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Der Purpurkaiser

Titel: Der Purpurkaiser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbie Brennan
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durchdenken. Was war mit Blue passiert? Was mit Pyrgus? Und wer in aller Welt war Quercusia?
    Er musste Blue und Pyrgus finden und herauskriegen, was passiert war. Er musste hier raus.
    Henry sah sich in der Zelle um. Es musste doch irgendetwas geben, das er zur Flucht benutzen konnte, etwas, das sich abbrechen ließ, womit er einen Fluchttunnel graben oder das Schloss knacken oder die Wache k.o. schlagen konnte wie im Kino. Aber die Zelle war leer. Keine Möbel. Kein Tisch, keine Stühle. Nicht einmal eine Matratze auf dem Boden. Nichts als ein mottenzerfressener Teppich, den jemand in die Ecke gepfeffert hatte.
    Er gab es auf, sich umzusehen, und starrte den Teppich an. Wenn sie ihm sonst nichts gaben, warum dann ausgerechnet einen Teppich?
    Henry kam abrupt auf die Füße. Das war kein Teppich!
    »Du kannst jetzt aufhören, vor dich hin zu brüten«, sagte er laut.
    »Ich brüte nicht vor mich hin«, sagte der Endolg. »Ich habe geschlafen. Du hast mich aus einem wunderschönen Traum geweckt.« Er begann auf ihn zuzukriechen. »Ach, guck mal an, das ist ja Henry. Hallo, Henry – oder lässt du dich inzwischen lieber mit ›Iron Prominent‹ anreden?«
    Henry runzelte die Stirn. »Kennen wir uns?«
    »Und ob wir uns kennen. Ich hab dich neulich oben an die Wache verhökert. Hat mir mordswas genutzt.«
    Einen Moment lang starrte Henry das Wesen an. Dann fiel ihm alles wieder ein. Der Endolg spielte auf Henrys Versuch vor einiger Zeit an, Mr Fogarty aus dem Verlies zu befreien. Henry hatte der Wache im Vorraum etwas vorgelogen und war prompt von einem Endolg durchschaut worden.
    »Das bist du gewesen?«, fragte er.
    »Höchstpersönlich.«
    »Dann sollst du mich hier drin ausspionieren?« Er konnte sich nicht vorstellen, wozu. Andererseits konnte er sich auch nicht vorstellen, warum er überhaupt hier drin saß.
    »Ach, die Ich-Besessenheit der Jugend!«, rief der Endolg pathetisch aus. »Mit dir hat das gar nichts zu tun. Dieses verrückte Biest hat mich einsperren lassen.«
    Irgendwoher wusste Henry, dass es sich bei dem verrückten Biest um Quercusia handelte. »Warum?«
    »Warum sie mich einsperren ließ? Weil ihr mein Fell nicht gefallen hat. Weil ihr die Farbe meiner Augen nicht gefallen hat. Wer weiß schon, warum dieses Schrumpelhirn irgendetwas tut? Die kriegt das Verlies in einem Monat voll, wenn sie so weitermacht – und Asloght gleich mit. Es war ein schwarzer Tag für das Reich, als Comma sie rausgelassen hat.«
    Comma hatte sie rausgelassen? Der Endolg würde ihm wahrscheinlich keine große Hilfe beim Ausbrechen sein, aber vielleicht konnte er ihm zumindest einige dringend benötigte Informationen liefern. »Ich bin ein paar Wochen weggewesen«, sagte Henry. »Was ist denn inzwischen passiert?«
    Einen schrecklichen Moment lang glaubte er schon, der Endolg würde nicht antworten, aber dann seufzte er schwer. »Wo soll man da anfangen? Weißt du, dass Prinz Pyrgus ins Exil gehen musste?«
    Henry nickte. »Ist Blue bei ihm? Prinzessin Blue?«
    »Prinzessin Blue und Torhüter Fogarty. Verloren und vergessen.« Der Endolg seufzte erneut.
    »Wie ist es dazu gekommen?«, fragte Henry. Er konnte es kaum glauben. Das Letzte, was er gehört hatte, war, dass Pyrgus sich auf seine Krönung vorbereitete.
    »Befehl seines Vaters«, sagte der Endolg.
    Henry starrte ihn an. »Sein Vater ist tot.«
    »Als ich ihn das letzte Mal gesehen habe, war er quicklebendig«, sagte der Endolg. »Na ja, sagen wir: lebendig. Er sah nicht besonders gut aus.«
    »Das letzte Mal, als du ihn gesehen hast? Wann war denn das?«
    »Vor ein paar Tagen. Bevor dieses verrückte Biest mich hier hat reinwerfen lassen.«
    »Weißt du das genau?«
    »Du kennst dich nicht gerade aus mit Endolgs, stimmt’s? Wir können nicht lügen.« Er wand sich ein bisschen, als ob ihn etwas juckte. »Uns fehlen achtundsiebzig Gehirnzellen. Klingt nicht nach sonderlich viel, aber es hat zur Folge, dass wir’s einfach nicht können. Jedes Mal, wenn ein Endolg irgendetwas ausdrücklich sagt, kannst du davon ausgehen, dass es die Wahrheit ist. Wenn wir uns nicht ganz sicher sind, sagen wir ›vielleicht‹ oder ›möglicherweise‹ oder ›habe ich gehört‹ oder so. Ich habe den Purpurkaiser gesehen, lebendig, vor ein paar Tagen, hier im Palast. Ich weiß es genau. Du kannst es glauben.«
    Henry war fassungslos. Pyrgus’ Vater war aus nächster Nähe mit einer Schrotflinte erschossen worden. Aber vielleicht hatte ihn das wirklich nicht getötet. Auch in

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