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Der Rache kaltes Schwert - Crombie, D: Rache kaltes Schwert - And Justice there is None

Der Rache kaltes Schwert - Crombie, D: Rache kaltes Schwert - And Justice there is None

Titel: Der Rache kaltes Schwert - Crombie, D: Rache kaltes Schwert - And Justice there is None Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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kritisierte.
    Ich glaube, da steckt mehr dahinter, als man im ersten Moment denken mag, Doug. Es würde sich lohnen, den Burschen noch mal zu vernehmen. Lassen Sie sich diesmal Zeit und versuchen Sie sich in ihn einzufühlen.
    »So wie Sergeant James«, imitierte Cullen Kincaids Kommentar,
den er zwischen den Zeilen zu lesen glaubte. Die unschätzbare Gemma James, die offenbar in ihrer gesamten Laufbahn bei Scotland Yard noch nie einen Fehler gemacht hatte, und die, wie Kincaid ihm immer wieder gesagt hatte, ein besonderes Talent für die Vernehmung von Verdächtigen hatte.
    Cullen ging in die Küche und starrte missmutig in seinen leeren Kühlschrank. Er hatte eigentlich eine Haltestelle früher aussteigen wollen, um sich ein Sechserpack Bier zu kaufen, hatte aber dann überhaupt nicht mehr daran gedacht. Er füllte ein Glas mit Leitungswasser und blickte aus dem Fenster auf den Verkehr, der über den nassen, öligen Asphalt der Euston Road rollte.
    Natürlich hatte er den Büroklatsch über Kincaids Verhältnis mit seiner ehemaligen Mitarbeiterin mitbekommen, und er war geneigt, Kincaids Verehrung für sie auf seine persönliche oreingenommenheit zurückzuführen. Aber selbst wenn Sergeant James tatsächlich eine vorbildhafte Kriminalbeamtin war, hieß das noch lange nicht, dass er ständig an ihr gemessen werden musste, oder?
    Cullen war einsichtig genug, um zu erkennen, dass ein Gutteil seines Zorns auf Gemma James mit seinen Zweifeln an seiner eigenen Leistung zu tun hatte. Natürlich war er ein guter Kriminalbeamter, das wusste er, und er wusste, dass er diesen Job beim Yard nie bekommen hätte, wenn seine Zeugnisse nicht für ihn gesprochen hätten. Er konnte analytisch denken, er war gründlich und besaß Organisationstalent, aber er wusste auch, dass sein großer Schwachpunkt seine Ungeduld bei der Vernehmung von Zeugen und Verdächtigen war. Er wollte schnelle Ergebnisse, und er wollte sie immer schwarz auf weiß – und beides war im Polizeialltag eher unwahrscheinlich.
    Zum Teil führte er diese Eigenschaften auf seinen familiären Hintergrund als Sohn eines Rechtsanwalts im kleinbürgerlichen St. Albans zurück, zum Teil auf seine Vorliebe für
amerikanische Fernsehkrimis, in denen die harten Burschen am Ende der Sendung regelmäßig den Täter schnappten.
    Aber gewiss konnte er auch Geduld lernen, so wie alles andere. Und sein jungenhaftes Gesicht, das ihm solchen Kummer bereitete, verschaffte ihm im Grunde einen großen Vorteil – die Menschen vertrauten sich ihm leicht an. Wenn er sich dazu bringen könnte, einfach ruhig dazusitzen und zuzuhören, dann – so wurde ihm zunehmend klar – würde er mit seiner verständnisvollen Art auch den hartgesottensten Kriminellen an seinem wunden Punkt fassen können.
    Und war es nicht das, was sein Chef ihm eigentlich sagen wollte, wenn er einmal von seiner Abneigung gegen Gemma James abzusehen versuchte? Sie war schließlich auch nur eine gewöhnliche Sterbliche und hatte sich vermutlich in ihren ersten Monaten als Kincaids Sergeant genauso durchwursteln müssen wie er selbst. Wenn er sie einmal persönlich kennen lernen würde, als Mensch aus Fleisch und Blut, dann würde das vielleicht das Gespenst ihrer Vollkommenheit aus seinem Kopf vertreiben. Und die gute alte Neugier spielte bei seinen Überlegungen auch eine gewisse Rolle, wie er sich eingestehen musste.
    Er schlenderte zurück ins Wohnzimmer und begann mechanisch aufzuräumen, während er über die verschiedenen Möglichkeiten nachgrübelte. Es war nicht sehr wahrscheinlich, dass ihn in naher Zukunft irgendein Auftrag zufällig zur Polizeiinspektion von Notting Hill führen würde, und er wusste auch nichts von irgendwelchen anstehenden gesellschaftlichen Anlässen … es sei denn, er würde selbst einen Anlass schaffen. Seine Freundin Stella nervte ihn doch ständig, weil er sich nicht genügend für ihre Dinnerpartys begeistern konnte – und wenn er nun selbst eine vorschlagen würde?
    Allerdings nicht hier. Angewidert blickte er sich um. Seine kleine Wohnung in einem hässlichen Betonblock aus den sechziger Jahren am Nordrand von Bloomsbury war für Londoner
Verhältnisse sehr günstig gewesen, aber es mangelte ihr an Charme, und besonders gemütlich war sie auch nicht. Und als ob das nicht schon schlimm genug wäre, hatte Stella, die als Einkäuferin für ein schickes Einrichtungshaus arbeitete, sie ihm auch noch in neutralen Grautönen ausgestattet. Sie hatte steif und fest behauptet, die

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