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Der Ramses-Code

Der Ramses-Code

Titel: Der Ramses-Code Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Klonovsky
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Greis verneigte sich höflich. »Es wäre mir eine Ehre, einen Mann mit Ihren vielseitigen Reputationen in unserer Akademie zu wissen. Ich bin übrigens auch ein Verehrer Ihres Bruders; nichts hat mir Ägypten so nahegebracht wie sein Buch.«
    Wieder lief jenes Zucken um Jacques-Josephs Mund, er verbeugte sich jedoch höflich und murmelte, er werde dem Bruder dieses Kompliment gern übermitteln.
    »Sie müssen sich natürlich nicht sofort entscheiden; es hat den Anschein, daß wir Sie etwas überrumpelt haben«, sagte der greise Akademiesekretär. »Wir kommen nämlich noch in einer zweiten Angelegenheit, und auch da zählen wir auf Ihre Hilfe. Signore Belzoni hat, wie Sie sicherlich wissen, mit seiner Zurschaustellung eines Grabes aus dem Totental bei Theben in London einen enormen Publikumserfolg erzieltund möchte die Präsentation gern in Paris wiederholen. Welcher Ort böte sich da mehr an als der Louvre?«
    »Ich bin hier nur angestellt, Sie müssen in dieser Frage den Direktor konsultieren«, entgegnete Jacques-Joseph.
    »Nein, nein, für diese Ausstellung sind Sie genau der richtige Kurator«, mischte sich Denon ein. »Natürlich nur, wenn Sie wollen. Ich habe im Louvre zwar offiziell nichts mehr zu sagen, aber die Leute hören noch auf mich. Den Direktor überlassen Sie also mir. Wie wäre es, wenn Sie hier gemeinsam mit unserem werten Belzoni eine große Ägypten-Schau organisieren? Das Psammetich-Grab wäre der Mittelpunkt. Welche Exponate Sie noch präsentieren, wäre Ihre Sache. Selbstverständlich würde man Sie an den Einnahmen beteiligen.«
    Fourier, dachte Jacques-Joseph, dahinter steckt Fourier. Das war ihm peinlich, sogar ziemlich peinlich; zugleich empfand er es aber auch als tröstlich, zu wissen, daß es in dieser Stadt Menschen gab, die zu ihm und seinem Bruder hielten. Eine Festanstellung an der Inschriftenakademie, die Leitung einer Ausstellung im Louvre – damit waren sie finanziell fürs erste auf dem trocknen. Die Frage war nur, auf welche Weise er Denon beibringen sollte, wie es um seinen Bruder stand.
    Denon nickte ihm aufmunternd zu, als wollte er sagen: Nun machen Sie schon, greifen Sie zu, es hat alles seine Ordnung.
    »Einverstanden«, sagte er.
    Belzoni klatschte in seine mächtigen Pranken, rief: »Bravo!«, ergriff Jacques-Josephs Hand, schüttelte sie, daß dieser um seine Gelenke zu fürchten begann, und sagte mit starkem Akzent: »Wunderbar! Sie und ich, wir bereiten den Parisern ein Fest für die Augen, an das sie lange denken sollen – und für das sie gut bezahlen werden!«

44
    Der 14. September 1822 war ein trüber Tag. Dichte Wolken hingen über Paris. Seit Tagesanbruch saß Jean-François am Schreibtisch. Sein Bruder hatte auch an diesem Samstag wie immer frühmorgens das Haus verlassen, um die Ägypten-Ausstellungim Louvre vorzubereiten, die Pariser Zeitungen jetzt schon zur Sensation erklärt hatten. Was für ein Unsinn, Dinge auszustellen, die man nicht erklären kann, dachte Jean-François. Wie wird sich der arme Jacques-Joseph bemühen, den Parisern das alte Ägypten nahezubringen, doch die werden nur in Belzonis Grabkopie laufen, begeistert glotzen, nichts verstehen und sich danach amüsieren gehen.
    Jacques-Joseph, der früher so viel Zuversicht besessen hatte, würde wieder einmal enttäuscht werden. So wie von ihm. Es war nicht zu übersehen, daß er ihn von der Außenwelt abschirmte; vielleicht, weil er glaubte, er sei närrisch geworden, vielleicht, weil er sich für ihre kleine, düster-unwirtliche Wohnung schämte – wahrscheinlich beides zusammen. Nie besuchte sie jemand, nie wurden sie eingeladen. Sie sprachen nicht darüber, sie sprachen überhaupt nur noch selten miteinander. Jean-François hatte seinem Bruder auch nicht erzählt, daß er einfach Vivant Denon besucht hatte, unangemeldet wie vor Jahren, und herzlich empfangen worden war. Ohne viel Federlesens hatte Jean-François dem alten Mann erklärt, daß alle ihn für verrückt hielten. Denon hatte darüber nur mit dem Kopf geschüttelt, ja, er hatte ihm sogar Hilfe zugesichert, und zwar in Gestalt von Inschriften-Kopien, die er regelmäßig aus dem Nilland erhielt, seit Belzonis erfolgreicher Fischzug Scharen von Nachahmern aus allen europäischen Ländern gefunden hatte.
    Eben hatte ein Bote ein paar dieser Kopien gebracht. Wie Jean-François einem beigelegten Brief entnehmen konnte, hatte Denon die Zeichnungen von einem französischen Architekten zugeschickt bekommen, der auf der Suche nach

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