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Der Rat der Zehn

Titel: Der Rat der Zehn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Land
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Die ältere Frau saß am weitesten entfernt an der Wand, immer noch ihre Handtasche umklammernd.
    Der Zug donnerte weiter.
    Ellie hatte keine Ahnung, wann er halten würde. Zu dieser Nachtzeit würden viele Stationen ausgelassen werden. Sie wechselte ihre Haltung, und plötzlich durchfuhr eine Welle von Schmerz ihre Schulter, dort, wo das Messer des Mossadmannes sie verletzt hatte. Die Kälte hatte sie betäubt, so daß sie die Wunde fast vergessen hatte. Aber die Kälte war jetzt vorbei, und sie spürte ein Blutrinnsal den Arm hinabrinnen. Sie verzog das Gesicht, wehrte sich aber dagegen, ihre Schulter zu berühren. Sie konnte leicht mit dem Schmerz und dem Blut zurechtkommen, aber eine Ablenkung durfte sie sich nicht erlauben.
    Sie war sich ziemlich sicher, daß eine der Personen im Zug hier war, um sie zu töten. Zwei, wenn eines der drei Paare in Frage kam. Außer ihr waren acht Leute anwesend, nein, mit dem Polizisten waren es neun. Wer war es? Ellie mußte sich entscheiden, bevor er oder sie den ersten Schritt tat. Sonst würde die Person einen zu großen Vorteil haben. Ellies beste Chance wäre es vielleicht, dem tschechischen Polizisten zu vertrauen und den Zug zu verlassen, wenn er es tat. Das könnte aber auch genau das sein, worauf dieser hoffte. Wie auch immer – selbst wenn dies nicht der Fall war, würde es die richtigen Jäger nicht davon abhalten, den Zug ebenfalls zu verlassen.
    Wahnsinn! Sie mußte es wissen!
    Ohne Waffe fühlte sie sich unglaublich verletzbar. Ihr ganzes Training, eine Waffe selbst herzustellen, wo es sonst keine gab, war hier nutzlos, da sie keine Bewegung machen konnte, die aus dem Rahmen fiel. Dunkelheit war eine Möglichkeit, natürlich, ein verläßlicher Verbündeter, wenn man sich in einer unterlegenen Position befand.
    Ellie blickte um sich herum. Es gab zu viele Lichtquellen im Abteil, um auf Dunkelheit zu hoffen. Es mußte etwas anderes sein … Ihr umherkreisender Blick kreuzte den der Jugendlichen. Die Jungen wandten sich schnell ab. Ellies Herz fing an zu pochen. Etwas stimmte nicht. Sie hätten sich nicht so schnell wegdrehen dürfen. Sie anzusehen wäre die normale Reaktion zweier Jungen unter diesen Umständen gewesen. Außer …
    Ellie verbarg ihren Schauder durch eine Veränderung ihrer Sitzposition auf der Bank. Was war, wenn sie gar nicht sie angesehen hatten? Was, wenn sie die beiden jungen Männer zu ihrer Rechten angesehen hatten?
    Nun musterte Ellie die Prostituierten. Ihre Röcke zeigten kaum Falten, ihre Schuhsohlen waren kaum feucht von der Nässe, die in den rutschigen Straßen herrschte. Es sei denn, sie gingen gerade zur Arbeit, aber das konnte zu dieser Uhrzeit nicht sein.
    Der Zug donnerte durch einen dunklen Tunnelabschnitt, und Ellie hielt den Atem an. Das Licht kam schnell wieder zurück. Niemand sah sie an.
    Das konnte nicht stimmen! Es konnte nicht stimmen! Nicht einer oder zwei von ihnen, sondern alle!
    Die Unwahrscheinlichkeit dieser Annahme machte sie plausibel. Sie hätten sie auf dem Bahnsteig oder vielleicht sobald sie eingestiegen war angegriffen, wenn nicht das Eintreffen des Sicherheitspolizisten zum falschen Zeitpunkt erfolgt wäre. Der stand jetzt in der Mitte des Ganges, hielt sich mit einer Hand an einer Deckenstange fest und rauchte mit der anderen eine Zigarette. Ellies Gehirn arbeitete wie rasend. Acht gegen einen – eine unglaubliche Überzahl, aber es könnte gerade die Übermacht sein, die sie bisher am Leben erhalten hatte. Ihre Jäger hatten keine Grund zur Eile. Ellie mußte sicherstellen, daß die Situation blieb, wie sie war, sicherstellen, daß sie nichts tat, was verriet, daß sie über sie Bescheid wußte.
    Acht zu eins – das waren schlechte Karten. Aber vielleicht gab es einen Weg, das Blatt noch zu wenden. Ellies Augen ruhten kurz auf der Kalaschnikow des Polizisten. Wenn sie ihm die Waffe irgendwie wegnehmen und auf das Killerteam richten konnte, würde sie alle überraschen können.
    Das Problem war die Zeit. Das Gewehr zu packen, es von der Schulter des Sicherheitspolizisten zu streifen, herumzuwirbeln, um zu feuern – das alles würde viele Sekunden kosten. Die Waffen des Killerteams würden sich in bequemer Reichweite befinden: unter einem Jackett, am Oberschenkel unter einem Rock befestigt, in einer Handtasche. Ellies Schlag würde mehr als schnell sein müssen – er würde jetzt sofort erfolgen müssen.
    Sie konnte die Blicke wieder spüren, die die Killer untereinander austauschten. Die Jungen

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