Der Rabbi schoss am Donnerstag
dem Basar luden wir sie zu uns ein. Sie ist eine reizende, charmante Frau, und als wir da saßen und uns unterhielten, hat sie uns viel über sich erzählt. Grimes ist nur ihr Bühnenname, Rabbi. Ihr richtiger Name lautet Green.»
«Ach, daher also …»
«Sie heißt Esther Green. Sie ist Jüdin, Rabbi.»
Der Rabbi schürzte nachdenklich die Lippen, während Segal erwartungsvoll schwieg. Dann fragte er ruhig: «Und was soll ich Ihrer Ansicht nach tun, Mr. Segal?»
«Tja, also, Rabbi, da ist dieser junge Mann, fast noch ein Kind, ohne Freunde, die Mutter irgendwo in Europa und weiß vermutlich gar nichts von all dem hier. Ich bin zwar neu hier, und ich kenne die Stadt noch nicht, aber ich weiß, wie die Behörden arbeiten. Sie wollen keine Schwierigkeiten, und wenn ihnen etwas Mühe macht, sehen sie zu, dass sie die Sache möglichst schnell vom Hals kriegen. Wenn er unter Anklage gestellt wird, schickt man ihm einen Anwalt, vielleicht sogar einen Pflichtverteidiger, aber … Sehen Sie, es ist mir gleich, wie fair und anständig die Polizisten oder die Stadtväter hier sind, ich weiß, dass ein junger, unreifer Bursche nicht so behandelt wird wie ein Erwachsener und dass ein Fremder ohne Freunde anders behandelt wird als ein Einwohner der Stadt mit Familie und Freunden. Deswegen dachte ich, da er doch Jude ist und Sie hier der Rabbi sind, könnten Sie Ihren Einfluss geltend machen. Ich meine, selbst wenn ich ihm einen Anwalt besorgte, könnte der doch nicht einfach hingehen und sagen, er vertrete William Green, nachdem der gar nicht nach ihm gefragt hat. Verstehen Sie mich?»
«Also gut, Mr. Segal, ich werde versuchen, ob ich William Green sprechen kann, und dann werde ich ihm sagen, dass er nicht allein ist.»
34
Henry Maltzman trommelte ungeduldig mit den Fingern auf seiner Schreibtischplatte. «Wenn Sie Ihr Haus verkaufen wollen, Joe, müssen Sie renovieren. Sie müssen es streichen lassen …»
«Streichen?» Krasker war entsetzt. «Das kostet mich mindestens tausend bis tausendfünfhundert Dollar!»
«Na und? Dafür verkaufe ich es um fünftausend mehr.»
«Geben Sie mir das schriftlich?»
«So weit kommt’s noch! Hören Sie, Joe, kriegen Sie das doch endlich in ihren dicken Schädel: Häuser werden nicht gekauft, sie werden verkauft. Und wenn man sie verkaufen will, müssen sie attraktiv aussehen. Letzte Woche bin ich mit einem Interessenten zu Ihrem Haus rausgefahren; da zieht der ein Taschenmesser heraus und stößt es in den Türrahmen, dort, wo die Farbe abblättert. Ich hab ihn gefragt, was er da tut, und er hat geantwortet, er wollte sehen, ob das Holz verrottet ist. Kapiert? Wenn ein Haus ungepflegt ist, denken die Kunden immer, dass es schlimmer ist, als es aussieht. Aber so viel wird es Sie gar nicht kosten, wenn Sie es herrichten lassen. Es muss ja nicht erstklassige Arbeit sein, so als machten Sie es für sich selbst. Ich habe da ein paar junge Griechen, die klatschen Ihnen für billiges Geld ein bisschen Farbe drauf, und dann sieht es wieder großartig aus.»
Krasker ließ sich überzeugen. «Na schön. Die Männer sollen kommen und mir einen Kostenvoranschlag machen.»
Maltzman lehnte sich zufrieden lächelnd im Sessel zurück. «Ich werde persönlich mit ihnen sprechen und sie bitten, Ihnen einen möglichst günstigen Preis zu machen. Ich vermittle ihnen eine Menge Arbeit, und die Leute sind gut. Übrigens, was ist mit Sonntag? Ich verlasse mich darauf, dass Sie mitmachen.»
Krasker wand sich voll Unbehagen auf seinem Stuhl und heftete den Blick auf die Schreibtischplatte. Es war nicht so einfach, anderer Meinung zu sein als Henry Maltzman. «Ich weiß nicht, Henry», sagte er. «Ich habe lange darüber nachgedacht. Ich finde es schrecklich, einen Rabbi zu feuern, vor allem, wo er doch gar nichts getan hat.»
«Das ist es ja gerade: Er hat nichts getan», antwortete Maltzman schnell. «Ich weiß nicht, wie oft ich den Vorschlag gemacht habe, die Synagoge auszubauen, die Mitgliederzahl zu erhöhen, und statt einverstanden zu sein oder sich wenigstens neutral zu verhalten, hat er sich doch tatsächlich gegen mich gestellt und gesagt, er werde es nicht dulden, es sei gegen die Religion oder so ähnlich. Und praktisch jeder frühere Vorsitzende hat dieselben Schwierigkeiten mit ihm gehabt. Außerdem feuern wir ihn doch gar nicht. Wir stimmen nur gegen eine Verlängerung seines Vertrags.»
«Wo ist da der Unterschied?»
«Kommen Sie, Joe! Ich habe mich ganz genau erkundigt. Als er
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