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Der Ramses-Code

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Titel: Der Ramses-Code Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Klonovsky
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Kunstdenkmälern den Nil bereiste. Es handelte sich um Kopien von Tempel-Basreliefs aus Theben und Abu Simbel. Ganz oben auf dem Stapel lag zudem eine kleine Lithographie der Inschrift des Obelisken von Philae, den Belzoni beinahe an den Nil verloren und später in seiner berühmten Londoner Ausstellung präsentiert hatte. Sie war unlängst in Paris veröffentlicht worden.
    Viel schien man nicht von dieser Inschrift erwarten zu können; Young und die gelehrte britische Öffentlichkeit kanntensie schon seit geraumer Zeit, ohne daß es ihnen etwas genutzt hatte. Jean-François studierte die Hieroglyphen, konnte sich aber nicht richtig konzentrieren. Das Stechen im Hinterkopf stellte sich wieder ein.
    Er öffnete das Fenster, und es war ihm gerade recht, daß feuchte, kühle Luft hereinströmte. Vielleicht sollte er einmal wie früher durch Paris streifen. Wie weit lag das zurück! Manchmal war er dabei auf überraschende Gedanken gekommen – wenn er nicht gerade von Louise geträumt hatte.
    Louise. Er hatte nicht mehr an sie denken wollen, schon gar nicht hier in Paris, und er würde auch nicht ausgehen, jetzt nicht und nie mehr. Es war nicht auszudenken, wie er ihr gegenübertreten sollte, wenn er ihr unverhofft begegnen würde. Sie hatte einen genialischen jungen Mann geliebt und würde vor einem Erfolglosen, Geächteten, ja einem Wrack stehen.
    Hastig begann er, in den Abschriften zu blättern. Wo war nur die kleine Lithographie? Da lag sie. Plötzlich starrte er wie elektrisiert auf das Blatt: Dort stand der Name Kleopatra Zeichen für Zeichen so geschrieben, wie er ihn aus dem Demotischen übertragen hatte! Und aus dem griechischen Sockeltext ging eindeutig hervor, daß dieser Obelisk der Kleopatra geweiht war! Wieso hatte das niemand bemerkt? Sein Puls begann zu rasen. Seine Variante lautete:

    Auf dem Obelisken stand der Name so:

    Wer außer mir hätte das vermocht? dachte er triumphierend. In seiner Version fehlten lediglich die beiden Geier. Er hatte, den Regeln der Vokalunterdrückung folgend, das A weggelassen – aber vielleicht schrieben die Ägypter der Spätzeit, die ihr uraltes Schriftsystem immer mehr dem Griechischen anpaßten, am Ende auch sämtliche Vokale? Der Konsonantenstamm stimmte jedenfalls, die Vokale folgten offenbar willkürlichen Regeln.
    Hieroglyphen sind Buchstaben oder können Buchstaben sein, grübelte er. Also mußte es Übereinstimmungen mit der Schreibweise anderer Namen geben. Wenn man nun die Namensringe des Ptolemaios und der Kleopatra übereinander setzte und die Zeichen numerierte, ergab sich:

    Sofort war zu sehen, daß das erste Zeichen von »Ptolemaois« mit dem fünften von »Kleopatra« identisch war. Von ihrer Stellung her mußten sie P bedeuten. Auch das Symbol der Schlinge kam in beiden Namen vor, desgleichen der Löwe; letzterer stand in beiden Namen an der Stelle des L, erstere an der des O. Da das L der zweite Buchstabe im Namen Kleopatra war, mußte das Zeichen K bedeuten. Jean-François wurde immer erregter, während er den Namen Kleopatra mit den als Buchstaben identifizierten Zeichen niederschrieb:

    Wenn die beiden Geier jeweils den Buchstaben A darstellten, woran kein Zweifel bestehen konnte, ergab sich folgendes Bild:

    Also bedeuteteE,T undR.
    Setzte man die aus Kleopatra identifizierten Laute in den Namensring des Ptolemaios ein, ergab sich dieses Bild:

    PTOL – – –. Die beiden Schilfblätter bedeuteten demzufolge einen Vokal. Bei Kleopatra war es das E.konnte nur M bedeuten undals letztes Zeichen zwangsläufig S. Also hatten die Ägypter Ptolemaios »Ptolmes« geschrieben. Es war für sie die dem griechischen Original am nächsten kommende Schreibweise.
    Jean-François atmete tief durch. Ich und verrückt? Er lachte laut auf. Ich werde euch schon zeigen, wie verrückt ich bin. Dieser Young war doch auf dem richtigen Weg mit seiner Lautschrift. Nur sein Alphabet war falsch und seine Silbendeutung ebenso, deshalb kam er damit auch nicht weiter und stellte absonderliche Vermutungen an. Und ich hatte instinktiv recht, dachte er triumphierend, mit meiner Vermutung, daß die Kartusche, aus welcher Young den Namen Arsinoë herausbuchstabierte, in Wirklichkeit den Herrschertitel Autokrator enthält, die griechische Entsprechung des lateinischen Imperator.
    Er zeichnete die Kartusche auf.

    Dann setzte er die bereits ermittelten Buchstaben ein.

    Auch hier war kein Zweifel möglich. A–TKRTR. Das Prinzip der Namensschreibung lautete also: Die meisten Vokale

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