Der raffinierte Mr. Scratch: Roman (German Edition)
auch.
***
»Ich will, dass du meine Show sponserst«, sagte der Teufel zu Fish.
Sie saßen in einer heißen Wanne auf der nie enden wollenden mexikanischen Party und schlugen sich gegenseitig einen Beachball zu.
Fish war inzwischen offiziell Prediger mit einem Abschluss aus dem Internet. »Worum geht es in deiner Show?«, fragte er.
»Spielt doch keine Rolle«, sagte der Teufel. »Es gibt eine neue Wunderpille, von der ich immer wieder höre. Du hast in deiner Morgensendung darüber gesprochen.«
»Die Weiße Pille«, sagte Fish und nickte. »Sie ist wie Weißes Rauschen für die Neurorezeptoren. Du fühlst dich zufrieden. Nicht high oder so. Einfach zufrieden.«
»Lobotomie in verschreibungspflichtiger Form«, sagte der Teufel.
»Ich sollte machen, dass ich hier verschwinde«, sagte Fish. »Ernsthaft. Das ist kein Ort für einen Prediger.« Er wollte aufstehen.
»Setz dich.«
Fish setzte sich.
»Ich will, dass die Weiße Pille meine Sendung sponsert«, sagte der Teufel.
Fish nickte. » Think it over … denk drüber nach. Das ist der Name deiner Sendung, richtig?«
»M-hmmm.«
»Ich muss darüber beten«, sagte Fish. »Aber es müsste eigentlich funktionieren. Ich glaube …«
Der Teufel hörte nicht mehr zu.
Er stellte sich vor, wie er auf Fish herumsprang, bis Fish auseinanderplatzte. Er tat, als würde er aufmerksam lauschen, und auf seinem Gesicht spielte ein merkwürdiges Lächeln.
35
Fish
wird
entrückt
oder so
San Francisco, 2003
Was Fish passierte, als es passierte, passierte schnell. Sozusagen.
Es fing an mit einem Tornado in Faribault, Minnesota. Ein verdammt schlecht gelaunter Mistkerl von Tornado wie aus dem Zauberer von Oz fuhr mitten durch die größte Wohngegend und tötete mehr als zweihundert Menschen. Ganze Familien wurden ausgelöscht.
Der Teufel, der die Nachrichten spätabends bei einer Schüssel Eiscreme und einem Joint im Fernsehen sah, musste das Eis wegstellen. Er hielt die Hände vor den Mund geschlagen, und seine Augen füllten sich mit Tränen. All die armen Menschen, die armen Familien (Jesses, er wurde allmählich weich)!
Er schaltete um, und da war Fish im Fernsehen und predigte.
Der Teufel nahm seine Eiscreme wieder auf, ohne mit dem Essen anzufangen.
Er lauschte und konnte nicht glauben, was er hörte.
»Es gibt Opfer«, hörte er Fish sagen. »Ganz ohne Zweifel, es gibt sie. Es gibt Opfer von Verbrechen und von Krankheiten und Rinderwahnsinn und was weiß ich nicht alles. Aber wenn man Augen im Kopf hat, sieht man dahinter den Willen Gottes! Manchmal ist die Tatsache, ein Opfer zu sein, Gottes Weg, den Menschen eine Botschaft zu überbringen. Gottes Art und Weise, dir zu sagen, dass du vom richtigen Weg abgekommen bist. Gottes Methode, dir zu sagen: ›Hier lauert Gefahr, du armer blinder sündiger Wurm!‹«
Der Teufel stellte die Eiscreme ab und steckte sich den Joint an.
»Seht, in diesem Moment haben wir Mitleid mit den Familien in Minnesota. Aber wir müssen mit klarem Blick hinsehen und uns fragen: ›Warum?‹ Es ist die menschenalte Frage, dieses ›Warum lässt Gott guten Menschen schlimme Dinge widerfahren?‹ Die Antwort ist so klar wie der helle Tag, so klar wie das Jüngste Gericht. Sie lautet: ›Weil sie vielleicht gar keine so guten Menschen waren!‹«
»Fish!«, seufzte der Teufel. Meine Güte, konnte jemand tatsächlich so ein Arschloch sein?
»Vergessen wir nicht – es war Minnesota, das den Wind gesät und entschieden hat, in der Schule Evolution zu lehren, obwohl alle Welt weiß, dass es der letzte Mist ist. Heute Abend hat Minnesota dafür den Sturm geerntet. Trauert um die Toten von Faribault, aber wisset – sie bekamen, was sie verdienten. Amen.«
Es war nicht das erste Mal, dass ein Evangelist im Namen Gottes böse Dinge gesagt hatte.
Es gab Prediger, die behaupteten, die Leute, die im World Trade Center gestorben waren, hätten den Tod verdient, weil Amerika Schwuchteln tolerierte. Es gab Prediger, die behaupteten, die Menschen verdienten ihre Tragödien, weil sie schwanger wurden oder pleite gingen, und der Teufel hätte kotzen können wegen dieser Leute.
Die Welt hatte den unsäglich dämlichen Mark Fish lange genug ertragen.
Der Teufel ballte die Fäuste, und auf dem Bildschirm loderte Fish in einem blauen Flammenball auf. Das Fernsehpublikum hatte kaum genügend Zeit, um zu sehen, wie seine Haare in Rauch aufgingen, bevor die Flammen ihn vollends verschlangen.
Der Teufel saß noch eine Weile reglos da. Er aß seine
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