Der Raecher
Eines befindet sich in Den Haag, das größere in Amsterdam, De Cuserstraat Nr. 11.
In dieser Vertretung war es, wo Amelie Dykstra, eine einheimische Angestellte, die ihr Gehalt vom niederländischen Außenministerium bezog, den vor ihr sitzenden Antragsteller freundlich bediente.
»Sind Sie Brite, Mr. Nash?«
Aus dem Pass in ihrer Hand ging hervor, dass Mr. Henry Nash in der Tat Brite und von Beruf Geschäftsmann war.
»Was ist der Zweck Ihres Besuchs in Surinam?«, fragte sie.
»Meine Firma erschließt neue Gebiete für den Tourismus, insbesondere baut sie Ferienhotels in Küstenlagen«, antwortete der Engländer. »Ich möchte feststellen, ob es in Ihrem Land, ich meine in Surinam, solche Gebiete gibt, ehe ich nach Venezuela weiterreise.«
»Sie sollten das Ministerium für Tourismus aufsuchen«, empfahl die Holländerin, die selbst noch nie in Surinam gewesen war. Nach allem, was Dexter über die malariaverseuchte Küste des Landes in Erfahrung gebracht hatte, war ein solches Ministerium ein Paradebeispiel für realitätsfremden Optimismus.
»Genau das habe ich gleich nach der Ankunft vor, meine Liebe.«
Unter dem Vorwand, die letzte Maschine am Flughafen Schiphol erwischen zu müssen, bezahlte er seine fünfunddreißig Gulden, bekam das Visum und ging. In Wahrheit flog er nicht nach London, sondern nach New York.
McBride flog erneut nach Süden, diesmal über Miami nach Surinam. Ein Wagen aus San Martin holte ihn am Flughafen Parbo ab und brachte ihn nach Osten zum Grenzübergang am Commini-Fluss. Die Ojos Negros, die ihn begleiteten, fuhren einfach an der Warteschlange vorbei, nahmen die Fähre in Beschlag und bezahlten keine Gebühr für die Fahrt auf die andere Seite.
Während der Überfahrt stieg McBride aus dem Wagen und blickte in die braunen Fluten, die sich träge in Richtung aquamarinblaues Meer wälzten, doch Schwärme von Moskitos und die schwüle Hitze ließen ihn in den angenehm kühlen Mercedes zurückflüchten. Die Geheimpolizisten, die Oberst Moreno geschickt hatte, quittierten sein törichtes Verhalten mit einem frostigen Lächeln, doch die Augen hinter den dunklen Brillengläsern blieben stumpf.
Vom Grenzfluss führte eine holprige, mit Schlaglöchern übersäte Straße aus der Kolonialzeit ins vierzig Kilometer entfernte San Martin City. Zu beiden Seiten der Straße breitete sich Dschungel aus, der dann zur Linken den Sümpfen wich. Diese wiederum machten Mangroven Platz und wurden schließlich vom Meer abgelöst. Zur Rechten erstreckte sich der dichte, sanft ansteigende Regenwald landeinwärts bis zum Zusammenfluss von Commini und Moroni und von dort weiter bis nach Brasilien.
Ein Mann, überlegte McBride, konnte sich da drin schon nach einer halben Meile verirren. Dann und wann entdeckte er einen Weg, der von der Straße abzweigte und in den Busch führte, zweifellos zu einer kleinen Farm oder Plantage unweit der Straße.
Sie überholten nur wenige Fahrzeuge, hauptsächlich Kleintransporter oder verbeulte Landrover, die offenbar besser gestellten Bauern gehörten; dann und wann auch einen Radfahrer, auf dem Gepäckträger einen Korb, in dem er die Früchte seiner Arbeit zum Markt brachte.
An der Straße lagen ein Dutzend kleine Dörfer, und mit Verwunderung registrierte der Mann aus Washington, dass die Bauern in San Martin ein ganz anderer Menschenschlag waren als die in Surinam. Das hatte seinen Grund.
All die anderen Kolonialmächte, die nahezu menschenleere Landstriche in Besitz nahmen und zu besiedeln versuchten, legten Pflanzungen an und sahen sich dann nach geeigneten Arbeitskräften um. Die einheimischen Indios rochen den Braten und verschwanden im Dschungel.
Die meisten Kolonialisten importierten daher Sklaven aus ihren Besitzungen in Afrika oder tauschten sie an der westafrikanischen Küste ein. Deren Nachkommen haben sich gewöhnlich mit den Indios und Weißen vermischt und bilden die heutige Bevölkerung. Die Spanier hingegen besaßen praktisch nur in der Neuen Welt Kolonien und kaum welche in Afrika. Schwarze Sklaven waren für sie nicht so leicht zu bekommen, doch dafür hatten sie Millionen von besitzlosen mexikanischen Peonen, und von Yucatán war es nicht sehr weit bis nach Spanisch-Guyana.
Die Bauern, die McBride durch die Scheiben des Mercedes sah, waren walnussbraun von der Sonne, aber weder Negroide noch Kreolen, sondern Hispanos. Die gesamte arbeitende Bevölkerung von San Martin war nach wie vor spanischer Abstammung. Die wenigen schwarzen
Weitere Kostenlose Bücher