Der Puzzlemoerder von Zons
müsst Euch noch schonen. Ihr seid immer noch schwer verletzt. Wenn Ihr zu schnell aufsteht, wird Euch schwindlig und Ihr fallt erneut in eine tiefe Ohnmacht.“
„Bitte, schaut in meinem Wams nach, Josef. Dort findet Ihr die Liste der fünf Mädchen, deren Nachname mit einem ‚Z’ beginnt. Wir müssen sie rechtzeitig in Sicherheit bringen. Ich glaube nicht, dass wir den Mörder noch rechtzeitig vor dem nächsten Vollmond ausfindig machen können.“
Josef durchwühlte Bastians Kleider und holte schließlich ein zerknittertes dünnes Stückchen Papier hervor.
„Meint Ihr dies hier?“, fragte Josef, während er das Papier vorsichtig auseinander faltete.
„Ja, dort findet Ihr die Namen der fünf Mädchen. Sagt mir, Josef, wann ist der nächste Vollmond.“
Josef dachte ein paar Augenblicke nach.
„Ich denke in fünf Tagen müsste es soweit sein. Genug Zeit für uns, zu handeln.“
„Ja“, erwiderte Bastian.
„Diesmal wird es ihm nicht gelingen, ein weiteres Mädchen zu töten. Bitte richtet den Mädchen aus, die nächste Vollmondnacht in der Obhut von Pfarrer Johannes in der Kirche zu verbringen. Wir werden die Kirche von der Stadtwache umstellen lassen. Gleichzeitig müssen wir dafür sorgen, dass in der Vollmondnacht durch die Zonser Stadttore niemand hinein- oder hinausgelangen kann. Wenn Dietrich Hellenbroich es dennoch versucht, wird er uns direkt in die Arme laufen. Selbst wenn wir ihn nicht ertappen sollten, wird er es zumindest nicht schaffen, das nächste Mädchen umzubringen. Dann wird er sich trollen und von hier verschwinden!“
Bastian lehnte sich tief in seine Kissen zurück und fiel erschöpft in einen tiefen Schlaf.
...
Es war Nacht und bitterkalt. Der Mond begann sich langsam zu einem großen, gelben Kreis zu formen. Dietrich stand am Fenster und blickte in Richtung Zons. Bald würde es wieder so weit sein! Die Vorfreude brachte sein Blut in Wallung. Diesmal würde es besonders aufregend werden. Nicht umsonst hatte er es sich im letzten Moment anders überlegt und diesen Trottel von der Stadtwache am Leben gelassen. Warum die Leute hier so große Stücke auf Bastian Mühlenberg hielten, war ihm ein Rätsel.
Ohne große Anstrengung hatte er ihn überwinden können. Wenn er gewollt hätte, hätte er diesem Bastian sein eigenes Schwert tief ins Herz rammen können. Aber was nützte ihm ein toter Bastian Mühlenberg? Ohne einen würdigen Gegner machte das Spiel keinen Spaß. Seit jener Nacht, in der er sich heimlich in die Kirche geschlichen und Bastian zusammen mit dem Pfarrer bei ihren Überlegungen zu seinem Puzzle belauscht hatte, empfand er tiefen Stolz und eine berauschende Spannung in seinem Herzen. Die beiden waren nicht schlecht in ihren Überlegungen, dennoch hatten sie ein entscheidendes Puzzlestück, welches direkt vor ihren Augen lag, übersehen.
Bastian würde sich noch wundern!
Dietrich rieb langsam sein Amulett. Bald würde er es dem Schmuggler geben müssen. Es hatte seinem Vater gehört und obwohl er diesen aus tiefsten Herzen hasste, so hing er doch an diesem Familienstück. Doch der einzige Weg nach Zons hinein und wieder hinaus war der Weg, den auch die Schmuggler nutzten. Es kostete ihn einige Mühe, die Schmugglerbande ausfindig zu machen. Doch in einer dunklen Rheinkaschemme wurde er schließlich fündig und nachdem er ihnen mehrere Fässer Met spendiert hatte, waren sie sich handelseinig geworden.
Der leise Hauch eines Bedauerns fuhr durch Dietrichs Herz, als er an die kleine Gertrud dachte. So schönes, langes, blondes Haar, so weich und unschuldig war ihre Haut gewesen. Er erinnerte sich an die Hoffnung, die bis zum Schluss in ihren Augen geschienen hatte. Doch Gott war nicht gekommen, um sie zu retten. Wie jedes Mal hatte er seine Schäfchen im Stich gelassen. Stattdessen hatte Gott Dietrich geholfen, seine Lust zu befriedigen und sich als wahrer Krieger zu fühlen. Nur das Rudel Wölfe, was über ihn hergefallen war, als er das Mädchen weiter in die Rheinaue ziehen wollte, vereitelte seinen endgültigen Plan. Eigentlich gebührte es dieser Schönheit, so wie seiner ersten Eroberung, am Wehrturm gut sichtbar aufgehängt zu werden.
Gerne hätte er seine Muskelkraft angeboten, um ihr diese letzte Ehre zu erweisen, aber ein Rudel von drei oder vier hungrigen Wölfen hing plötzlich an seinen Beinen und er hatte Mühe gehabt, nicht von ihnen überwältigt zu werden. In dieser kalten Jahreszeit, so weit am Ende des langen Winters, waren die Wölfe
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