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Der Puppenfänger (German Edition)

Der Puppenfänger (German Edition)

Titel: Der Puppenfänger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joana Brouwer
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Dämmerlicht, das durch die Vorhänge fiel, sah sie, wie er nackt durch den Raum schlich, vor dem Schrank stehen blieb und sich nach seiner Kleidung umsah.
    Hose und T-Shirt, die auf einem Stuhl lagen, hatte er schnell zusammengeklaubt und sich über den Arm gehängt. Vorsichtig und fast geräuschlos zog er seine Schublade in ihrer Kommode auf, griff nach einem Paar Socken und einer Unterhose, blieb wie angewachsen stehen und ließ den Blick hilflos umherschweifen. Heide beobachtete ihn amüsiert. Vermutlich vermisste er seinen Pullover. Jeder bekommt, was er verdient, dachte sie schadenfroh. Der Pulli lag in der Küche. Das wusste sie sicher, weil sie ihn während des Telefonates mit Beate als Beinwärmer missbraucht hatte.
    Dieter und sie waren oft gezwungen, ihre Kräfte zu messen. Dabei hasste sie es, mit ihm zu streiten. Nach einer Auseinandersetzung mit ihm fühlte sie sich immer miserabel, aber sie wusste, dass sie sich hundsmiserabel fühlen würde, wenn sie der Konfrontation aus dem Weg ginge. Sich hundsmiserabel zu fühlen, war schlimmer, als sich miserabel zu fühlen, tröstete sie sich nach jedem Scharmützel und wartete insgeheim auf das unvermeidbare nächste. Für Dieter gehörten diese Geplänkel zum Zusammenleben von Mann und Frau wie Paprika zu einem schmackhaften Gulasch. Darum hatte Heide irgendwann pragmatisch beschlossen, mit ihm ab und an durch einen Sturm zu segeln und die Windstille zwischen den Orkanen zu genießen. Doch heute Morgen musste sie den Hurrikan, den er ihrer Meinung nach gestern Abend provoziert hatte, erst einmal unbeschadet überstehen. Eines war gewiss: Sie würde sich vorerst nicht mit ihm versöhnen. Zumindest wollte sie nicht als Erste zu Kreuze kriechen.
    Heide wusste, wie und wo eine Versöhnung zwischen ihnen gewöhnlich endete, und der Gedanke daran regte auf der Stelle ihren Appetit an. Laut der Digitalanzeige auf ihrem Wecker blieb vor seiner Abreise noch genügend Zeit, um das Kriegsbeil temperamentvoll unter der Bettdecke zu begraben. Auch Dieter kannte die Details ihrer Friedenskampagnen , und falls er ebenso hungrig danach war wie sie … Allerdings machte der überhebliche Kerl keinerlei Anstalten, sich dem Bett und damit ihr zu nähern. Dabei war ihm doch sicherlich aufgefallen, dass sie längst aufgewacht war. So doof konnte er gar nicht sein, dass er das nicht bemerkt hatte.
    Sie hatte begriffen –! Er wollte sich nicht vertragen. Na, dann eben nicht. »Er liegt in der Küche«, sagte sie klar, laut und deutlich, beobachtete, wie ihr Liebster erschrocken zusammenfuhr, und wunderte sich. Mist! Dass sie sich dermaßen gut schlafend stellen konnte, hatte sie nicht einkalkuliert.
    »Bitte?«, fragte Dieter verblüfft.
    »Dein Pullover! Du hast ihn in der Küche liegen lassen«, knurrte Heide.
    »Danke«, brummelte er und fügte im bissigen Tonfall hinzu: »Bis Sonntag, von der Heide, und entschuldige, dass ich dich geweckt habe!«
    »Verschwinde, du arroganter Bulle«, schlug sie unbarmherzig zurück.
    *
    Heides Mitarbeiterin Helen betrat die Wohnung wie üblich erst gegen zehn Uhr. Heide, die bereits seit zwei Stunden an ihrem Schreibtisch saß und arbeitete, hörte sie im Korridor laut schimpfen:
    »Diese italienische Verwandtschaft geht mir so was von auf den Geist. Ich trenne mich von Tonio. Hast du gehört, was ich gesagt habe, Heide? Ich trenne mich von Tonio und von seiner Pizzeria.«
    Helens Beschwerden über italienische Mütter, italienische Geschwister, über Pasta, Pizza und südländisches Temperament waren Heide hinlänglich bekannt. »Ja, ich habe verstanden«, erwiderte sie ungerührt, ohne den Blick von ihrem Bildschirm zu lösen. »Du wolltest in diesem Monat bereits zwei Mal mit ihm Schluss machen. Sag mir Bescheid, wenn es tatsächlich so weit ist, damit ich dich rechtzeitig trösten kann.«
    »Gestern Abend haben sie ›Mamas‹ Geburtstag gefeiert«, hallte es laut aus der Diele.
    »Das soll vorkommen«, murmelte Heide.
    »Siebenundachtzig Gäste sind gekommen, nur die engste Verwandtschaft. Aus ganz Norddeutschland sind sie angereist. Sie haben die Salami in die Kühlschränke gestellt, ihre Restaurants zugeschlossen, die Kinder eingepackt und sind mir dann auf die Nerven gegangen, dabei …«
    Helen – sehr schlank und einen Kopf kleiner als Heide – hatte sich vor dem Schreibtisch ihrer Chefin aufgebaut. Die Hände in die Hüften gestützt, betrachtete sie Heide nachdenklich, ehe sie mit einem Seufzen fragte: »Was ist passiert? Hat

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