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Der Puppendoktor

Der Puppendoktor

Titel: Der Puppendoktor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Aubert
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sofort.
    Der kleine Mann war schon draußen und fuhr mit quietschenden Reifen an (soweit dies bei einem altersschwachen Lieferwagen möglich ist), als der halb erstickte Aufschrei ertönte.
    Ungläubig starrte Jean-Jean ins Innere der Kabine. Da niemand ein- oder ausstieg, schloss der Aufzug - ein äußerst disziplinierter Mechanismus - seine Türen. Jean-Jean drückte auf den Knopf. Die Türen öffneten sich wieder. Er stellte sich kurz vor, einer der Mitbewohner hätte den Aufzug gerufen und dieses Grauen entdeckt! Er musste das rausziehen.
    Er bückte sich und ergriff die Beine, als Marcel außer Atem und kochend vor Wut den Treppenabsatz erreichte.
    »Ich muss mit Ihnen reden!«, keuchte er vorwurfsvoll.
    Dann blieb er verblüfft stehen. Jean-Jean sah ihn abwesend an. Er schleifte einen Körper an den Beinen aus dem Lift! War jemandem schlecht geworden? Beunruhigt trat Marcel näher.
    »Können Sie mir helfen?«, stieß Jean-Jean zwischen den Zähnen hervor.
    Marcel nickte verdutzt und ergriff ein Bein. Dann hob er den Blick und sah in die glasigen Augen von Madeleine.
    Madeleine, deren Kopf neben dem von Georges auf einen zweigeschlechtlichen Körper genäht war.
    Übelkeit stieg in Marcel auf, der Schock traf ihn wie ein Vorschlaghammer mitten in den Magen, und er klappte benommen zusammen wie ein Taschenmesser.
    Jean-Jean sah ihn verwundert an. Marcel drehte sich einmal um die eigene Achse, prallte mit der Stirn hart gegen die Wand und sackte in sich zusammen. Mit einer Hand stützte er sich ab, mit der anderen massierte er sich den Magen, unfähig, auch nur einen Ton herauszubringen.
    Jean-Jean zog die Leiche aus dem Aufzug und machte sich daran, sie vom Gang in seine Wohnung zu zerren, ehe seine Nachbarn, zwei nette und auf äußerste Höflichkeit bedachte Rentner, ihre Nase zur Tür herausstrecken konnten.
    Marcel beobachtete ihn fassungslos.
    »Machen Sie die Tür zu«, flüsterte Jean-Jean und richtete sich auf.
    Marcel gehorchte automatisch, erhob sich mühsam. Seine Hände zitterten.
    »Wollen Sie einen Cognac, Blanc? Alles in Ordnung?«, fragte Jean-Jean, der selbst einigermaßen mitgenommen war.
    Ohne eine Antwort abzuwarten, füllte er zwei Gläser bis zum Rand und reichte eines Marcel, der es in einem Zug leer trank.
    Jean-Jean riskierte ein Auge auf das Ding. Auf den ersten Blick hatte sich der Mörder nicht gerade verausgabt, er hatte Georges Leiche lediglich rechts als Mann, links als Frau angezogen. Beim Oberkörper Hemd und Jacke in der Mitte durchgeschnitten und mit einem rosafarbenen Bolero auf der anderen Seite vernäht; beim Unterkörper eine halbe Hose und ein halber Zigeunerrock. Und neben dem würdigen Haupt des armen Georges hatte er den ausgebluteten Kopf irgendeines Weibstücks genäht. In gewisser Weise eine fleischliche Darstellung von Yin und Yang. Eine Schere steckte bis zum Heft in Georges Kehle.
    Blanc deutete zitternd auf (die Frau.
    »Er hat sie umgebracht … >«
    Der arme Blanc war ganz offensichtlich nicht bei Trost.
    »Ja, ich hab's gesehen. Ich lasse jetzt den Mannschaftswagen kommen.«
    »Mehr macht Ihnen das nicht aus?«
    »Ich hätte Lust zu kotzen, aber ich halte mich zurück. Wollen Sie noch einen?«, fragte Jean-Jean knapp und deutete auf die Cognacflasche.
    »Verflucht, Sie sind wirklich unglaublich! Madeleine ist tot, und Sie lässt das kalt!«
    Jean-Jean bewegte sich vorsichtig rückwärts auf das Telefon zu.
    »Sie stehen unter Schock, Blanc, setzen Sie sich doch …«
    »Ich will mich nicht setzen«, schrie Marcel. »Sie liegt da, vor meinen Augen, und Sie sagen, ich soll mich setzen, sind Sie krank oder was?!«
    »Hören Sie …«, begann Jean-Jean, dann hielt er inne und runzelte die Stirn: »Aber wo steckt eigentlich Ramirez?«
    »Ramirez?«, wiederholte Marcel automatisch.
    »Er hat geklingelt, ich habe ihm aufgemacht . Verdammt! Er hat die Stimme von Ramirez nachgeahmt! Dieser Dreckskerl kennt meine Adresse, und er kennt Ramirez! Sie sind einige Minuten nach ihm gekommen . Haben Sie niemanden gesehen, Blanc?«
    »Wen soll ich gesehen haben?«, fragte Marcel verständnislos.
    »Dabei hätten Sie ihm über den Weg laufen müssen!«, murmelte Jean-Jean und sah Marcel misstrauisch an.
    Er wählte schnell die Nummer des Reviers. Marcel rührte sich nicht von der Stelle. Madeleine sah in seine Richtung, ein furchtbarer, stummer Vorwurf lag in ihrem Blick. Eigentlich war er nicht traurig, eher betäubt. Und verblüfft. Wie? Warum? Wer? Georges und Madeleine, das

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