Der purpurne Planet
eine Spritze auf.
„In Ordnung. Hört alle zu: In dieser Zeit wird Uwe Heywaldt die Station leiten. Vor allem du, Klaus, versprich mir…“
„Jaja“, sagte Klaus Rudloff, „wir werden schon zurechtkommen.“
„Gut. Also dann – auf Wiedersehen in zwei Monaten!“ Er ließ den Kopf auf das Kissen fallen. Eileen öffnete die Tür und winkte ungeduldig, daß alle hinausgehen sollten, und Irina setzte die Spritze an.
Ohne daß jemand etwas gesagt hätte, waren sie alle zusammen in den großen Saal hinaufgegangen und dort sitzengeblieben, um auf den ersten Bericht der Ärztinnen zu warten. Besonders Erika und Tom ließen die Köpfe hängen. Erich Braune sprach leise auf seine Frau ein, und Mara saß stumm neben Tom und schmiegte sich an ihn.
Uwe dachte einen Augenblick, daß er etwas sagen müsse, ein paar aufmunternde Worte vielleicht, aber dann ließ er es doch sein. Eine Pause des ernsten Nachdenkens würde allen guttun.
Endlich trat Irina in den Saal. Sie sah so ernst und gesammelt aus, daß sie ihn sofort an ihre erste Bekanntschaft erinnerte, an die Zeit, da sie ihn selbst medizinisch betreute.
„Ich bitte, mir zuzuhören“, sagte sie, obwohl das völlig überflüssig war. „Jochen wird seine Hand wiederbekommen. Wir hatten im Archiv dreihundert Steuerprogramme für das Nachwachsen von Körperteilen, darunter fand sich glücklicherweise eins, das auf Jochens kortikale und genorhythmische Parameter paßte. Ich habe jetzt allerdings eine Reihe von Forderungen zu stellen, und die sind nicht klein.
Wir brauchen erstens die gesamte Kapazität des Zentralrechners der Station, die einzelnen Arbeits- und Forschungsgruppen müssen mit ihren Kleingeräten auskommen.
Zweitens brauchen wir absolut stabile Bedingungen im Behandlungszimmer. Dazu wird eine Schleuse vorgebaut und eine Regelautomatik installiert. Die maximalen Toleranzen für Temperatur-, Druck-, Feuchtigkeits- und andere Schwankungen stellt Eileen inzwischen zusammen, sie wird sie dann Tom übergeben.
Drittens brauchen wir alle drei Stunden Protokolle über seismische Schwingungen und über das Magnetfeld.
Viertens benötigen wir einige Wirkstoffe, von denen keine Reserven vorhanden sind. Die Mengen sind unerheblich, die Biologen können sie im Labor darstellen, hoffe ich. Hier ist die Liste.“ Sie gab Klaus Rudloff einen Zettel.
„Fünftens muß jemand die Verpflegung übernehmen, da Eileen sich mit mir abwechselt und wir keine Zeit haben, uns darum zu kümmern.
Und sechstens schließlich – macht nicht solche Gesichter. Jeder wird irgendwie an der Heilung beteiligt sein, jeder kann etwas dafür tun. Und wenn Jochen wieder zu sich kommt, hat er einen psychischen Auftrieb nötig. Die neue Hand wird nämlich noch ein halbes Jahr brauchen, ein halbes Jahr Intensivtraining, bis sie so geschickt ist wie die alte. In solcher Situation muß der Mensch Freude haben. Also sorgt für Erfolge.“
„Wir danken dir alle“, sagte Uwe. „Niemand soll den Kopf hängen – oder gar so etwas wie ein Schuldgefühl in sich aufkommen lassen. Ich schlage vor, die Arbeitsgruppen setzen sich entsprechend Irinas Forderungen zusammen, und in zwei – nein, in drei Stunden sehen wir uns wieder, um den Arbeitsplan zu beraten.“
Alle erhoben sich und gingen hinaus, erleichtert, weil sie nun etwas tun konnten. Nur Klaus Rudloff zögerte und wandte sich dann an Uwe.
„Hör mal, was Jochen da vorhin zu mir gesagt hat, ehem – also das bezieht sich darauf, daß ich manchmal vielleicht ein bißchen schwierig bin, jaja, schon gut, ich weiß das. Ich habe ja jetzt die besten Vorsätze, aber ich kenne mich. Darum merke dir: Wenn ich querköpfig werde – nicht nachgeben. Immer Feuer geben.“ Er hielt ihm die Hand hin.
Uwe nahm die Hand und drückte sie. „In Ordnung – immer Feuer geben!“
Nach zwei Tagen hatte sich Uwe einigermaßen in die Pflichten des Leiters eingearbeitet. Einigermaßen – das hieß, daß er jetzt den ganzen Tag damit zubrachte, alles das recht und schlecht zu erledigen, was Jochen sonst neben seiner Forschungsarbeit getan hatte: planen, einteilen, Zusammenarbeit auf den verschiedensten Ebenen organisieren, kontrollieren – und vor allem Ratschläge geben und Entscheidungen treffen, kleine, aber viele Auswege finden, wo andere mit mehr Sachkenntnis keine gefunden hatten.
Wie jeder, der mehr mit Mühe als mit Sachkenntnis leitet, ließ er ganze Bereiche – wie zum Beispiel den der Biologen – einfach laufen, weil er sich sagte: Die
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