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Der Rabbi schoss am Donnerstag

Der Rabbi schoss am Donnerstag

Titel: Der Rabbi schoss am Donnerstag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kemelman
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ununterbrochen mit den Damen rechts und links von ihr flüsterte und dass Mrs. Porush schlief. Dennoch gelang es ihm, den Eindruck intensiver Aufmerksamkeit zu erwecken. Später, als der Rabbi aufstand, um seine Predigt zu halten, hielt Herb es für richtig, hier und da zustimmend oder beifällig zu nicken.
    Als Rabbi Small zum Ende seiner Predigt kam, erschien Henry Maltzman, blickte sich mit schlechtem Gewissen um und drückte sich dann, ein unsicheres Lächeln auf den Lippen, auf einen Stuhl in der letzten Reihe. Herb Mandell, auf dem Podium, runzelte missbilligend die Stirn. Er fand, Howard Jonas habe Recht, es gehörte sich nicht, dass der Gemeindevorsitzende zu spät zum Gottesdienst kam. Und auch noch um so vieles zu spät! Es war schon Viertel nach neun, und der Gottesdienst dauerte nur noch ein paar Minuten. Er beobachtete Maltzman, bis sich ihre Blicke trafen. Ihm schien, dass der Vorsitzende ganz leicht nickte und dazu anerkennend lächelte. Oder verächtlich? Ganz sicher konnte er es nicht sagen.
    Später, beim Imbiss im Andachtsraum, sah er Maltzman, der sich unter die Gemeindemitglieder mischte, noch ein paar Mal. Henry winkte ihm zwar zu, machte aber keine Anstalten, sich ihm zu nähern, um ihm zu gratulieren, wie Mandell es erwartet hatte. Im Gegenteil, es schien beinahe, als gehe er ihm absichtlich aus dem Weg.
    Dennoch war es ein erhebender Abend für Herb Mandell gewesen. Als er nach Hause kam, waren seine ersten Worte: «Ich wünschte, du hättest dabei sein können, Molly. Alles hat geklappt wie am Schnürchen.»
    «Ach Herb, wie schön für dich!»
    «Es tut mir Leid, dass du bei Mutter bleiben musstest. Vielleicht hätten wir doch versuchen sollen, diese Frau zu bekommen, die Mrs. Sletnick uns empfohlen hat.»
    «Ach was! Der hätten wir so viel bezahlen müssen wie einer Krankenschwester.»
    «Das stimmt allerdings. Hat Mutter Schwierigkeiten gemacht?»
    «Sie hat geschlafen wie ein Baby. Und mir hat es wirklich nichts ausgemacht, dass ich zu Hause bleiben musste. Ich musste doch noch den Bericht für die Bank schreiben.»
    «Wie weit bist du gekommen?»
    «Ich bin fertig.» Sie deutete zum Schreibtisch hinüber.

21
    Am Samstagvormittag schaute Gore noch schnell bei den Mandells herein, ehe er zu Jordon fuhr. Als Molly ihm öffnete, erkundigte er sich eifrig: «Was hat er gesagt, als Sie ihm den Bericht gaben?»
    «Ich habe ihn gar nicht abgegeben», antwortete Molly. «Ich habe ihn überhaupt nicht gesehen. Als ich kam, war das ganze Haus dunkel.»
    «Wirklich? Um wie viel Uhr war das?»
    «Kurz nachdem ich mit Ihnen gesprochen habe. Also ungefähr um halb neun.»
    «Dann muss er weggegangen sein. Was haben Sie mit dem Bericht gemacht?»
    «Ich wollte ihn nicht einfach in den Briefkasten stecken und habe ihn wieder mitgenommen. Das war doch richtig, Mr. Gore. Oder?»
    «Aber sicher! Ich bringe ihn jetzt persönlich hin.»
    Sie reichte ihm einen festen Umschlag und sah erwartungsvoll zu, wie er die maschinenbeschriebenen Seiten durchblätterte.
    «Großartig!», lobte er sie. «Ich bin Ihnen wirklich sehr dankbar, Molly.»
    «Aber die Endsumme stimmt immer noch nicht.»
    Mit Kennerblick überflog er die Zahlenkolonnen. «Hier steckt der Fehler», verkündete er dann, auf einen Posten deutend. «Das gehört unter die Aktiva, nicht unter die Passiva. Sind Sie sicher, dass ich es mit P markiert habe und nicht mit A?»
    Sie schlug den Aktenordner auf. «Das hier? Soll ich die Korrektur mit der Schreibmaschine anbringen? Ich könnte die Zeile übertippen und …»
    «Nein, lassen Sie nur.» Er schrieb die Korrektur mit Bleistift hinein. «Ich werde es ihm so zeigen, als Erklärung dafür, dass wir den Bericht nicht pünktlich geliefert haben.»
    Von den Mandells aus fuhr er direkt zu Jordon. Als er in das Grundstück einbog, hörte er eine Autohupe, eindeutig aus Richtung Haus. Während er die Einfahrt hinaufrollte, wurde der Lärm immer lauter, und tatsächlich, vor der Haustür stand ein Wagen. Drinnen saß Martha, das Gesicht wutverzerrt, und drückte unablässig auf die Hupe.
    Er stieg aus und ging auf sie zu. «Was ist denn los? Was ist passiert? Wozu der Lärm?»
    «Ach, Sie sind’s, Mr. Gore.» Ihre Miene entspannte sich, und sie brachte sogar ein kleines, beschämtes Lächeln zustande. «Ich hab noch einen Monat Lohn zu kriegen. Ich hab geklopft und geklingelt, aber es macht keiner auf. Der alte Mistkerl hat sicher gesehen, dass ich es war, und meldet sich mit Absicht nicht. Am liebsten

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