Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Purpurkaiser

Titel: Der Purpurkaiser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbie Brennan
Vom Netzwerk:
beugten, um die Beschleunigung des Floßes auszugleichen.
    Einen Moment später fand er sein Gleichgewicht wieder und sah zu, wie die oberen Äste der Bäume vorbeiflitzten. Ihm schwirrte der Kopf. In den letzten paar Stunden war einfach zu viel passiert. Hairstreaks Putsch. Comma auf dem Thron. Der Gang ins Exil mit Blue und Torhüter Fogarty. Der Angriff auf den Ouklou, hinter dem alle Hairstreak vermutet hatten, der aber ein Werk der Waldelfen war. Und nun ihre Befreiung. Er nahm jedenfalls an, dass sie befreit worden waren. Er musste dringend mit Madame Cardui sprechen.
    Pyrgus wandte sich um. Hinter ihm stand das Mädchen, das ihn während des Kampfes betäubt hatte.
    »Ich möchte mich entschuldigen«, sagte sie leise. »Ich wusste nicht, dass Ihr der Kronprinz seid.«
    »Ist nicht weiter schlimm«, sagte Pyrgus. Aus irgendeinem Grunde war er beschämt.
    »Da bin ich mir nicht so sicher«, sagte sie. »Aber als Ihr mit diesem Dolch auf mich losgegangen seid, musste ich irgendwas tun.«
    Pyrgus nickte. »Ah-hm.« Er wollte etwas Richtiges zu ihr sagen, aber irgendwie brachte er kein anständiges Wort über die Lippen.
    Sie starrte ihn einen Moment lang an, dann zuckte sie resigniert die Achseln. »Na ja, das war es eigentlich, was ich sagen wollte.« Sie wandte sich ab.
    »Wie heißt du?«, fragte Pyrgus rasch, als seine Stimmbandlähmung plötzlich wieder nachließ.
    Sie drehte sich wieder zu ihm um und machte ein erfreutes Gesicht. »Nymphalis«, sagte sie. »Nymphalis Antiopa.« Sie zögerte, dann fügte sie beinahe scheu hinzu: »Meine Freunde nennen mich Nymph.«
    »Ich bin Pyrgus Malvae«, sagte Pyrgus, weil ihm nichts Besseres einfiel.
    »Ja, ich weiß.«
    Die grüne Uniform war eigentlich für Männer gemacht, stand ihr aber gut. Sie sah darin absolut nicht wie ein Mann aus. Er konnte sich kein Kleidungsstück vorstellen, in dem sie wie ein Mann ausgesehen hätte. Die Uniform ließ sie… ließ sie elegant aussehen. Andererseits hatte sie eine Figur, die auch in einem Sack elegant ausgesehen hätte.
    »Das, äh, das mit dem, äh, Zauberstab am Ohr und mit dem Knie in die – Knie in die… und das mit dem Knie: Das war wirklich nicht weiter schlimm, weißt du. Ich meine, ich kann es ja verstehen. In der Hitze des Gefechts und so weiter.« Sie stand einfach nur da und lächelte ihn an. Er fragte sich, ob sie Berufssoldatin war. Er fragte sich, ob sie einen Freund hatte. »Hast du eigentlich ei-… hast, äh, hattest, ähm, warst – « Er fing noch mal von vorn an. »Ich würde gern wissen, warum ihr den Ouklou angegriffen habt.«
    Nymphalis sah etwas verblüfft aus. »Ihr glaubt doch nicht etwa diesen Unfug, dass die Waldelfen Banditen sind, oder?«
    »Nein, nein«, sagte Pyrgus rasch. »Ich hab bloß gedacht, dass ihr Hairstreaks Leute wärt.« Ihm fiel ein, dass sie vielleicht gar nicht wusste, wer Hairstreak war, aber er fuhr fort: »Nein, ich würde es bloß wirklich gern wissen. Warum habt ihr uns angegriffen?«
    Das Floß schlingerte unter ihren Füßen.
    »Ah«, sagte Nymphalis. »Da sind wir ja.«
     

Zweiundvierzig
     
    H enry war schon einmal im Verlies des Palastes gewesen – nur kurz, als er versucht hatte, Mr Fogarty zu befreien. Der war ins Gefängnis geworfen worden, als alle Welt ihn für den Mörder des Purpurkaisers gehalten hatte. Aber da war es dort zivilisierter zugegangen. Diesmal hatten sie ihn in eine feuchte, unterirdische Zelle geworfen, die nach Urin stank und deren sanitäre Einrichtungen aus einem kleinen Gitter bestanden, das in die rissigen Bodenplatten eingelassen war. Die Wände waren ebenfalls aus Stein, und die ganze Zelle wirkte uralt, als ob sie zur gleichen Zeit wie die ursprüngliche Feste erbaut worden war. Nirgendwo waren Fenster. Das einzige Licht kam von einer dünnen Binsenkerze, die so aussah, als ob sie beim kleinsten Windhauch verlosch.
    Mit der Tür war nichts zu machen. Sie war bestimmt dreißig Zentimeter dick und zusätzlich mit Metall verstärkt, als hätten ihre Erbauer vorgehabt hier Dinosaurier einzusperren. Sie war mit irgendeinem Zauber beschichtet, der jedes Mal, wenn Henry sich der Tür näherte, das Geräusch von Fingernägeln machte, die über eine Schultafel kratzten. Henry glaubte nicht, dass die Wachen wirklich den Schlüssel weggeworfen hatten, aber es sah verdächtig danach aus, als ob er hier wirklich für lange Zeit nicht mehr herauskam.
    Er lehnte sich gegen die Wand und ließ sich auf den Fußboden sinken, um einmal alles zu

Weitere Kostenlose Bücher