Der Rache Suesser Klang
besorgen? Es wird Zeit, dass ich Pate werde.«
Clay warf einen Blick durch die Tür zu Stan. »Er wird auch einen brauchen. Und du wirst deine Rolle sehr gut ausfüllen, Ethan. So, und jetzt gehst du in dein Zimmer zurück und legst dich hin, ja?«
»Nein, jetzt gehe ich erst zu Evie. Dann verschwinde ich hier und sehe zu, dass ich Mitchell und Reagan finde, und du wirst kein einziges Wort dagegen sagen. Im Gegenteil – du wirst mich fahren.«
»Ethan …«
Ethan konzentrierte sich darauf, den Korridor entlangzugehen, ohne gegen die Wände zu prallen. »Ich meine es ernst. Ich werde nicht …«
»Ethan, warte doch. Da ist ein Anruf.« Ethan drehte sich um und sah, wie Clay sein Handy ans Ohr hielt. »Das war Mitchell. Kann sein, dass sie etwas haben.«
Chicago
Freitag, 6. August, 15.55 Uhr
Der Wecker schrillte. Gähnend drückte Sue den Knopf. Dieses Hotelzimmer war nicht so schön wie das, das sie im Excelsior gebucht hatte, aber der Laden wimmelte nur so von Bullen. Und außerdem war es hier immer noch netter als in der Absteige, in der sie den Jungen gelassen hatte. Sie würde in ein paar Stunden nach Gary fahren, ihn holen und in den Keller bringen, wo Randi ihrem Schicksal begegnen würde.
Sue verspürte ein Kribbeln der Erregung. Bald würde sie sehen, wie Männer mit Miranda Cook Dinge anstellten, die sie sich in ihren schlimmsten Träumen nicht hätte ausmalen können, und zwar Männer, die Jahre Zeit gehabt hatten, ihren Zorn zu kultivieren. Sechs wütende Männer konnten einer Frau verdammt viel Schlimmes antun. Es war clever, Dupinsky als zweiten Gang in Reserve zu haben. Wenn die Jungs einmal begonnen hatten, würde ein Opfer nicht ausreichen. Sie würde ihnen Dupinsky ausliefern, während sie selbst Miranda den Rest gab.
Miranda würde verletzt und gedemütigt und völlig vernichtet sein – aber bei Bewusstsein. Genau wie Sue es haben wollte, denn wenn sie an der Reihe war, würde sie das Kind ins Spiel bringen. Sue hoffte, dass der Junge nach den vielen Tabletten noch am Leben war. Sie wünschte sich jetzt, sie wäre etwas zurückhaltender gewesen, aber zu dem Zeitpunkt war sie so wütend über den Fluchtversuch gewesen … Nun, sie hatte den Kopf verloren. Aber wenn er starb, wäre das auch nicht weiter schlimm. Sue konnte behaupten, er sei nur bewusstlos, und Miranda würde es ihr schon glauben. Miranda hatte ihr immer schon alles Mögliche und Unmögliche geglaubt.
Sue würde das Kind irgendwo hinlegen, wo Miranda es während der letzten Minuten auf dieser Erde sehen konnte. Sue würde Miranda foltern, wie sie es mit Mirandas Mutter gemacht hatte, mit kleinen, wohl platzierten Schnitten und Hieben, die Knochen brechen ließen. Miranda würde um Gnade betteln, aber es würde keine geben. Und dann, wenn der Schmerz so groß war … so gewaltig, würde sie Miranda die alles vernichtende Strafe verpassen.
Eine kleine Pille. Die einen Menschen rasch tötete. Miranda würde dann die Wahl haben. Das Leben des Kindes gnädig zu beenden oder selbst schmerzlos zu sterben. »Sophies Entscheidung« war nichts dagegen.
Und wie sie Miranda kannte, würde sie keine Wahl treffen. Sie würde nur daliegen und verbluten, während Sue zusah. Aber das wäre auch nicht so übel, denn vielleicht schlimmer als der körperliche Schmerz würde für Miranda das Wissen sein, dass sie definitiv sterben musste und der Junge noch lange neben ihr liegen würde. Ungeschützt. Vielleicht stunden-, tagelang. Allein. Hungrig. Dehydriert. Die Anfälle würden kommen, doch es gäbe keine Medikamente, die sie unterdrückten. Das Kind würde langsam krepieren, und Miranda würde in dem Wissen sterben, dass sie nichts, aber auch gar nichts dagegen unternehmen konnte.
Dann, und erst dann, wusste Miranda wirklich, was es bedeutete, machtlos zu sein.
Es war ein guter Plan, und Sue war zufrieden mit sich. Sie sprang beschwingt aus dem Bett. Das Nickerchen hatte sie erfrischt. Heute Abend hatte sie zu tun, und morgen war sie auf dem Weg nach Toronto, wo sie einen Flug nach Paris unter dem Namen Carla Fenton gebucht hatte – unter einem Namen, den die Polizei niemals aufspüren würde.
Und heute um fünf Uhr werde ich reich sein.
Um fünf? Sie war hier in Chicago, und nach der hiesigen Zeit war bis dahin nur noch ein paar Minuten Zeit. Lächelnd holte sie ihren neuen Laptop aus dem Rucksack, den sie mit dem Geld der Vaughns bezahlt hatte. Der Laptop war mit allem ausgestattet, was eine vermögende Frau brauchte,
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