Der rauchblaue Fluss (German Edition)

Beschlagnahme des Eigentums britischer Staatsbürger Anlass für eine Kriegserklärung war. So geschehen nach dem Massaker von Amboyna 1622, als die Niederländer das Eigentum der englischen Bewohner der Insel beschlagnahmten und sie unaussprechlichen Torturen aussetzten. Später wurden hohe Reparationsleistungen fällig. In ähnlicher Weise wurde auch die spanische Regierung in mindestens einem Fall gezwungen, britische Staatsangehörige für die Beschlagnahme ihres Eigentums zu entschädigen. Lassen Sie mich jedoch betonen, dass ich diese Beispiele nur als Präzedenzfälle erwähne, denn in der Geschichte des Handels findet sich nicht ein einziger solch extremer Fall von Räuberei, wie Kommissar Lin sie jetzt beabsichtigt – und das auch noch unter ernsthafter Berufung auf die Moral.«
    »Aber Mr. Slade!« Charles King hatte sich erhoben. »Sie verabsäumen es, einen grundlegenden Unterschied zwischen diesen Präzedenzfällen und dem vorliegenden Fall zu erwähnen, den Umstand nämlich, dass es sich bei dem fraglichen Eigentum um Schmuggelware handelt. Das Opiumverbot ist seit fast vierzig Jahren im chinesischen Recht verankert; dass es existiert und immer strenger gehandhabt wird, ist allgemein bekannt. Muss ich Sie zum Vergleich daran erinnern, dass gemäß britischem Recht jeder, bei dem verbotene Ware gefunden wird, das Dreifache ihres Wertes an Strafe zu entrichten hat? Muss ich des Weiteren hinzufügen, dass nach britischem Recht jeder, der des Schmuggels für schuldig befunden wird, als Verbrecher mit dem Tode bestraft wird?«
    »Und muss ich Sie daran erinnern, Mr. King«, entgegnete Slade, »dass wir hier nicht in Großbritannien sind, sondern in China? Nichts, was dem britischen Rechtswesen auch nur annähernd vergleichbar wäre, gilt hier: Es wurde keine Klage erhoben, und es erfolgten keine Verhaftungen.«
    »Ah! Das sind also Ihre Einwände?«, entgegnete Mr. King scharf. »Dass der Kommissar, statt die Schmuggler zu verhaften und die verbotene Ware mit Waffengewalt zu beschlagnahmen, nach wiederholten Warnungen lediglich deren Herausgabe verlangt? Dass er die Eigentümer nicht wie einzelne Verbrecher, sondern wie eine Gemeinschaft in offener Insubordination gegenüber einer rechtmäßigen Regierung behandelt? Sie täten gut daran, Sir, zu beachten, dass das System kollektiver Verantwortung den Kern des chinesischen Rechtswesens in China bildet.«
    Mr. Slade war rot angelaufen, und seine Stimme schwoll erneut zu einem Brüllen an. »Wie blamabel für Sie«, donnerte er, »englisches Recht mit den Launen von Despoten zu vergleichen! Wenn Sie sich als Amerikaner der Mandschu-Tyrannei unterwerfen möchten – bitte sehr. Aber von freien Männern wie uns können Sie nicht erwarten, dass wir die Capricen himmlischer Missregierung hinnehmen.«
    »Aber … «
    Empörte Ausrufe schnitten Mr. King das Wort ab.
    »… Sie haben schon genug gesagt, Sir … «
    »… gehören nicht mal hierher … «
    »… heuchlerisches Yankee-Gewäsch … !«
    Mr. King ließ seinen Blick durch den Raum schweifen, dann schob er seinen Stuhl zurück und ging wortlos hinaus.
    »… den wären wir los … !«
    »… fort mit Schaden … «
    Als wieder Ruhe eingekehrt war, erhob sich Mr. Dent und ging nach vorn zu Captain Elliott und Mr. Slade. Er wandte sich der Versammlung zu und sagte: »Ich stimme völlig mit Mr. Slade überein: Kommissar Lins Forderungen kommen einem räuberischen Akt gleich. Aber wie Mr. Slade ausgeführt hat, haben sie auch ihr Gutes. Beharrt der Kommissar auf seinem Kurs, liefert er Ihrer Majestät eine hervorragende Gelegenheit, die Demütigungen zu rächen, denen wir ausgesetzt sind – und uns zugleich die Möglichkeit, unsere Handelsbeziehungen zu China auf eine gesündere Basis zu stellen. Was in jahrelangen Verhandlungen nicht zu erreichen war, wird mit ein paar Kanonenbooten und einem kleinen Expeditionskorps schnell erledigt sein.«
    Mr. Slade hämmerte mit seinem Stock auf den Boden, um sich Gehör zu verschaffen. »Ich möchte Sie an die Worte König Wilhelms des Vierten erinnern, meine Herren, als er seine Bevollmächtigten nach Kanada schickte: ›Denken Sie daran, wir dürfen Kanada nicht verlieren!‹ Unnötig zu sagen, dass der Handel mit China für Großbritannien von weit größerer wirtschaftlicher Bedeutung ist als der mit Kanada. Er erbringt Einnahmen von jährlich fünf Millionen Pfund, und es sind dabei vitale Geschäfts-, Produktions-, Transport- und Schifffahrtsinteressen des