Der Rache Suesser Klang
schlagartig, als die Kellertür zukrachte. Jemand kam. Sie blinzelte, versuchte etwas zu sehen, aber die Dunkelheit war absolut. Mäuse klangen in der Dunkelheit sehr viel größer, wie sie festgestellt hatte.
Sie hatte keine Ahnung, wie spät es war, aber es musste langsam Abend werden, denn die Hitze war längst nicht mehr so drückend wie zuvor. Ihre Muskeln schmerzten durch den Mangel an Bewegung, die Kunststofffesseln saßen fest. Sie war erschöpft, und ihr war heiß, und sie hatte furchtbaren Durst. Und mit jeder Minute, die verstrich, bekam sie mehr Angst. Sie hatte versucht, ihre Furcht einzuteilen und wegzuschließen, aber sie war zu groß geworden.
Die Schritte kamen näher. Dieses Mal waren es keine Jugendlichen, die einen Joint rauchen wollten. Ihr Herz begann, härter und schneller zu schlagen. Bitte lass es nicht Sue und ihre Freunde sein. Denn Randi Vaughn war nicht hier.
Nur ich bin hier.
Bilder von dem, was ihr bevorstand, waren ihr den ganzen Tag durch den Kopf gegangen, denn man musste kein Spitzenwissenschaftler sein, um sich auszumalen, was Sue für Randi geplant hatte. Sue setzte Sex mit Macht und Strafe gleich.
Was immer kommen würde, würde schlimmer als Danas übelste Alpträume sein. Sie würden sie vergewaltigen. Ihr wehtun. Sie töten. Sie würde ihre Familie oder Freunde nie wiedersehen. Evie, Caroline, Mia.
Ethan.
Sie würde nie mehr spüren, wie er sie in den Armen hielt. Wie er ihre Ängste milderte. Niemals mehr das Gefühl haben …
ganz
zu sein. Er hatte ihr das Gefühl gegeben, ganz und komplett zu sein, erkannte sie jetzt. Körperlich und emotional. In der vergangenen Nacht hatte er etwas so Richtiges gesagt. Er war ihr zu nah gekommen, und sie hatte ihn weggestoßen. Jetzt bereute sie das zutiefst. Sie würde es wieder geraderücken, wenn sie ihn jemals wiedersah.
Die Deckenbeleuchtung ging an, und sie blinzelte. Ein paar Sekunden später blickte sie zu Sue Conway auf, die drohend vor ihr aufragte, die Augen verengt und voller Zorn. Und bevor Dana sich fürchten konnte, trat Sue ihr schon mit aller Kraft in die Rippen, und ohne dass Dana mit den gefesselten Händen den Sturz abbremsen konnte, schrammte sie mit dem Gesicht über den Boden. Ein zweiter Tritt traf sie ins Rückgrat, ein dritter ihren Oberschenkelknochen. Dann bückte Sue sich, riss Dana am T-Shirt hoch und rammte sie gegen die Betonwand.
Irgendwas ist schief gelaufen,
war alles, was Dana durch den dichten Nebel aus Schmerz denken konnte. Dies war nicht die kalte, beherrschte Sue, die annahm, anpasste und verbesserte. Diese Frau war nicht weit von einem knurrenden, zähnefletschenden Tier entfernt, das man in die Ecke getrieben hatte. Freude und Erleichterung drang durch die Schmerzen. Bestimmt hatten sie Alec gefunden. Und ohne Alec war Sues Plan gescheitert.
Die Freude war jedoch nur von kurzer Dauer, als Sues Faust gegen ihren Wangenknochen krachte. Tränen brannten in ihren Augen, und sie zog den Kopf ein, unfähig, sich vor dem nächsten Schlag zu schützen. Seit Eddie war sie nicht mehr verprügelt worden.
Eddie, ihr Vater, ihr Stiefvater. Sie schaffte es nicht, den Schmerzensschrei zu unterdrücken, als Sue ihr das Klebeband von den Lippen riss und die oberste Hautschicht mitnahm.
»Du wirst dich noch auf den Tod freuen«, sagte Sue heiser. »Du wirst mich anbetteln, dich umzubringen, bevor ich mit dir fertig bin.«
Dana holte tief Luft, das erste Mal, dass sie es konnte, seit Sue ihr den Mund zugeklebt hatte. Wie lange war das her?
Wie spät ist es?
»Du hast Alec verloren«, stellte Dana fest und erlebte das Vergnügen, Sue einen Moment fassungslos zu sehen, aber auch dieses Vergnügen war kurzlebig. Ein weiterer harter Schlag traf ihren Kiefer, und es knirschte so grausig, dass Dana glaubte, er sei gebrochen. Dennoch konnte sie nicht aufhören, diese Frau zu reizen. »Du solltest mit deinem Sohn wirklich achtsamer umgehen, Sue. Das ist das zweite Mal, dass du ihn verloren hast. Wird das eine Angewohnheit?«
Sues Augen verengten sich. »Was weißt du?«, fragte sie mit eiskalter Stimme.
Dana drängte die Angst zurück und sah in Sues Augen. »Ich weiß ziemlich viel über dich, Sue Conway. Tatsächlich eine ganze Menge mehr, als du über mich weißt.«
»Das will ich hören«, erklang eine männliche Stimme, und Dana sah über Sues Schulter, als die andere sie auch schon gegen die Wand drückte und herumwirbelte.
Ein Mann Ende vierzig, vielleicht Anfang fünfzig näherte sich, in seiner
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