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Der Puppendoktor

Der Puppendoktor

Titel: Der Puppendoktor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Aubert
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knurrte JeanJean, sein Brüllen unterdrückend.
    »Nein. Aber am Ende war er betrunken, Josianne versteht sich auf ihre Sache, das können Sie mir glauben, und er hat ihr erzählt, dass er die Hunde manchmal klaut und sie in ein Labor bringt, wo man Experimente an lebenden Tieren vornimmt. Er verkauft sie ihnen, verstehen Sie. Nichts gehört und nichts gesehen . daran verdient er offenbar ganz gut. Und meine Cousine lässt fragen, ob sie die Spesen einreichen darf.«
    »Willst du dich über mich lustig machen? Hat sie sich etwa nicht bezahlen lassen?«
    »Doch, aber sie sagt, dass sie unter dienstlichem Befehl stand, dass sie sich für uns abgestrampelt hätte, denn ihr ist das alles ja schließlich egal, nicht wahr?«
    Jean-Jean musterte Ramirez aufmerksam. Ramirez schwitzte ungerührt. Jean-Jean dankte Gott, dass er ihn nicht als Ramirez hatte zur Welt kommen lassen. Das war im Moment übrigens das Einzige, was er Gott zugute halten konnte: Seine Frau war gestern mit Kindern, Kajak und lautem Getöse nach Korsika aufgebrochen. Und Melanie hatte ihm soeben eröffnet, dass ihr »Verlobter« - offenbar gab es so etwas noch -, ein pickeliger Junge, der die Offiziersschule der Gendarmerie besuchte, Urlaub habe und sehr, sehr misstrauisch sei . Er trommelte mit den Fingern auf die Schreibtischplatte, ließ die Gelenke knacken und atmete tief ein.
    »Gut. Wo ist Costello?«
    »Strandüberwachung, Chef.«
    »Er macht Tanga-Strings-Überwachung, jawohl!«, brüllte Jean-Jean in einem Anfall lächerlicher Bösartigkeit.
    »Bring ihn her. Ich habe die Nase voll davon, der Einzige zu sein, der in diesem Haus arbeitet.«
    Ramirez verschwand mit der Miene eines niedergeschlagenen Nilpferds. Wenn Costello öfter auf das Hinterteil der Touristinnen schielen würde als auf den Kulturteil von Le Monde, hätten sie zumindest ein Gesprächsthema.
    Jean-Jean las den Bericht in drei Ausfertigungen und ohne jeglichen Tippfehler, den Ramirez dagelassen hatte. Eigenartig, dieser Typ redete wie ein Bauer und war in der Lage, Schriftstücke zu verfassen, die den Prix Goncourt verdient hätten.
    Während dieser Überlegungen fächelte sich Jean-Jean nachlässig mit dem Bericht Luft zu, und plötzlich machte etwas unter seiner halb kahlen Schädeldecke »klick« - ein Funke, ein Glimmen, die Eingebung, die es dem Menschen ermöglicht hatte, das Feuer zu erfinden, das Rad und den Cocktailshaker.
    »Ja natürlich!«
    Jean-Jean erhob sich und verließ sein Büro.
    Falls ihn noch einmal ein Tourist fragen sollte, wo das Meer war, würde Marcel sich die Kugel geben. Das Meer lag genau hinter ihm, zwar etwas verborgen durch das neue Kongresszentrum, aber doch erkennbar an seinen berühmten weißen Schaumkronen und dem Azurblau des Wassers. Eigentlich kaum mit einem Parkplatz zu verwechseln.
    Ein Kind weinte, weil seine Waffel auf den Boden gefallen war, genau vor die gierige, schmutzige Zunge eines Schäferhundes. Noch dazu verabreichte ihm die Mutter eine Ohrfeige.
    Nadja hatte nicht angerufen. Marcel hatte Jean-Jean den Vorfall gemeldet und war für seine Initiative gelobt worden. Marcel hatte Madeleine die Geschichte erzählt und war nur angemurrt worden:
    »Natürlich, sobald eine Frau mit dem Hintern wackelt, zerreißt du dich! Aber die Kinder und ich, wir hätten in der Röhre krepieren können . Du setzt dich nur für andere ein! Wie gut, dass wir bald verschwinden, mit dir habe ich immer nur gelitten!«
    Gestern, bei Jean-Mi, hatte er seinen Freunden die Geschichte erzählt. Jeder hatte dazu eine Erinnerung parat gehabt.
    »Wenn ich Blödsinn angestellt habe, habe ich von meiner Mutter eine Tracht Prügel mit dem Pantoffel bekommen!«
    »Einmal wäre ich beinahe überfahren worden, sie hat mich halb umgebracht, die Ärmste …«
    »Selbst wenn sie uns die schlimmsten Strafen auferlegt haben, wir lieben sie doch immer noch! Meine ist letztes Jahr gestorben, das hat mir vielleicht einen Schlag versetzt …«
    »Und du?«
    »Meine Mutter ist gestorben, als ich neun war«, antwortete der kleine Mann, den Blick ins Nichts gerichtet.
    Kurzes verlegenes Schweigen.
    »Wer kommt morgen zum Match?«
    Marcel sagte sich, dass es schrecklich sein musste, seine Mutter so jung zu verlieren. Er hatte seine Mutter noch, und sie rief ihn jede Woche an. Welch ein Glück!
    Jean-Jean stand vor der Werkstatt. Er sprach mit Costello, der stolz seine neue goldene Uhr zur Schau stellte, extra flach.
    »Hör zu, Tony, ich will die Namen von allen Mitarbeitern des

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