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Der Rabbi schoss am Donnerstag

Der Rabbi schoss am Donnerstag

Titel: Der Rabbi schoss am Donnerstag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kemelman
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– die Israelis, verstehen Sie? Nicht die Araber!»
    «Ja, für ihre eigenen Leute sorgen sie», entgegnete Megrim. «Das weiß schließlich jeder. Aber heutzutage …»
    «Heutzutage haben sie den ‹Barmherzigen Zaun› an der libanesischen Grenze», unterbrach ihn Burkhardt. «Und diejenigen, die sie da kostenlos ärztlich behandeln, sind nicht ihre eigenen Leute. Jeder Araber, der an den Zaun kommt, ob Christ oder Moslem, bekommt Hilfe, wenn er sie braucht.»
    «Na, was sagen Sie dazu, Padre?», höhnte Jordon. «Die da unten umgebracht werden, das sind Christen, aber in der ganzen christlichen Welt macht keiner einen Finger für sie krumm, ja, es protestiert nicht mal einer, weder der Papst noch Ihr Weltkirchenrat, noch die christlichen Länder. Nur diese verdammten Juden. Es ist schlichtweg beschämend. Kein Wunder, dass niemand sie in der UNO unterstützt. Darauf wollte ich hinaus. Sie bereiten allen Unbehagen, also stimmen alle gegen sie.»
    «Die Vereinigten Staaten sind da aber kaum besser dran», wandte Jason Walters ein. «Und wenn man’s recht bedenkt, so hassen uns die meisten Länder ebenfalls.»
    Jordon kicherte. «Gewiss tun sie es, und aus genau demselben Grund. Weil wir nämlich auch ein bisschen so sind.»
    «Unsinn! Sie hassen uns, weil wir reich und mächtig sind», behauptete Megrim.
    «Das ist nicht wahr», widersprach Jordon. «Wenn man mächtig ist, wird man gefürchtet. Sicher, man mag auch gehasst werden, aber nur so lange, wie es einen Grund dafür gibt, Angst zu haben. Im Zweiten Weltkrieg hassten wir die Japaner und die Deutschen, weil wir Angst vor ihnen hatten. Die Italiener hassten wir nicht, weil wir keine Angst vor ihnen hatten. Und sobald der Krieg aus war, hörten wir auch auf, die Japaner und die Deutschen zu hassen. Wollen Sie wissen, warum Amerika heutzutage gehasst wird? Warum es überall diese ‹Ami-Go-Home›-Propaganda gibt? Weil wir uns einer erschreckend guten Tat schuldig gemacht haben: des Marshall-Plans. Niemals zuvor in der Weltgeschichte hat es eine Siegernation unternommen, die besiegten Länder wieder aufzubauen. Millionen haben wir verschenkt, ohne Bedingungen daran zu knüpfen, und seit jener Zeit hasst man uns. Und man wird uns weiter hassen, bis die Erinnerung an jene ungeheure moralische Tat verblasst ist.»
    «Das ist doch barer Unsinn, Ellsworth», protestierte Megrim. «Wir werden gehasst, weil wir überheblich und aufdringlich waren, wenn wir in ihre Länder kamen. Vielleicht kam das daher, dass wir so weit von zu Hause weg waren oder weil wir die Sprache nicht verstanden oder ihre Bräuche, deswegen fühlten wir uns ein bisschen unsicher und kaschierten das, indem wir, nun ja, uns anmaßend benahmen. Und deswegen neigen wir auch dazu, die Juden nicht zu mögen – weil sie aufdringlich sind.»
    «Aufdringlich würde ich sie nicht nennen», meinte Burkhardt. Nun, da das Gespräch auf philosophischem Niveau weiterging, gelang es ihm, ruhig zu bleiben. «Ich glaube, sie sind einfach ein bisschen eifriger als wir. Mehr nicht. Mein Partner, zum Beispiel, wenn der sich auf ein neues Projekt stürzt, tut er, als hinge die Welt davon ab. Genauso, wenn er versucht, sich zu entspannen, und Golf spielt. Er hetzt regelrecht über den Platz. Es ist, als täte er alles ein bisschen im Übermaß, als lebe er mit einer höheren Körpertemperatur, falls Sie verstehen, was ich meine. Dasselbe habe ich bei anderen beobachtet. Vielleicht liegt es an ihren Genen. Wäre logisch, bei all dem Elend, das sie durchgemacht haben, Pogrome und so, müssen die, die jetzt noch leben, eine echte Auslese sein.»
    «Durchaus nicht! Es liegt an ihrer Religion», behauptete Jordon energisch.
    «Aber sie haben keine Religion!», widersprach Dr. Springhurst, zum ersten Mal am Thema interessiert.
    «Ach was, Padre! Die haben sie doch erfunden – die moderne jedenfalls», behauptete Jordon.
    «Das ist richtig. Und eine Zeit lang waren sie auch ein sehr religiöses Volk. In jenen Tagen war ihnen der Herr nahe und zeigte sich ihnen in zahlreichen Wundern.» Der alte Pastor schüttelte betrübt den Kopf. «Aber je mehr er sich ihnen zeigte, desto mehr entfernten sie sich von ihm. Man stelle sich vor: Nach einem Wunder wie der Teilung des Roten Meeres machten sie sich das goldene Kalb! Dennoch aber blieben sie ein religiöses Volk. Der große Wandel kam erst zu Lebzeiten unseres Herrn Jesus. Der erkannte das und versuchte es zu verhindern. Das war seine Mission, die Pharisäer und

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