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Der Rache dunkle Saat - Booth, S: Rache dunkle Saat - One Last Breath

Titel: Der Rache dunkle Saat - Booth, S: Rache dunkle Saat - One Last Breath Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Booth
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das Pissoir benutzten. Quinn steckte die Hände in die Taschen seiner Regenjacke und hielt sich still. Seine Finger fanden einige der Samen, die er von den langen Grashalmen in der Nähe des Flusses gerupft hatte. Als er die Wasserhähne und die Handtrockner laufen hörte, nahm er einen davon aus der Tasche und kaute ihn. Er stellte fest, dass ihn das ein wenig beruhigte. Es sorgte für eine kleine Woge der Befriedigung, wenn er auf den harten Kern biss und dieser mit einer winzigen Explosion zwischen seinen Zähnen zerbarst.
    Quinn versuchte, seine Wut zu unterdrücken, wie er es in der Therapie gelernt hatte. Er wusste, dass er auflodern würde wie eine Stichflamme, wenn er ihr Luft machte. Mit großer Anstrengung zwang er sich, sie in seinem Körper zu verteilen. Er spürte, wie sie in seinen Eingeweiden brodelte und durch die Poren seiner Haut nach draußen sickerte, bis sie in der Kabine wie ein Nimbus um ihn zu schimmern schien. Nachdem seine Wut verflogen war, hatte er Hitzewallungen und schwitzte, und seine Handflächen hinterließen feuchte Flecken an den Wänden, als er sich beim Aufstehen abstützte. Schließlich wagte er es auszuatmen.
    In den vergangenen dreizehn Jahren hatte es Momente gegeben, in denen Quinn unlogische Dinge wütend gemacht hatten. Vor Sudbury war er im Gartree-Gefängnis in Leicestershire gewesen, das ihn an eine Gesamtschule aus den 1960er-Jahren erinnert hatte. Dorthin hatte es nicht einmal eine Busverbindung gegeben; ein Kleinbus des Gefängnisses holte Besucher am Wochenende vom Bahnhof ab, nicht aber unter der Woche, und Taxis waren viel zu teuer. Nicht dass er
dort noch Besucher gehabt hätte – Quinn hatte seine Kinder damals bereits nicht mehr zu Gesicht bekommen.
    Doch es hatte im Gartree-Gefängnis in der Nähe des Haupteingangs ein Besucherzentrum gegeben, mit einem Spielplatz und einem Wickeltisch für Babys. An zwei Nachmittagen in der Woche hatten Freiwillige dort eine Kinderkrippe betrieben. Vielleicht hatten sich einige der Lebenslänglichen dadurch besser gefühlt, doch für Quinn machte der Gedanke, dass in der Nähe des Eingangstors Kinder spielten, alles nur noch schlimmer.
    Nachdem er aufmerksam gelauscht hatte, um sicherzugehen, dass das Toilettenhäuschen leer war, verließ er seine Kabine. Er spuckte den Stiel der Grassamen aus und betrachtete sich ein letztes Mal im Spiegel über dem Waschbecken.
    In der Wuttherapie hatte Quinn mehr gelernt, als die Gefängnisverwaltung jemals für möglich gehalten hätte. Er hatte gelernt, Wut zu erkennen und zu kanalisieren. Er hatte gelernt, dass man sie sich zu Nutze machen konnte. Und er hatte entdeckt, dass Wut einem Kraft geben konnte.
    Quinn schüttelte seine Regenjacke aus und zog sie wieder an. Und dann ging er hinaus in den Regen, den er auf Castleton fallen hören konnte.

24
    William Thorpe saß in einem der Vernehmungsräume in der West Street, die Ellbogen auf den Tisch gestützt und den Kopf gesenkt, als hätte sein Hals nicht mehr die Kraft gehabt, ihn aufrecht zu halten.
    »Sie haben keinen Grund, mich hier zu behalten«, sagte er.
    »Wir möchten Ihnen nur ein paar Fragen stellen, Sir.«
    »Ich hab nichts getan.«
    Diane Fry las in ihrer Akte über William Edward Thorpe nach. Sie ließ sich Zeit und blickte ein wenig finster drein, ehe sie Thorpe wieder ansah. Als Ben Cooper Fry beobachtete, fragte er sich, ob sie schon einmal in Erwägung gezogen hatte, sich eine Lesebrille zuzulegen, die den Gesamteindruck einer missbilligenden Oberlehrerin vervollständigt hätte.
    »Sie sind freiwillig hier, Sir«, sagte Fry. »Sie können jederzeit gehen. Aber wenn wir jetzt nicht ein paar Dinge klären, werden wir uns vielleicht in naher Zukunft noch einmal mit Ihnen unterhalten müssen. Und wenn die Angelegenheit dringlicher wird, werden wir möglicherweise keine Zeit mehr für all die Höflichkeiten haben.«
    Thorpe dachte darüber nach. Einen Moment lang glaubte Cooper, er werde aufstehen und zur Tür hinausgehen. Fry sah ihn nicht einmal an, sondern hielt den Kopf gesenkt, um die Unterlagen vor ihr zu lesen, als wäre es ihr völlig egal gewesen, ob Thorpe blieb oder ging, da sie jede Menge anderer Dinge zu erledigen hatte. Doch Thorpe hatte verstanden, was sie gesagt hatte. Es stand ihm frei zu gehen, weil er freiwillig kooperierte.
Falls sie ihn ein zweites Mal aufgreifen mussten, würde es vielleicht nicht mehr ganz so freiwillig sein.
    »Ich versteh nicht ganz, was Sie von mir wissen wollen«, sagte er.
    Fry

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