Der Raecher
Schlägen auftraten. Bevor der Gerichtsmediziner an die Arbeit ging, wurde es, so gut es ging, in seinen alten Zustand versetzt, geschminkt und fotografiert. Das Foto ging an die Sittendezernate in allen sechs Städten, denn die Kleidung der Toten ließ vermuten, dass sie im »Nachtleben« tätig gewesen sein könnte.
Die anderen beiden Körpermerkmale, die man für eine Identifizierung benötigte, waren Fingerabdrücke und Blutgruppe. Danach ging der Pathologe ans Werk. Von den Fingerabdrücken versprach man sich am meisten.
Die sechs Städte meldeten diesbezüglich jedoch Fehlanzeige. Darauf wurden sie in die Hauptstadt Richmond geschickt, wo
Fingerabdrücke aus ganz Virginia gespeichert waren. Tage verstrichen. Dann traf der Befund ein. Negativ. Die nächsthöhere Ebene war das FBI. Die Bundespolizei ist für die gesamten USA zuständig und arbeitet mit dem internationalen Identifizierungssystem IAFIS, einer digitalen Fingerabdruckdatenbank.
Der Bericht des Pathologen verursachte selbst abgebrühten Beamten der Mordkommission Übelkeit. Das Mädchen war vermutlich nicht älter als achtzehn, eher jünger, und außergewöhnlich hübsch.
Die extreme Erweiterung von Vagina und After deutete darauf hin, dass sie wiederholt mit Instrumenten penetriert worden war, die weit größer waren als ein normales männliches Glied. Die Schläge, die ihren Tod herbeigeführt hatten, waren nicht die ersten gewesen. Sie musste schon zuvor misshandelt worden sein. Hinzu kam Heroinmissbrauch, wahrscheinlich bereits seit über sechs Monaten.
Sowohl die Norfolker Mordkommission als auch die Sitte tippten in ihren Berichten auf eine »Prostituierte«. Beiden war bekannt, dass Zwangsprostitution und Drogensucht häufig Hand in Hand gingen, da der Zuhälter die einzige Bezugsquelle für den Stoff war.
Mädchen, die in die Fänge einer solchen Bande geraten waren und zu fliehen versuchten, wurden hart bestraft. Solche »Lektionen« konnten etwa darin bestehen, dass man sie zur Vorführung gewalttätiger Perversitäten und sodomitischer Praktiken zwang. Es gab Menschen, die bereit waren, für so etwas zu bezahlen.
Nach der Autopsie wurde der Leichnam in den Kühlraum gebracht, und die Suche nach der Identität der Toten ging weiter. Noch war sie ein unbekanntes Mordopfer. Dann glaubte ein Beamter vom Sittendezernat in Portsmouth, in der Toten auf dem Foto eine Hure wiederzuerkennen, die unter dem Namen Lorraine gearbeitet hatte.
Nachforschungen ergaben, dass »Lorraine« seit Wochen
nicht mehr gesehen worden war. Davor hatte sie für eine berüchtigte Latino-Gang angeschafft, die, um Nachwuchs zu rekrutieren, gut aussehende Bandenmitglieder in die Städte im Norden schickte, wo sie Mädchen aufgabelten und mit Heiratsversprechen, Einladungen zu einem schönen Urlaub und anderen attraktiven Angeboten in den Süden lockten.
Die Sitte in Portsmouth ermittelte gegen die Bande, jedoch ohne Erfolg. Die Zuhälter bestritten, Lorraines richtigen Namen zu kennen. Sie sei schon als Professionelle hergekommen und aus eigenen Stücken wieder an die Westküste zurückgekehrt. Das Foto war einfach nicht deutlich genug, um das Gegenteil zu beweisen.
Dieser Nachweis gelang in Washington. Anhand der Fingerabdrücke hatte man die Tote zweifelsfrei identifiziert. Amanda Jane Dexter war bei dem Versuch, die Detektive eines Supermarkts zu überlisten und einen Artikel zu stehlen, erwischt worden. Die Überwachungskamera hatte sie überführt. Da fünf Mitschüler ihre Geschichte bestätigten, ließ das Jugendgericht es bei einer Verwarnung bewenden. Doch die New Yorker Polizei hatte sie erkennungsdienstlich registriert, ihre Fingerabdrücke nach Washington geschickt und in der Datenbank des IAFIS speichern lassen.
»Vielleicht«, knurrte Sergeant Austin vom Sittendezernat in Portsmouth, als er die Neuigkeit erfuhr, »bekomme ich jetzt endlich eine Chance, mir diese Schweine zu schnappen.«
Es war ein weiterer scheußlicher Wintermorgen, als das Telefon in der Bronx klingelte, aber vielleicht war er gerade recht, um einen Vater zu bitten, dreihundert Meilen zu fahren, um die Leiche seines einzigen Kindes zu identifizieren.
Cal Dexter saß auf der Bettkante. Lieber wäre er in den Tunneln von Cu Chi krepiert, als diesen Schmerz ertragen zu müssen. Schließlich sprach er mit Angela und hielt sie im Arm, während sie herzzerreißend schluchzte. Dann rief er seine Schwiegermutter an, die sofort herüberkam.
Da er nicht auf den nächsten Flug vom La
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