packte die Griffe der Sackkarre und schob sie zu dem Wagen. Es war das erste Mal, dass er sich so viel Mühe machte! Doch es war wie bei einem Magier: Um die Gunst des Publikums nicht zu verlieren und die Selbstachtung zu wahren, mussten die Kunststücke immer eindrucksvoller werden. Geschickt wendete er die Sackkarre, drückte die Griffe herunter und kippte das Paket in den Kofferraum.
So, jetzt behutsam aufrichten. Vorsichtig, vorsichtig, bloß nicht beschädigen. Die Schleife zurechtzupfen. Mit dem gummibehandschuhten Finger wischte er sich den Schweiß ab, der ihm in die Augen rann. Die Haut seiner Hände wäre hinterher verschrumpelt, er hasste das. So, gar nicht schlecht. Sehr gut sogar. Unvergesslich.
Schritte. Er hielt inne, kauerte sich auf den Rücksitz. Die Hand umklammerte fest den Griff des Rasiermessers. Wenn er es ist, bin ich geliefert. Wenn er sich über mich beugt, ersteche ich ihn. Aber wenn er seine Knarre auf meinen Kopf richtet? Die Schritte näherten sich - beinahe hätte er vor Aufregung ins Polster gebissen -, entfernten sich. Eine Tür schlug zu. Ein Motor wurde angelassen. Er richtete sich halb auf, sah, wie sich die Rücklichter entfernten. Der Fahrer hatte wohl angenommen, der Wagen habe eine Panne. Vielleicht hatte er unbewusst den Namen der Werkstatt registriert. Aber das machte nichts, denn er hatte den Lieferwagen des Schrotthändlers genommen, und Mike war im Urlaub.
Ein letztes Mal richtete er die Schleife, schloss den Kofferraum, stieg wieder in seinen Wagen und fuhr, die Sonnenbrille tief auf die Nase gezogen und die Baseballkappe über den kleinen Kopf gestülpt, ohne Eile davon.
Marcel Blanc stand in Jean-Jeans stickigem Büro. Die Klimaanlage war defekt. Er fühlte sich
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