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Der Rabbi schoss am Donnerstag

Der Rabbi schoss am Donnerstag

Titel: Der Rabbi schoss am Donnerstag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kemelman
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neu und vielleicht noch nicht hundertprozentig sicher, ob sie hier bleiben werden – wegen der Jobs –, aber alle, die sich hier fest niedergelassen haben, ja, praktisch alle davon sind Mitglieder. Sie brauchen es nur zu sagen, dann arrangiere ich alles mit dem Rabbi.»
    Ben Segal sah seine Frau zweifelnd an, doch als sie ihm strahlend zunickte, sagte er: «Na schön. Ich mach’s.»
    «Wunderbar!», antwortete Maltzman. «Und um das Grundstück auf dem Point werde ich mich sofort kümmern.»

11
    Im Speisesaal des Agathon Yacht Club konnte man zwar einen Cocktail bestellen, aber stets nur zum Dinner. Und man konnte zwar anschließend bei Kaffee und Brandy noch sitzen bleiben, aber die Clubleitung hatte es nicht gern, wenn man zu lange sitzen blieb. Während der Segelsaison war im Speisesaal immer viel zu tun, und es warteten fast immer Gäste auf einen Tisch. Und außerhalb der Saison wollten die Kellner nicht zu lange warten müssen, bis sie endlich abräumen konnten.
    Es gab natürlich eine Halle, aber die glich eher einem feinen Salon: ein Raum, dessen hohe Fenster schwere Samtvorhänge besaßen, ein Raum mit Läufern und Teppichen, mit Sofas und Lehnsesseln aus Seide und Brokat, mit auf Hochglanz polierten Mahagonitischen und Seidenschirmen auf den Lampen. Hier erwartete man seine Gäste und plauderte ein paar Minuten – eben lange genug, um Eindruck auf sie zu machen –, bevor man mit ihnen in den Speisesaal oder zum Bootssteg hinunterging. Hier saßen zumeist Damen herum und ließen sich Tee oder Kaffee bringen.
    Zum ernsthaften Trinken und für die langen, ziellosen Gespräche, mit denen man einen Abend totschlug, gab es die Bar, und das war ein rein männliches Territorium. Zwar war den Damen nicht der Zutritt verboten, aufgrund einer stillschweigenden Übereinkunft aber betraten sie sie nie. Die Bar war ein kahler Raum mit greller Deckenbeleuchtung, die ihr Licht auf das nackte, graue Linoleum des Fußbodens warf. Die Einrichtung bestand aus einem halben Dutzend runder, mit Brandflecken von Zigaretten genarbter Tische, umgeben von mehreren unbequemen Lehnstühlen. An der Wand befand sich eine kleine Bar, kaum mehr als eine hohe Theke, mit Flaschenregalen, einem kleinen Kühlschrank und einem Spülbecken dahinter.
    Diese Ausstattung, oder vielmehr das Fehlen einer solchen, stammte noch aus der Zeit der Prohibition. Damals hatte man das Gefühl gehabt, es sei zwar nicht nötig, heimlich zu trinken, aber es sei doch ein wenig unverschämt, es in bequemer, luxuriöser Umgebung zu tun. Bei der Aufhebung der Prohibition und später auch von Zeit zu Zeit hatte es Vorschläge gegeben, den Raum neu zu gestalten, etwa mit Ledersesseln, Täfelung und Sport- oder Segeldrucken auszustatten, aber die Mitglieder, die ihn am regelmäßigsten benutzten, leisteten hartnäckigen Widerstand, vielleicht, weil sie fürchteten, eine Renovierung oder hübschere Einrichtung könne attraktiv auf die Damen wirken.
    Kellner gab es nicht, nur den Barmann. Wenn er nichts weiter zu tun hatte, brachte er auf ein Nicken hin möglicherweise eine Bestellung an den Tisch, gewöhnlich aber holte man sich seinen Drink an der Bar und trug ihn selber an seinen Platz. Der Donnerstag war gewöhnlich ein ruhiger Abend in der Bar, und das war der Grund, warum Jordon ihn sich für seinen allwöchentlichen Besuch ausgewählt hatte. Er mochte keine überfüllten Bars mit dem ungezügelten Lärm reichlich angeheiterter Kumpanei. Er bevorzugte die Gesellschaft seiner alten Freunde, Männer, an die er sich gewöhnt hatte, mit denen er vernünftig, ja sogar ernsthaft und philosophisch reden konnte oder, falls ihnen danach zumute war, ein angenehm-einverständliches Schweigen pflegte.
    Bis jetzt war nur ein einziger Tisch besetzt – die anderen würden zweifellos später noch kommen –, und als er auf seinen Drink wartete, stellte Jordon zufrieden fest, dass von den vier Herren, die dort saßen, zwei zu den Donnerstags-Stammgästen gehörten. Der eine war der alte Dr. Springhurst, ehemaliger Rektor der St.-Andrew’s-Episkopalkirche, sehr würdig mit dem silberweißen Haar, dem Priesterkragen und dem grauen Flanellanzug. Als eingeschworener Atheist hatte Jordon seine besondere Freude daran, sich mit ihm über Religionsfragen zu unterhalten. Der andere war Albert Megrim, Börsenmakler und Magistratsmitglied, mit dem er gern über Politik diskutierte. Megrim war ein untersetzter Mann mit rundem Gesicht und schütterem, genau in der Mitte gescheiteltem

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