Der Puppengräber
bisschen auf, Jakob. Es wird wieder Blödsinn erzählt.»
Aber jetzt wohnten sie draußen, Jakob fuhr den Gabelstapler, sah die Männer nur noch selten. Und Ben trieb sich nicht mehr im Dorf herum.
Irgendwas ist wieder, dachte Jakob, bestellte noch ein Bier und sprach ein paar Worte mit Wolfgang Ruhpold. Er war ungefähr in seinem Alter, sie kamen gut miteinander aus, obwohl Jakob nicht zu den Stammgästen zählte. Zuerst sprachen sie allgemein über den angekündigten Wetterumschwung, auf den Richard Kreßmann, Bruno Kleu, Toni von Burg und Paul Lässler große Hoffnungen setzten. Dann erkundigte sich Jakob so beiläufig wie möglich: «Was hört man denn an Neuigkeiten?»
Wolfgang Ruhpold hob vielsagend die Achseln. Man hörte eine Menge, wenn man täglich zehn oder zwölf Stunden hinter einem Tresen stand. Und es war eine Menge dabei, womit man sich den Mund verbrennen konnte.
Vor zwei Tagen erst hatte Heinz Lukka gesagt: «Allmählich geht mir das Treiben vor meiner Haustür auf den Geist. Am Wochenende bekomme ich kaum ein Auge zu. Ich hätte nicht übel Lust, von Samstagnachmittag bis Montag früh den Zufahrtsweg an der Landstraße zu verbarrikadieren. Vielleicht reicht es schon, einen großen, kräftigen Mann mit einem Fernglas und einem Spaten an der Stelle zu postieren oder Streife gehen zu lassen.»
Toni von Burg stand dabei und lächelte dünn. Toni kam nicht mehr oft, es ging ihm gesundheitlich nicht gut.Wenn er kam, trank er sein Bier, meist ohne ein überflüssiges Wort zu verlieren. Toni war immer einer von den Stillen gewesen. Aber am Mittwoch konnte er sich einen Kommentar nicht verkneifen. «Komisch, Heinz erzählt doch immer, dass er seine Augen am Wochenende anderswo zumacht. Wenn er nicht daheim ist, was stört ihn dann, wenn die jungen Leute sich im Feld amüsieren?»
Wolfgang Ruhpold kam nicht dazu, auf Tonis Bemerkung einzugehen, weil Richard Kreßmann, der neben Lukka stand, plötzlich lospolterte. Richard hatte zu dem Zeitpunkt etliche Bier und ein paar Steinhäger zu viel. Deshalb brauchte er etwas länger, ehe der Groschen bei ihm fiel. Und wie immer, wenn er stark angetrunken war, wurde er so laut, dass alle Anwesenden zusammenzuckten.
«Willst du den Bock zum Gärtner machen?», schrie er Heinz Lukka an. «Ich könnte mir vorstellen, dass es dir auch noch Spaß macht, wenn der Idiot ein paar Weiber auseinandernimmt. Das musst du von deinem Alten haben. Hast du eine Ahnung, was Albert für eine Mühe hatte, ihn von Annette wegzukriegen? Was bin ich froh, dass ich den Jungen hab Karate lernen lassen, sonst wär das nicht so glimpflich abgegangen.»
Heinz Lukka tippte sich an die Stirn. Den Hinweis auf die besonderen Neigungen seines Vaters überhörte er geflissentlich. «Karate?», meinte er und lachte amüsiert. «Wenn Ben gewollt hätte, hätte er dein Würstchen in der Luft zerrissen, ehe Albert auch nur hätte piep sagen können. Oder sagt man bei Karate nicht piep? Ich kenne mich nicht aus mit dem Gefuchtele. Dafür kenne ich Ben umso besser. Wenn du von Idioten sprichst, pack dich an deine Nase, da erwischst du den Richtigen. Vermutlich hat Ben inzwischen mehr Grips im Kopf als du. Dein Verstand ist doch längst abgesoffen. Wenn Ben etwasheftiger geworden ist, was ich mir nicht vorstellen kann, aber wenn, ging es ihm nur darum, Pauls Tochter aus den Klauen eines Volltrottels zu befreien.»
«Volltrottel?», brüllte Richard Kreßmann. Obwohl er seinen Sohn auch schon mal in ähnlicher Weise bezeichnete, regte es ihn auf, Derartiges aus dem Mund eines anderen zu hören. «Überleg dir, was du sagst, sonst überleg ich mir, wen ich mit meinen Interessen beauftrage. Du bist nicht der einzige Anwalt in der Umgebung. Es gibt noch ein paar, und denen kannst du nicht das Wasser reichen.»
«Ich habe nicht vor, mich für irgendjemanden zum Wasserträger zu machen», meinte Heinz Lukka gelassen. «Wenn du glaubst, dass ein anderer dich durch den Idiotentest bringt und dir den Führerschein zurückholt, mach einen Versuch. Es ist dein Geld.»
«Richtig», sagte Richard. «Es ist mein Geld. Und es war mein Sohn, der angegriffen wurde. Ich weiß, dass du für den blöden Hund auf die Barrikaden gehst. Aber eins sag ich dir: Wenn so etwas nochmal vorkommt, weiß ich, was ich zu tun habe. Es ist eine Schande, dass die den so laufen lassen, das muss verboten werden. Ich halte jede Wette, er war auch unterwegs, als Erichs Tochter unter die Räder kam. Und was er tut, wenn ihm ein
Weitere Kostenlose Bücher