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Der Puppendoktor

Der Puppendoktor

Titel: Der Puppendoktor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Aubert
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unwohl und trat verlegen von einem Fuß auf den anderen. Jean-Jean schnauzte sich lautstark.
    »Zu allem Überfluss habe ich mir auch noch einen Schnupfen eingefangen! Verfluchtes Wetter!«
    Eine vorwitzige Wolke glitt am Fenster vorbei. Der Wind wehte in Böen. Jean-Jean warf einen Blick auf die Straße.
    »Sobald es regnet, sind sie alle nervös wie ein verdammter Wespenschwarm.«
    Er drehte sich zu Marcel um und blickte ihn finster an.
    »Sagen Sie mal, Blanc, wenn ich mich nicht irre, wurden alle Leichen in Ihrem Bezirk gefunden? Das heißt im Klartext, dass dieser Typ, dieser Verrückte, seit drei Wochen vor Ihrer Nase herumspaziert, die Taschen voller Leichen! Das heißt auch, dass er seine Opfer ausspioniert, während Sie - bestimmt mit großem Geschick - Ihren dicken Prügel handhaben …«
    Marcel errötete bei der Anzüglichkeit seines Vorgesetzten. Melanie kicherte. Dieser Jean-Jean hatte doch immer was auf Lager!
    »Entschuldigen Sie, Herr Oberkommissar.«
    »Capitaine!«
    »Was?«
    »Die Dienstgrade haben sich geändert, mein guter Blanc, die Welt verändert sich!«, säuselte Jean-Jean.
    »Ah ja«, stotterte Marcel, aus der Fassung gebracht, und fuhr dann fort: »Die Tatsache, dass er die Leichen in meinem Bezirk abgelegt hat, heißt nicht, dass er seine Opfer dort findet. Das beweist, dass die meisten von ihnen in der Nähe des Square Mistral angesprochen wurden …«
    »Das ist mir egal!«, brüllte Jean-Jean. »Himmel, Sie wollen mir doch wohl nicht weismachen, dass man Leichen, so riesig wie Walfische, unter Ihrer großen Nase herumtragen kann, ohne dass Sie irgendwas davon bemerken!«
    »Ich bin ja nicht immer im Dienst …«
    »Gott sei Dank, sonst würde man ganze Halden von Leichen finden! Ab jetzt lassen Sie die kleinen Fische sausen und versuchen, den Typen zu finden, verstanden? Das ist alles, was ich verlange. Also, Augen auf!«
    »Vor allem das richtige!«
    Jean-Jean musterte Marcel argwöhnisch. Machte sich dieser Idiot über ihn lustig? Er schob sich einen zuckerfreien Kaugummi in den Mund und kaute kräftig. Dann fuhr er fort:
    »Vielleicht wäre Ihr Kopf klarer, wenn Sie Ihre Zeit nicht damit verbringen würden, bestimmte exotische Wesen zu beobachten .«
    Marcel erstarrte. Wer hatte ihm das nur erzählt? Wer wusste darüber Bescheid? Wer spionierte ihn aus?
    »Ich frage mich«, fuhr Jean-Jean fort und schnupperte diskret an seinem khakifarbenen Polohemd, um sich zu vergewissern, dass es nicht nach Schweiß roch, »ich frage mich, warum unser Mörder sie dort ablegt.«
    »Vielleicht weil es in der Nähe der Polizeiinspektion ist, vielleicht um uns zu ärgern!«, schlug Marcel gutwillig vor.
    Jean-Jean stellte fest, dass sein Polohemd stank. Er würde sich vor seinem Rendezvous mit Helene, der neuen Empfangsdame, umziehen müssen. Mist, schon sechs Uhr!
    »Ja, vielleicht . also, ich muss gehen. Ich verlasse mich auf Sie, Blanc!«
    Marcel ging die Treppe hinunter und versuchte, diese Demütigung zu verdauen. Wenn er den erwischen würde, der von Nadja gesprochen hatte . Und was sollte das bedeuten: »Augen auf«? Was glaubte dieser Jean-Jean denn, vielleicht dass der Irre mit einem Schild durch die Gegend lief: VORSICHT, LEICHENTRANSPORT!?
    Der Irre ging, wie immer pfeifend, über die Straße. Er traf den grübelnden Marcel.
    Armer Marcel, er scheint Sorgen zu haben. Kleine Sorgen wie eine kleine Ameise. Arme kleine Ameise. Komm schnell unter meine Schuhsohle. Los, Stimme, sag die üblichen Worte:
    »Salut, gehen wir ein Gläschen trinken?«
    »Bist du verrückt oder was?«, protestierte Marcel. »Ich habe ohnehin schon diesen Jean-Jean am Hals . Und wie geht es dir?«
    Mir geht es immer gut. Und dem Es noch besser. Nur mein Über-Ich geht mir etwas auf die Nerven.
    »Wir haben höllisch viel Arbeit. Kommst du morgen zu Jean-Mi? Elsa macht eine Paella …«
    »Ja, sicherlich«, erwiderte Marcel zerstreut.
    »Also, dann bis morgen!«, sagte der Irre mit einem breiten Lächeln.
    Marcel entfernte sich schnell und mit sorgenvoller Miene.
    Im Aufzug, der zur Tiefgarage fuhr, dachte Jean-Jean an die Liste, die ihm Costello gegeben hatte. Nicht eben viele verschwundene Hunde. Offenbar kein Chihuahua-Kidnapping.
    Als er seinen Wagen erreicht hatte, untersuchte er einen verdächtigen Kratzer auf der rechten Seite. War der vorher schon da gewesen? Bei all diesen Frauen, die nicht fahren konnten! Er öffnete die Tür und stieg ein. Überprüfte den Rückspiegel. Sein Herz hörte auf zu schlagen.

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