Der Rabbi schoss am Donnerstag
erzähle ihm manchmal Dinge, die ich nicht mal meinem Bruder erzählen würde oder auch meiner Frau. Er steht mir vermutlich näher als …»
«Und ich möchte darauf hinweisen», unterbrach Jason Walters ihn von oben herab, «dass Grace und ich vor zwei Jahren, statt wie üblich im Winterurlaub auf die Bermudas oder nach Palm Beach zu fahren, ins Heilige Land geflogen sind, und ich habe überall deutlich erklärt, was für großartige Arbeit sie da geleistet haben. Gewiss, sie müssten was wegen der palästinensischen Flüchtlinge unternehmen, aber im Ganzen gesehen, haben sie Wunder gewirkt, und das betone ich, so oft ich dazu Gelegenheit habe.»
«Sie müssen verstehen, Don», sagte Albert Megrim beruhigend, «dies ist ein Gesellschaftsclub. Ein Ort, wo man mit anderen Leuten zusammenkommt. Und da zieht man es natürlich vor, mit seinen eigenen Leuten zusammenzukommen, weil man sich unter ihnen wohler fühlt.»
«Ganz recht», bestätigte Walters ernst. «Sehen Sie, meine Töchter kommen hierher zum Tanzen. Na ja, und da möchte ich natürlich, dass sie mit Leuten von unserer Art zusammen sind. Das heißt aber nicht, dass ich Vorurteile hege.»
«Natürlich nicht», entgegnete Burkhardt verächtlich. «Jeder bestreitet, ein Antisemit zu sein, aber …»
«Ich nicht», fiel Ellsworth Jordon ihm ins Wort.
«Sie nicht?» Der junge Mann starrte ihn verwundert an. «Sie wollen sagen, Sie sind tatsächlich ein Antisemit?»
«Gewiss. Das sind wir alle. Sie auch, Burkhardt. Sie schämen sich nur, es zuzugeben, weil Sie einen Haufen verrückte liberale Ideen haben und meinen, nur die Ungebildeten seien mit Vorurteilen behaftet. Aber Sie sind trotzdem einer. Dass Sie einen Juden als Geschäftspartner oder als bevorzugten Hausarzt oder als besten Freund haben, beweist überhaupt nichts. Oder vielmehr, für einen Juden wäre es der beste Beweis dafür, dass Sie Antisemit sind. Das ist so eine Art Familienscherz bei denen. Jedes Mal, wenn jemand sagt, seine besten Freunde seien Juden, wissen sie, dass da ein Antisemit gesprochen hat.» Er grinste breit. «Ich muss es wissen, denn früher einmal waren meine besten Freunde Juden.»
«Aber Sie sagten doch gerade …» Don Burkhardt sah ihn verständnislos an.
«O ja, ich kann das zugeben, weil ich weiß, warum wir Antisemiten sind.»
«Das wissen Sie? Also, warum denn?»
«Weil sie uns Unbehagen bereiten.»
«Weshalb sollten sie uns Unbehagen bereiten?»
«Weil sie besser sind als wir», antwortete Jordon schlicht.
Sie starrten ihn an.
«Unsinn! Was soll das heißen, besser als wir?», fragte Megrim.
«Moralisch, ethisch», antwortete Jordon. «Ich glaube, sie sind einfach zivilisierter als wir. Und das bereitet uns Unbehagen, und deswegen mögen wir sie nicht.» Er lachte laut. «Der größte Witz aber dabei ist, dass diese Idioten keine Ahnung haben, warum wir sie nicht mögen – keinen Schimmer! Sie begreifen das psychologische Motiv einfach nicht. Sie weisen darauf hin, dass sie gute und loyale Bürger sind, mit einer geringen Scheidungs- und Kriminalitätsrate, dass sie nüchtern, fleißig und ehrgeizig sind. Sie arbeiten aktiv bei allen möglichen Bewegungen und Reformen mit und stehen gewöhnlich auf der Seite des Unterdrückten. Aber damit gewinnt man keine Freunde, wissen Sie. Im Gegenteil. So waren sie zum Beispiel die Ersten, die den Schwarzen geholfen haben, und infolgedessen werden sie von den Schwarzen am meisten gehasst.»
«Ja, aber sie haben den Schwarzen nur geholfen, weil sie beide Angehörige einer Minderheit waren», meinte Megrim. «Nehmen Sie dagegen mal Israel, wo sie in der Mehrzahl sind …»
«Da machen sie denselben Fehler», behauptete Jordon prompt. «Sie gründen ein kleines Land auf einem winzigen Gebiet, und was tun sie dann als Erstes? Sie holen all ihre Glaubensgenossen aus sämtlichen arabischen Ländern herein, die alten und die kranken, und alle ohne einen Penny. Und sie ernähren sie, obwohl sie selbst kaum einen Pisspott haben. Damals gab es fast genauso viele Flüchtlinge im Land wie ursprüngliche Einwohner.»
Jordon trank einen Schluck und fuhr dann fort: «Andererseits konnte die gesamte arabische Welt, ungefähr achtzig Millionen Menschen auf Gott weiß wie vielen Millionen Quadratmeilen Land, keinen Platz für zweitausend ihrer eigenen Brüder finden und ließ sie in Flüchtlingslagern verrotten. Und dann sagen Leute wie Jason Walters hier, die Israelis müssten etwas für die palästinensischen Flüchtlinge tun
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