Der Puppenfänger (German Edition)
ihr Lachen ein. »Ich will dir zuhören.«
»Auf jeden Fall haben deine Kollegen Simone geraten, einige Tage abzuwarten, und sie darauf hingewiesen, dass kein Mensch verpflichtet sei, seinen Angehörigen oder Freunden mitzuteilen, wo er sich aufhalte.Falls ihr Mann sich bis zum Ende der Woche nicht bei ihr gemeldet hat, soll sie noch einmal vorsprechen. Der diensthabende Polizist hat ihr allerdings empfohlen, sich sofort zu melden, wenn ein konkreter Verdacht vorliegt, Schöllens Leben könne in Gefahr sein.«
»Simones Schilderungen dienen den Beamten als Grundlage für die Einschätzung der Gesamtsituation. Sie hat ihnen mitgeteilt, dass ihr Mann bereits früher unentschuldigt über Nacht fortgeblieben ist. Deswegen ist der Fall vorerst ziemlich eindeutig. Eine Vermissten-Fahndung wird in der Regel eingeleitet, sobald angenommen werden kann, dass der Vermisste Opfer einer Straftat wurde oder ein Unfall oder eine Selbsttötungsabsicht vorliegt. Denn Erwachsene …«
»Ich hab’s kapiert, Kommissar.« Heide zog eine Mappe aus der Handtasche und schlug sie auf. »Erwachsene, die im Vollbesitz ihrer geistigen und körperlichen Kräfte sind, haben das Recht, ihren Aufenthaltsort frei zu wählen, auch ohne diesen den Angehörigen oder Freunden mitzuteilen. Sofern eine Gefahrenlage gegeben ist, erfolgt die Fahndung nach vermissten Erwachsenen in der Regel zunächst mit dem Ziel der Aufenthaltsermittlung. Wird der Aufenthaltsort des Vermissten festgestellt, wird die Person befragt, ob sie mit der Nennung ihres Aufenthaltsorts den Angehörigen gegenüber einverstanden ist, et cetera pp.«
»Warum stellst du dich dumm, wenn du den Passus auswendig kennst?«, zischte es aus dem Telefon.
Der Frieden, den Dieter und sie geschlossen hatten und an dem ihr sehr viel lag, war mit äußerster Vorsicht zu behandeln. Er stand auf wackligen Beinen. Man durfte ihn allerhöchstens als Waffenstillstand bezeichnen. »Ich kenne diesen Passus nicht auswendig«, wehrte Heide entschieden ab. »Der Text liegt mir im Druck vor, und ich habe ihn dir vorgelesen.«
»Willst du mich veräppeln, von der Heide?«
Vorsicht! Sobald er sie von der Heide nannte, schwelte ein Feuerchen in seinem Inneren. Eine doppelzüngige Andeutung ihrerseits wirkte dann wie eine Brandbombe und konnte eine gewaltige Explosion auslösen.
»Nein, auf gar keinen Fall. Vergiss es! Ich würde es niemals wagen, dich nicht ernst zu nehmen«, versicherte sie und war bemüht, kein Fünkchen Ironie mitklingen zu lassen.
»Denkst du, ich merke nicht, dass du Katz und Maus mit mir spielst?«
»Das würde ich niemals tun! Herr Kriminalhauptkommissar!«
Dieter räusperte sich. Er ignorierte ihre letzte Bemerkung und ergänzte: »Eine Ausnahme besteht bei vermissten Minderjährigen. Da kann Eile geboten sein. In diesen Fällen werden meistens unmittelbar nach dem Eingang der Anzeige groß angelegte Suchmaßnahmen eingeleitet.«
»Ja.«
»Erzähle mir, wie du vorgehen willst.«
Heide war misstrauisch geworden. Sie hatte mit Dieter erst morgens gestritten. Weswegen meldete er sich bereits wenige Stunden später bei ihr, bat um Entschuldigung und bot ihr die Friedenspfeife an? Zwischen dem Streit und diesem Angebot verging gewöhnlich mindestens ein Tag. Er ließ sie – wie sie ihn – möglichst lange zappeln, ehe er klein beigab.
»Ist dir etwas zu Ohren gekommen, das du mir mitteilen solltest?«, fragte sie knapp.
»Könnte sein.«
»Zuerst schaue ich mich in Schöllens Umfeld um. Möglicherweise ist jemandem etwas aufgefallen, vielleicht ein Auto mit einem fremden Kennzeichen oder anderes. Außerdem interessiert es mich, was über ihn geredet wird.«
Ihre Mitarbeiterin Helen würde, derweil Heide sich an der Front befand, Schöllens Daten überprüfen, seine Bankverbindungen unter die Lupe nehmen und sich seine geschäftlichen und privaten Kontakte näher ansehen.
Dieter räusperte sich. »Achte darauf, dass du nicht fällst. Vielleicht bewegst du dich bald auf schwankendem Boden.«
»In den Jahren, in denen ich die Detektei betreibe, habe ich sehr viel Zeit investiert, um gute Kontakte zu knüpfen, und Helen ist geübt darin, sie sinnvoll zu nutzen. Falls Schöllen Dreck am Stecken hat, werden wir es bald erfahren.«
»Gerald Schöllen ist kein unbeschriebenes Blatt.«
»Du hast also bereits gestern Abend eine Auskunft über ihn eingeholt und dich deswegen so aufgeführt. Was hat er ausgefressen, der liebe Gerald? Sag schon!«
»Handel mit Doping- und
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