Der Rache Suesser Klang
Seufzer zog sie Ethans Handy aus der Tasche. Und blickte auf die hübschen Zahlen. Gab die Nummer vom Hanover House ein. Hielt das obere Teil ans Ohr und sprach unten hinein. Und grinste freudlos, als sie sich erinnerte.
»Evie, ich bin’s, Dana.«
»Was ist das für eine Nummer, die ich hier auf dem Display sehe?«
Die Nummer war nicht unterdrückt. Wieso auch. Wenigstens wusste Evie jetzt, dass sie über Handy erreichbar war. »Die von meinem … meinem neuen Handy.«
Evie lachte ungläubig. »Woher hast du denn ein Handy, Miss Geizkragen?«
Der Spott war nicht scherzhaft gemeint. Sie und Evie mussten sich unbedingt vernünftig unterhalten. »Es war ein Geschenk. Du kannst mich von jetzt an darauf anrufen, wenn du Verbindung mit mir aufnehmen willst.«
»Ist mit Caro alles okay?«
»Ja. Und mit dem Baby auch.« Im Augenblick. »Was ist los?«
»Es geht um Jane und Erik.«
Dana seufzte. »Was ist mit ihnen?« Sie hörte zu, als Evie ihr erzählt hatte, was ihr Sorgen machte, und runzelte die Stirn, als sie von dem fehlenden Benadryl erfuhr.
»Ich hätte ihr nur die eine Dosis geben dürfen, aber ich war wegen Lillian nicht ganz bei mir. Ich will mich damit nicht herausreden.«
»Schon gut. Es ist ja nicht so, als ob wir nicht alle Fehler machen würden. Ist er jetzt wach?«
»Nicht wirklich. Er ist ziemlich groggy, und ich glaube, ich dringe nicht zu ihm durch. Ich habe keine Ahnung, wie viel sie ihm gegeben hat, aber sein Puls kommt mir ziemlich normal vor.«
Dana sah auf die Uhr. »Dr. Lee kommt heute Nachmittag vorbei. Wo ist Jane denn jetzt?«
»Auf Arbeitssuche.«
»Ruf Dr. Lee an und frag ihn, ob er früher kommen kann. Ich hätte gern, dass er sich den Jungen ansieht, ohne dass Jane dabei ist. Und er soll Erik neue Medikamente gegen die Epilepsie mitbringen. Vielleicht hat Jane deswegen das Benadryl genommen – weil sie kein anderes Mittel mehr hatte.«
Evie schwieg einen Moment. »Glaubst du dran?«
Dana seufzte erneut. Dachte an die kleinen Narben auf Janes Armen, an die feindliche, explosive Reaktion, die ihre durchscheinenden Augen verhärtet hatte, als sie sich bewusst geworden war, dass Dana sie entdeckt hatte. Drei Frauen hatten ein ausgesprochen schlechtes Gefühl bei dieser Klientin. Sie, Caroline und nun Evie. »Nein. Und sag das auch Dr. Lee. Oh, und Evie? Gute Arbeit. Wirklich richtig gute Arbeit.«
Wieder Stille, diesmal eine überraschte. »Danke. Das musste ich hören. Dana, du klingst so müde. Ich komme hier zurecht. Willst du nicht nach Hause fahren und ein bisschen schlafen?«
»Mia will nicht, dass ich zu mir fahre. Wegen Goodman. Ich schlafe hier.«
»Ähm … Dana? Hast du mein Make-up genommen? Es ist nicht in meinem Zimmer, und ohne kann ich nicht rausgehen.«
Das Make-up, ohne dass Evie nie das Haus verließ. Ihr Schutzschild. Wahrscheinlich hatte jeder Mensch so einen Schild. Evies befand sich einfach nur in einer Kunststoffverpackung. »Evie, du weißt, dass ich dein Make-up nicht anrühre. Aber ich kann dir neues besorgen. Geh und schau nach Erik. Wir sehen uns später.«
Dana legte auf und lehnte den Kopf zurück. Schlief ein. Und träumte.
Chicago
Dienstag, 3. August, 12.40 Uhr
M an konnte durchaus sagen, dass er es nicht hatte kommen sehen. Weil Fred so ein verdammter Vollidiot war. Nun hatte sie ihn, wo sie ihn hatte haben wollen, und darüber hinaus sein hübsches halbes Pfund Koks, mit dem sie handeln konnte.
Da, wo sie ihn haben wollte. Mit seinen eigenen stinkenden Socken geknebelt und mit seinen eigenen Fesseln ausgestreckt ans Bett gekettet, so dass sie mit ihm tun konnte, was immer sie wollte. Und sie wollte viel. Denn er hatte es verdient. Er hatte sie erpresst, genötigt, sie wie eine Hure behandelt. Wie seine Sklavin.
Sue war keine Sklavin. Eine Tatsache, die Fred nun begreifen würde.
Er hatte sie um zwölf Uhr mittags in ein Motelzimmer bestellt, und sie war mit dem halben Pfund Kokain, das sie für ihn abgeholt hatte, ihren Waffen, den Papieren für das Auslandskonto, das sie soeben eröffnet hatte, sowie verschiedenen anderen Kleinigkeiten, die sie zur Umsetzung ihres Plans brauchte, pünktlich eingetroffen. Sie war an diesem Morgen in der Tat sehr produktiv gewesen.
Sie hatte außerdem den letzten Rest des Pulvers mitgebracht, das sie gekauft hatte, um James bei ihrer kleinen Feier vor Wochen zu betäuben. James hatte sie so viel davon eingeflößt, dass es ihn niedergestreckt hatte. Fred hatte nur so viel bekommen, dass er
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