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Der Raritätenladen

Der Raritätenladen

Titel: Der Raritätenladen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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Rauch langsam aus den Schornsteinen auf, und Schiebefenster wurden zurückgezogen, um die Luft einzulassen; Türen gingen auf, und Dienstmädchen, die schläfrig in alle Richtungen, nur nicht nach ihrem Besen sahen, kehrten schwarze Staubwolken in die Augen der scheu ausweichenden Vorübergehenden oder horchten mit unendlichem Neid den Milchmädchen zu, die von den Jahrmärkten auf dem Lande erzählten oder von Wagen in den Gehegen nebst ihren Leinwandplanen und allem möglichen sprachen, natürlich die galanten Bauernburschen nicht ausgenommen – lauter Dinge, die ihnen eine spätere Stunde bringen sollte.
    Als sie diesen Teil der Stadt hinter sich hatten, kamen sie zu großen, von rührigen Menschen belebten Handels- und Verkehrsplätzen, wo die Geschäfte bereits in vollem Gange waren. Der alte Mann sah mit entsetztem und verwirrtem Blick um sich, denn dies waren Plätze, die er zu vermeiden gehofft hatte. Er drückte seinen Finger an die Lippen, zog das Kind durch enge Höfe und gewundene Nebenwege mit sich fort
und schien nicht eher ruhig zu werden, bis all dies weit hinter ihm lag. Dabei schaute er oft zurück, indem er vor sich hin murmelte, Verderben und Selbstmord lauerten hier auf jeder Straße, um ihn zu verfolgen, sobald sie ihn ausgewittert hätten! Und darum könnten sie nicht geschwind genug fliehen.
    Als sie diesen Stadtteil hinter sich hatten, kamen sie zu vereinzelten Häusergruppen, wo die schlechten, nur aus einer Stube bestehenden Wohnungen und die mit Lumpen und Papier verklebten Fenster von der volkreichen Armut Zeugnis ablegten, die hier ihr Unterkommen hatte. Die Läden wiesen nur solche Waren auf, die der Dürftige kaufen konnte, und Käufer wie Verkäufer suchten einander in der gleichen Weise zu übervorteilen. Da waren elende Straßen, wo entschwundener Wohlstand auf sparsamem Raume mit den aus dem Schiffbruch geretteten Resten seine letzte Lebensmöglichkeit zu behaupten suchte; aber Steuerbeamte und Gläubiger kamen hierher wie an andere Orte, und die Armut, die noch schwach ankämpfte, war kaum weniger schmutzig und in die Augen fallend als diejenige, die schon längst allen Widerstand aufgegeben hatte.
    Dies war ein weites, weites Gebiet, denn das niedrige Feldlagergefolge des Reichtums steckte seine Zelte auf Meilen in die Runde auf, aber sein Charakter blieb sich immer gleich. Feuchte, verfaulende Häuser, manche zu vermieten, manche noch auszubauen, viele erst halb gebaut und schon wieder vermodernd; Wohnungen, von denen man schwer sagen konnte, ob der Vermieter oder der Mieter mehr zu bedauern war; Kinder, dürftig genährt und gekleidet, die auf jeder Straße herumlungerten und sich im Staube wälzten; scheltende Mütter, die unter lärmenden Drohungen mit ihren Holzschuhen das Pflaster stampften; schäbige Väter, mit glanzlosen Blicken an das Geschäft eilend, das ihnen das ›tägliche Brot‹ und nichts weiter einbrachte; Mangweiber, Wäscherinnen, Schuhflicker,
Schneider, Lichterzieher, die in Stuben und Küchen, Hinterräumen und Dachkammern – bisweilen alle unter ein und demselben Dache – ihr Gewerbe trieben; Ziegelfelder, an Gärten grenzend, die mit alten Faßdauben oder schlechten, bei einem Brande gestohlenen, halb verkohlten Balken eingezäunt waren; Wälle von Seegras, Nesseln, Schilf und Austernschalen, in toller Verwirrung aufgehäuft; kleine Dissenterkapellen für den Unterricht, denen es nicht fehlen konnte, mittels des nahe genug liegenden Elends der Erde und unter Beistand der mit einigem überflüssigen Reichtum in Fülle erbauten neuen Kirchen den Weg nach dem Himmel zu zeigen.
    Endlich wurden diese Straßen immer dünner und dünner besät, bis nur noch kleine Gartenstücke an den Weg grenzten, in denen sich hin und wieder ein ungeschminkt aus altem Gebälk oder den Bruckstücken eines Bootes gebaute Sommerhaus befand, grün angelaufen wie die zähen Kohlstrünke, die umherwuchsen, und an den Fugen grottenartig mit giftigen Pilzen und aneinanderklebenden Schnecken verziert. Dann folgten zu zwei und zwei naseweise Landhäuschen, vor denen sich ein kleines Bodenstück dehnte, das in eckige Beete abgeteilt war, die von steifen Buchseinfassungen umgeben und von engen Wegen durchkreuzt waren, ohne daß sich je ein Fußtritt dahin verirrte, um den Kies rauh zu machen. Dann kam das Wirtshaus, frisch grün und weiß gemalt, mit Teegärten und einer Kegelbahn, das seinen alten Nachbar mit dem Pferdetrog, vor dem die Wagen hielten, verhöhnte; dann Felder und

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