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Der Puppengräber

Der Puppengräber

Titel: Der Puppengräber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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Siegerlaune gewesen, wenn man dir ein Mädchen vor der Nase weggeschnappt hätte und es nicht wieder auftaucht?»
    Wolfgang Ruhpold wiegte bedächtig den Kopf und sprach leise weiter von dem Verdacht, der sich aufgebaut, den Bruno am Sonntag vor dem Café Rüttgers mit einem Schlag ins Gesicht seiner Frau noch untermauert hatte. Gesehen hatten es einige, gehört, worum es ging, niemand. Aber vorher war es um Dieter gegangen. Und den hatte man die ganze Woche nicht im Dorf gesehen.
    «Ist doch komisch, oder?», fragte Wolfgang Ruhpold. «Er ist normalerweise immer sonntags beim Frühschoppen. Die Versammlung der Schützenbrüder lässt er sich auch nicht entgehen. Aber nachdem das Jensen-Mädchen weg war, hat er sich nirgendwo blickenlassen. Und letzten Sonntag, also seinem Gesicht nach zu urteilen, Jakob, hatte er Tage vorher eine handfeste Auseinandersetzung gehabt. War nicht mehr viel zu sehen, aber für so was habe ich einen Blick.»
    Auch ohne all die Verdachtsmomente hätte Wolfgang Ruhpold Dieter Kleu den Vorzug gegeben vor Ben. Er kannte beide. Ab und zu erschien Jakob am Sonntagabend, wenn er mit seinem Sohn durch die Felder gelaufen war, auf ein Bier. Dann stand Ben vor dem Tresen, nuckelte mit verklärter Miene an der Cola, die Jakob für ihn bestellte, kicherte verschmitzt, wenn ihm die Kohlensäurebläschenin die Nase stiegen. Friedfertig wie ein Cherub neben Gottes Thron, fand Wolfgang Ruhpold.
    Dagegen war Dieter Kleu ein Aas. Er schlug ganz nach seinem Vater, der es in jungen Jahren übel getrieben hatte und auch heute noch mit Vorsicht zu genießen war. Wolfgang Ruhpold war zwar erst nach dem Freitod seines Vetters ins Dorf gezogen, trotzdem wusste er längst, dass Bruno Kleu im Oktober 69 beinahe Marlene Jensens Mutter vergewaltigt und im August 80 eine junge Artistin gewaltsam zu Zärtlichkeiten überredet und anschließend zum Schweigen gebracht haben sollte.
    Wer wollte die Hand ins Feuer legen, dass Dieter nicht ähnliche Methoden anwandte wie sein Vater? Wer wollte ausschließen, dass Dieter Kleu nicht schon in der Nacht hinter Klaus, Eddi und Marlene Jensen hergefahren war, dass er Marlene aufgelesen hatte wie eine Woche später Karola Jünger? Dieter mochte sich eingebildet haben, als Held dazustehen und als Dank für die Rettung ans Ziel seiner Wünsche gelassen zu werden. Als Marlene ihm immer noch die kalte Schulter zeigte, nahm er sich mit Gewalt, was er haben wollte, und versuchte anschließend, es Klaus und Eddi in die Schuhe zu schieben. Und das hatte er auf eine verdammt raffinierte Weise getan.
    «Was sagt denn die Polizei dazu?», fragte Jakob.
    Das wusste Wolfgang Ruhpold nicht. Er ging davon aus, dass der Polizei bisher nichts zu Ohren gekommen war. Über Dieter Kleu wurde nur hinter vorgehaltener Hand gesprochen. Es wollte sich keiner den Mund verbrennen und einen möglicherweise doch Unschuldigen in die Klemme bringen. Es wollte sich auch niemand mit Bruno anlegen. Es war ja nur ein Gerücht.
    Ebenso kursierten Gerüchte über Albert Kreßmann. Dass Albert in der bewussten Nacht zuerst Annette Lässler heimgebracht hatte und dann zurück nach Lohberg gefahrenwar, wusste inzwischen jeder im Ort. Dafür hatte Thea gesorgt. Und Heinz Lukka war tatsächlich nicht der Einzige, dem Albert erzählt hatte, er würde gerne einmal mit Annettes Cousinchen Verstecken spielen.
    «Zeitlich käme es hin», meinte Wolfgang Ruhpold. «Albert war noch hier in der Nacht, so gegen halb eins. Am Wochenende nimmt er Richard ja meist mit, wenn er aus Lohberg zurückkommt. Aber an dem Samstag hatte er keine Zeit, hat nur kurz reingeschaut und gesagt, Richard soll sich ein Taxi nehmen, er hätte noch was zu erledigen.»
    Wolfgang Ruhpold grinste vielsagend und wiederholte bedeutungsschwer: «Was zu erledigen. Bis zur Diskothek hat er keine zehn Minuten gebraucht. Er hat aber behauptet, er wäre erst kurz nach eins da gewesen und hätte Erichs Tochter nicht mehr gesehen. Komischerweise hat man ihn aber mit ihr gesehen. Toni von Burgs Jüngster, wie heißt er noch gleich?»
    «Winfried», sagte Jakob.
    «Genau», bestätigte Wolfgang Ruhpold. «Winfried von Burg war nämlich auch in der Diskothek. Er hat gesehen, dass Albert reinkam und noch mit Erichs Tochter gesprochen hat. Aber nur ganz kurz. Sie ist dann raus mit den beiden Männern aus Lohberg. Und ein paar Sekunden später war auch Albert wieder verschwunden.
    «Und was denkst du?», fragte Jakob.
    Wolfgang Ruhpold hob die Achseln. «Was soll man

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