Der Rache Suesser Klang
Kartenhaus.
Dana konnte nur starren. Er stand vor ihr mit zerzaustem Haar und rotgeränderten Augen. Sein Hemd war offen, so dass sie die Muskeln und das goldene Haar sehen konnte. Ihr Blick wanderte abwärts zu den ausgeblichenen Jeans, die sich eng um seine Hüften schmiegten. Der Reißverschluss war geschlossen, der Gürtel allerdings offen. Seine Füße waren nackt. Innerlich schmolz sie vor Verlangen dahin. Sie leckte sich über die Lippen und versuchte, Worte aus ihrer Kehle zu bringen. Als sie sie aussprach, klangen sie eingerostet. »Ich habe dich geweckt. Es tut mir leid.«
Er schüttelte den Kopf. »Ich habe nicht geschlafen.« Mit höflicher Geste trat er einen Schritt zurück, damit sie eintreten konnte. Mit einer ebenso höflichen Geste tat sie es.
Aber das leise Klicken der Tür beendete jegliches höfliche Gehabe, und sie lag in seinen Armen, wühlte ihre Hände durch sein Haar und presste in verzweifelter Sehnsucht nach Erleichterung ihre Brüste an ihn. Er hob sie hoch und war mit zwei Schritten an der Wand, drückte sie dagegen, schmiegte sich an ihren Körper, legte dann seine Hände um ihr Hinterteil, hob sie noch weiter an, und sie konnte ihn spüren, oh, ja, sie konnte ihn spüren, hart und pulsierend.
Gierig kam sie seinem Mund entgegen, und sie verschlangen einander, und sie erkannte, dass er es genauso brauchte wie sie. Seine Lippen waren heiß, der Kuss beinahe brutal in seiner Wildheit. Er schien es zu bemerken, denn er zog sich ein Stück zurück und ließ seine offenen Lippen über ihren Hals gleiten. Sein Atem ging stoßweise, als sei er eine Meile gerannt. Sanft küsste er die Mulde an ihrer Kehle. Dann schmiegte er sein Gesicht an ihr Schlüsselbein und schauderte.
»Ich brauchte dich«, flüsterte er, und ihr Herz schlug Purzelbäume. »Woher wusstest du das?«
Mit bebenden Hände strich sie ihm über das Haar. »Ich wusste es nicht. Ich wusste nur, dass ich nicht allein sein wollte. Dass ich bei dir sein wollte.«
»Habe ich dir wehgetan?«
»Sch, nein.« Sie spürte seine Traurigkeit, stärker als zuvor. Aber es war nicht nur Traurigkeit. Es war Verzweiflung. Was immer ihn in die Stadt geführt hatte, war schlimmer geworden. Viel schlimmer. »Was ist los, Ethan? Kann ich dir nicht doch helfen?«
Er richtete sich auf, zog sie von der Wand weg und an seinen Körper. Fuhr mit einer Hand ihren Rücken aufwärts und legte sie ihr in den Nacken. Zog sie näher, bis sich ihre Wange an seine nackte Brust legte und das raue Haar sie kitzelte. »Bleib einfach bei mir. Nur eine kleine Weile.«
Nur eine kleine Weile? Dana war sich nicht sicher, ob das ausreichen würde. »Also gut.« Und so stand sie da, strich mit der Wange über seine Brust, hielt ihn fest und wiegte ihn kaum merklich, als tanzten sie zu einer unhörbaren Musik. Sah den Schmerz in seinen Augen, den grimmigen Zug um seinen Mund. Und wusste, dass die Erlösung, auf die sie gehofft hatte, noch würde warten müssen. »Hast du etwas gegessen?«
»Nein.« Als er sie ansah, veränderte sich die Intensität seiner grünen Augen. Der Schmerz war noch immer da, aber nun gemischt mit derselben Erkenntnis, die sie darin jedes Mal gesehen hatte, wenn sie beieinander waren. Und in ihrer Magengrube begannen die Schmetterlinge zu flattern. »Ich hatte vor, dich anzurufen und mit dir essen zu gehen. Jetzt habe ich vor, den Zimmerservice zu bemühen.«
»Und bis der kommt, könnten wir ja eigentlich hier bleiben, oder?«
»Könnten wir.« Er zog einen Mundwinkel hoch, und obwohl es kein echtes Lächeln war, wirkte er schon ein klein wenig entspannter. Sie küsste ihn sanft.
»Schon besser.«
Er seufzte. »Du siehst nicht so aus, als sei dein Tag erfreulicher als meiner gewesen. Geht es Caroline wieder schlechter?«
»Nein, eigentlich nicht. Aber …«
»Aber was?«
Sie hätte es ihm so gern erzählt. Hätte so gern alles herausgelassen, ihren Kopf an seine Schulter gelegt und von ihm gehört, dass alles wieder gut würde. Aber sie konnte es nicht. Zumindest nicht alles. Im Grunde war es ein echter Witz, und vielleicht würde sie eines Tages darüber lachen können: Sie war heute Abend mit der vollen Absicht hergekommen, ihn ins Bett zu kriegen. Sie war bereit, ihren Körper zu verschenken, noch bevor sie ihr Innenleben offenbarte.
Sie seufzte und erzählte ihm, was sie konnte. »Ein Freund von mir ist heute getötet worden. Alles deutet auf einen Überfall hin.« Sie hoffte, dass es ein Überfall gewesen war. Hoffte es von
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