Der Rache dunkle Saat - Booth, S: Rache dunkle Saat - One Last Breath
gefragt?«
»Nein. Das wäre auch schwierig gewesen. Wenn er der Vater war , hätte seine Ehe darunter gelitten, weil sie dann gewusst hätte, dass er ihr misstraut. Und wenn er es nicht war... hätte sie ihm dann die Wahrheit gesagt?«
»Ich verstehe, was Sie meinen.«
»Er wollte Rebecca nicht verlieren. Das wollte Mansell auf gar keinen Fall. Aber er musste trotzdem die Wahrheit erfahren.«
»Und was hat er unternommen?«
Mrs. Quinn seufzte erschöpft. »Das spielt doch jetzt keine Rolle mehr, oder? Ich hab die ganze Sache satt. Ich glaube, Sie sollten mich in Ruhe lassen.«
Fry empfand kurzzeitig Mitleid mit der alten Frau. Dann hörte sie, wie im Nachbargarten ein Rasenmäher gestartet wurde. Binnen Minuten würde die Luft voller Sporen frisch gemähten Grases sein – einer der Auslöser, vor denen sie gewarnt worden war. Bald würde sie sich wieder hundeelend fühlen. Der Gedanke daran machte sie übertrieben gereizt.
»Mrs. Quinn«, sagte sie, »Sie haben Ihren Sohn im Gefängnis besucht. Genauer gesagt, waren Sie die Letzte seiner Angehörigen, die ihn besucht hat, nicht wahr? Worüber haben Sie mit ihm gesprochen?«
»Ich hab Ihnen doch gesagt, dass das keine Rolle mehr spielt. Rücken Sie doch mit Ihren Hunden und Ihren Helikoptern aus, und bringen Sie meinen Sohn zur Strecke, wenn Sie unbedingt müssen. Aber warum lassen Sie mich nicht in Frieden?«
»Hat Mansell Sie um einen Gefallen gebeten Mrs. Quinn?«
Die alte Frau machte eine Handbewegung, als wollte sie eine Wespe vor ihrem Gesicht verscheuchen.
»Sehen Sie, ich hielt es für falsch«, sagte sie. »Er hätte nicht in der Vergangenheit herumwühlen und versuchen sollen, jemanden zu beschmutzen, der tot war.«
»Und schon gar nicht jemanden, den er vielleicht selbst getötet hatte?«
Mrs. Quinn machte auf diese Bemerkung hin einen Schmollmund und beschloss, sie zu ignorieren. »Ich hab ihm geholfen, weil... Na ja, ich dachte, es wäre das Letzte, was ich für ihn tun würde. ›Noch diese eine Sache, und dann ist Schluss‹, hab ich gesagt. Das war es, was ich ihm gesagt hab. ›Wenn ich das für dich tue, Mansell, dann war es das. Dann besuche ich dich hier nie wieder.‹«
»Und das hat er akzeptiert?«
»Er hatte keine andere Wahl, oder?«
»Es muss ihm sehr viel daran gelegen haben. Er hat sich damit sozusagen selbst zu vielen Jahren Einzelhaft verurteilt.«
»Ja, es lag ihm sehr viel daran. Es war zu einer Obsession geworden. Wenn Sie die Briefe gelesen hätten, die er mir geschrieben hat, würden Sie das verstehen.«
»Wo sind diese Briefe, Mrs. Quinn?«
»Ich hab sie verbrannt.«
Fry seufzte. »Okay. Und worum genau hat Ihr Sohn Sie gebeten?«
»Er wollte einen Vaterschaftstest machen lassen, um herauszufinden, ob Simon tatsächlich sein Sohn ist. Man kann ein Probe-Set kaufen und es dann zum Testen einschicken. Rebecca hat nie davon erfahren. All das geschah vor zehn Jahren.«
»Vor zehn Jahren«, wiederholte Fry nachdenklich. »Ungefähr zu der Zeit, als er anfing zu behaupten, dass er nicht des Mordes schuldig sei.«
»Ungefähr zu der Zeit.«
Fry kannte die Art von Set, von dem Mrs. Quinn sprach. Es enthielt zwei Mund-Abstrichtupfer, um Zellen von der Innenseite der Wange zu entnehmen – einen für den Vater und einen
für das Kind. Das war sehr einfach und absolut ungefährlich. Die Berichte waren ziemlich umfassend und eindeutig, auf die eine oder andere Weise. Sie bestätigten mit hundertprozentiger Sicherheit, dass kein verwandtschaftliches Verhältnis bestand, oder gaben mit 99,5-prozentiger Wahrscheinlichkeit an, dass eines bestand. Das reichte aus, um nötigenfalls auch vor Gericht standzuhalten.
Sie stellte sich vor, wie Quinn in seiner Gefängniszelle Tabellen mit Erbfaktoren, Erkennungsmerkmalen und Chromosomenpositionen studierte. Vermutlich hatte er lange auf das Testergebnis warten müssen. Da es damals in Großbritannien noch keine Labors gegeben hatte, die Vaterschaftstests machten, mussten die Proben vermutlich in die USA oder nach Australien geschickt werden. Außerdem hatte es ihn bestimmt einige Hundert Pfund gekostet.
Doch dann verfinsterte sich ihr Gesichtsausdruck abermals. Wie war er ohne Rebeccas Wissen an eine Probe von Simon gelangt? Sicher gab es Firmen, die DNA aus Haarwurzeln, Zahnbürsten, Einwegrasierern und getrocknetem Blut oder Speichel entnehmen konnten. Doch Quinn hatte im Gefängnis keinen Zugang zu seinem Sohn, außer zu den Besuchszeiten.
»Hat seine Familie deshalb
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