Der Rache Suesser Klang
müssen, wie sie aussah, und Bush war klug genug, sich das auszurechnen.
»Ich will ein Band, auf dem sie mit dem Kind weggeht, so dass wir das vor Gericht vorlegen können, da wir beweisen müssen, dass sie gegen die Auflagen verstoßen hat. Vielleicht erreichen wir dann für den Vater das uneingeschränkte Sorgerecht.«
Bush musterte ihn eingehend. »Und Sie sind ganz sicher, dass die Mutter nicht der geeignetere Elternteil ist?«
»Oh ja, da bin ich ganz sicher. Nun, da wir definitiv wissen, dass sie Montag hier war, schließen wir daraus, dass sie irgendwann zwischen Freitag- und Montagmorgen hier eingetroffen sein muss. Ich habe bisher nur die Ausgänge beobachtet. Ich bin jetzt bei Freitagabend Viertel nach neun.«
»Sie sollten mal wieder eine Pause einlegen. Sie wirken erschöpft. Und nervös.« Er warf Ethan einen langen Blick zu, den zu verstehen man kein Genie sein musste. Bush wusste, dass hier etwas nicht ganz koscher war. »Eines der Dinge, die ich in meinen fünfundzwanzig Jahren bei der Polizei gelernt habe, ist, dass man hin und wieder Hilfe annehmen sollte. Das macht einen zu keinem schlechteren …« Er zögerte absichtlich. »Cop.«
»Ich bin kein Cop«, gab Ethan zurück.
»Das sind Sie nicht«, stimmte Bush ihm zu. »Ein Soldat vielleicht, aber kein Cop.«
»Kein Soldat.« Die Antwort kam automatisch. Marines waren keine Soldaten. Marines waren Marines. Und aus Bushs Reaktion konnte er schließen, dass der ältere Mann genau diese Reaktion erwartet hatte. Er hatte ihm direkt in die Hände gespielt.
Bush lachte leise. »Und wo haben Sie gedient, Buchanan?«
»Afghanistan.«
Bush schnitt ein Gesicht. »Sand.«
Ethan nickte grimmig. »Gott, ja.«
»Und Sie sind ausgestiegen?«
Ethan schüttelte den Kopf. »Ausgemustert worden. Landmine, danach ein Hinterhalt.«
»Ich war in Vietnam. Die Regierung hat die meisten von uns in den Siebzigern entlassen. Wurde dann ein Cop.«
»Mein Partner auch. Er ging zur Polizei, meine ich. Heute würde ich wahrscheinlich nicht einmal mehr den Sehtest bestehen.«
»Zum Teufel, Junge. Ich würde jetzt keinen einzigen Test mehr bestehen. Ich bin verdammt noch mal zu alt. Aber ich habe so lange gedient, wie ich konnte, und ich bin stolz auf das, was ich getan habe. Und das sollten Sie auch sein.«
Ethan zögerte, handelte dann jedoch aus dem Bauch heraus. »Ich suche nach dieser Frau, aber sie ist uns irgendwie immer ein paar Schritte voraus. Ich habe Bilder von ihr vom Hals abwärts, aber keins von ihrem Gesicht.«
»Und der Papa des Kinds hat kein Foto von ihr?«
Ethan sah Bush direkt an. »Sie sieht inzwischen ganz anders aus.«
Bush grunzte. »Das können Frauen gut. Und Sie sind wirklich sicher, dass sie der faule Apfel ist, Buchanan?«
»Absolut.«
»Haben Sie die Bilder dabei?«
Ethan klopfte auf seine Mappe. »Da drin.«
Bush rollte mit den Augen. »Brauchen Sie eine schriftliche Einladung, Junge? Zeigen Sie her.« Er wischte sich die Hände sauber und nahm die Bilder. Und stieß einen gedehnten Pfiff aus.
»Ja, dezente Kleidung ist nicht ihr Ding.«
»Und so was am helllichten Tag«, sagte Bush. »Sie hat eine Tätowierung.«
»Ja, ich weiß. Ich habe ein paar Vergrößerungen davon. Fängt mit A an.«
»Nein, die meine ich nicht. Ich meine diese.« Bush kniff die Augen zusammen und hielt eins der Vergrößerungen ihrer Hände ins Licht. »Eine Gefängnistätowierung. Hier am Ringfinger. Sehen Sie das kleine Kreuz unter dem Knöchel? Das heißt, sie hat gesessen.«
Ethan blickte nicht auf ihre Knöchel. Er sah auf ihre Hände. Die das Buch über Zeichensprache hielten. Sie trug keine Handschuhe, und das Buch hatte einen Hochglanzeinband. Es musste Fingerabdrücke geben. Und wenn sie im Gefängnis gewesen war, waren die Abdrücke gespeichert. Er hatte sich so auf ihr Gesicht konzentriert, dass er die Hände vernachlässigt hatte. Vielleicht hatten sie nun endlich etwas für die Polizei. Er musste mit Clay sprechen.
Chicago
Mittwoch, 4. August, 9.00 Uhr
Tja, diesmal hatte Ruby sich geirrt, dachte Sue, während sie aus dem Fenster zur Straße vor dem Frauenhaus sah. Evie umarmte Beverly, die Frau, die heute nach Kalifornien reisen sollte. Ruby hatte ihr versichert, dass Dupinsky die dahinziehenden Klientinnen stets mit großem Staat zum Busbahnhof fuhr. Aber anscheinend hatte Dupinsky einen neuen Freund, den sie vorzog. Wie süß.
Beverly jedenfalls würde nicht »California, here I come« singen. Sie wandte sich um und
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