Der Rat der Zehn
seinen Ellenbogen auf ihr Brustbein. Die Fütterung ihrer schweren Jacke verhinderte, daß ihr die Luft wegblieb, und sie schwenkte den Lauf zur Seite, um mit einem Bein einen Stoß in die Leistengegend des Mannes zu führen.
Der Mann schien ihre Absicht zu ahnen. Als sie mit dem Knie hochkam, packte er es und zog es hoch. Sie verlor das Gleichgewicht und fiel rückwärts auf die Straße. Er kämpft wie ich, dachte sie. Ein Schatten jeder meiner Bewegungen!
Nun hatte er wieder die volle Kontrolle über die Waffe und die richtige Position. Aber anstatt zu feuern, schlug er mit dem Kolben voran nach Ellies Kopf. Sie wirbelte schnell nach links, und der Kolben sank in den Schnee. Keine Zeit verlierend, ergriff sie den Schaft und führte einige heftige Schläge aufwärts gegen seinen Kopf und Körper.
Der Mann prallte zurück und krachte gegen einen kleinen Mülleimer. Ellie kam auf die Knie und richtete die Maschinenpistole auf ihn. Er stürzte sich auf sie. Sie hatte keine Wahl und zog den Abzug durch.
Nichts passierte. Ladehemmung. Kein Wunder, daß er nicht geschossen hatte, als sich ihm die Chance dazu bot.
Der Mann sprang mit dem Kopf voran auf sie zu. Ellie sah das Messer in seiner Hand blinken, und sie riß ihre Arme gerade noch rechtzeitig hoch, um den Griff zu packen und zu verhindern, daß die Klinge ihre Kehle durchschnitt.
Ellie wußte, sie konnte sich nicht lange mit der brutalen Kraft des Mannes messen. Sie mußte es riskieren. Als er wieder auf ihre Kehle herabstieß, versuchte Ellie sein Armgelenk mit der linken Hand wegzuschlagen, während sie ihren rechten Ellenbogen anwinkelte und in sein Gesicht stieß.
Der Schmerz kam für beide gleichzeitig. Ellie fühlte die scharfe Klinge durch ihren Mantel dringen und in ihre Schulter schneiden. Sie schrie, als ihr Ellenbogen mit dem Kinn des Mannes zusammenprallte und Kinn und Backenknochen zertrümmerte.
Er stöhnte voller Schmerz, aber irgendwie brachte er das Messer für einen zweiten Stoß in Stellung. Ellie hatte jetzt keine Wahl mehr. Welche Gedanken sie auch immer gehabt haben mochte, ihn auszufragen, sie gingen unter in ihrem Bestreben zu überleben.
Sie rollte sich unter dem Mann weg, während er das Messer wieder auf sie richtete. Gleichzeitig packte sie den Griff und trieb es zur Seite und in die Höhe. Die Klinge drang in seinen Unterleib und vollführte einen ordentlichen Schnitt, den ganzen Weg bis zu seinem Dünndarm. Der Körper zuckte im Todeskampf, während heißes Blut aus dem tiefen Schnitt strömte. Er brach zusammen, das Gesicht eine gefrorene Maske des Schreckens. Seine Füße zuckten nur noch einmal, bevor ihn der Tod erreichte.
Schwer atmend und dankbar, daß sein Blut sie nicht bespritzt zu haben schien, drehte Ellie den Mann um.
Sein Hut fiel herunter, und sie sah sein langes Haar und den Bart in der gleichen Farbe. Die angespannte Verzerrung des Todes machte seine Gesichtszüge fast unkenntlich, aber …
Ich kenne diesen Mann. Ich bin sicher, daß ich ihn kenne.
Ellie starrte von nahem in sein Gesicht und spürte, wie ein Schaudern sie durchfuhr. Sie kannte diesen Mann tatsächlich. Sie waren sich zweimal vorher begegnet, einmal in Griechenland und einmal in Ägypten. Jedoch nicht als Feinde.
Der Mann war Israeli.
Er war vom Mossad.
11
Elliana sah den U-Bahneingang direkt vor sich.
Sie hatte vor einer Stunde ihren Angreifer getötet, und sie war anschließend absichtlich langsam durch die Straßen gegangen. Sie mußte wissen, ob es noch weitere Feinde gab, ob sie verfolgt wurde. Sie könnten den richtigen Moment abwarten, warten, bis sie sich eine Blöße gab. Ellie hatte verschiedene Fallen gestellt, aber bis jetzt war niemand darauf hereingefallen. Nur zwei, vier, die Soldaten eingeschlossen … Da hätten mehr sein müssen.
Sie konnte sich nicht mehr an den Namen des Mannes, den sie getötet hatte, erinnern. Sie versuchte sich einzureden, daß er selbständig gearbeitet hatte, aber das funktionierte nicht. Nur zwei Menschen, Isser und Anatoly, hatten gewußt, daß sie nach Prag reisen würde. Da Annie ihr die Pistole zugesteckt hatte, glaubte Ellie, sie außer Betracht lassen zu können. Blieb also Isser, der Chef des Mossad. Aber wenn er sie tot sehen wollte, hätte er nicht bis Prag warten müssen. Nein, er hätte reichlich andere Gelegenheiten gehabt, ohne diese Unwägbarkeiten in einem kommunistischen Land.
Jemand anderes also. Aber wer? Offensichtlich war beabsichtigt gewesen, daß auch Anatoly
Weitere Kostenlose Bücher