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Der Rauchsalon

Der Rauchsalon

Titel: Der Rauchsalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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aufzuhängen.
    »Haben Sie eben den Mann herausgehen
sehen? Der dachte, er hätte einen der Palastschätze. Leider mußte ich ihm
eröffnen, daß dem nicht so war. Solche Leute kommen dauernd zu mir, wissen Sie.
Kommen hereingeschossen wie die Raketen und halsen mir irgendeinen Krempel auf.
Ich mache mir die Mühe und versuche, die Echtheit zu überprüfen, und
schließlich muß ich den armen Kerlen schreiben, daß sie kommen und sich ihre
Sachen wieder abholen sollen, weil ihre Großtante ihnen nur irgendein Märchen
aufgetischt hat. Sie wollen im Grunde niemanden betrügen, wissen Sie, sie
genießen eben bloß, irgend etwas zu besitzen, das vielleicht aus dem Königshaus
stammt.«
    »Aber einige Gegenstände sind doch
sicher echt?« fragte Sarah. »Sonst würde sich Ihre Arbeit ja gar nicht lohnen!«
    »Doch schon. Manchmal stoße ich auf
einen richtigen Schatz wie dieses kleine Prachtstück.«
    Er eilte wieder in den ehemaligen
Rauchsalon und erschien mit einer wunderschönen kleinen viktorianischen
Schmuckschatulle aus ziseliertem Silber und Emaille. »Sehen Sie, da ist das
königliche Wappen, der Schild mit den roten und blauen Streifen und den drei
weißen Kreisen und den beiden Kriegern mit ihren Speeren, die ihn bewachen.
Sehr schön gearbeitet, finden Sie nicht?«
    »Wunderhübsch«, stimmte Sarah zu.
»Genauso ein Wappen war auch auf dem Fächer, von dem ich Ihnen erzählt habe.
Ich dachte immer, diese Kreise mit den Linien könnten die verschiedenen Inseln
symbolisieren, die zusammen das Königreich bilden.«
    »Wie klug Sie sind, Mrs. Kelling.«
    Mr. Hartler sagte damit nicht, daß sie
recht hatte, aber wahrscheinlich würde er auch nichts gesagt haben, wenn sie
etwas Dummes gesagt hätte. Mr. Quiffen hätte es bestimmt auf der Stelle getan,
wenn er die Möglichkeit dazu gehabt hätte, und seine spitze kleine Nase hätte
dabei gezuckt und gezittert wie ein Papageienschnabel, seine Stimme hätte
gekrächzt und gekreischt, bis man ihm schließlich am liebsten eine Serviette in
den Mund gestopft hätte, nur damit er endlich ruhig war.
    Genau das war ja das Schlimme. Sarah
konnte sich nur allzu gut vorstellen, daß jemand Barnwell Augustus Quiffen
einzig und allein deswegen umgebracht hatte, damit er endlich aufhörte zu
keifen. Vielleicht jemand, der selbst gern im Mittelpunkt stand. Jemand, der
bei der winzigsten Kleinigkeit wie eine Bombe explodierte, so wie Dolph eben
wegen des Kindes mit dem Skateboard, nur weil es zu nahe an seinem kostbaren
Mantel vorbeigesaust war. Sie hatte Mr. Bittersohn gegenüber äußerst deutlich
gemacht, daß Dolph zwar schrie, aber nicht zuschlug. Doch war sie sich da
wirklich so sicher?
    Wann würde Mr. Bittersohn endlich nach
Hause kommen? Sarah fühlte sich so ungeduldig und beunruhigt zugleich, daß sie
in die Küche lief, erschreckend viele Karotten kleinhackte und fast ihren
linken Zeigefinger mit abgehackt hätte.
    Dieser Beinahe-Unfall brachte sie
wieder zur Vernunft. Es war dumm von ihr zu denken, daß Dolph der
Hauptverdächtige war, nur weil Mr. Quiffen irgendwelche paranoiden
Vorstellungen über ihn gehabt hatte und reich genug gewesen war, seinen
Verdächtigungen auf besonders gemeine, hinterhältige Weise nachzugehen.
Immerhin hatte es der alte Mann geschafft, auch sie und alle anderen
Hausbewohner innerhalb kürzester Zeit gegen sich aufzubringen. Er mußte eine
lange Liste mit Feinden gehabt haben, die jahrelang nur darauf gewartet hatten,
alte Rechnungen zu begleichen.
    Und wieso konnte sie erwarten, daß Max
Bittersohn so einfach seine Arbeit stehen und liegen ließ und einer Frau zu
Hilfe eilte, die ihn noch nicht einmal dafür bezahlen konnte? Wo Kunstraub von
Tag zu Tag mehr in Mode kam, hatte er bestimmt schon Unmengen profitabler Fälle
zu lösen. Sie hatte doch allein mit ihren Problemen fertigwerden wollen. Aber
sie hatte nicht damit gerechnet, jemanden wie Mary Smith zu treffen.
    Sarah starrte auf den kleinen Berg aus
rohen Karotten, der sich inzwischen angesammelt hatte. »Was soll ich bloß mit
dem ganzen Zeug machen?« fragte sie sich. Vielleicht den Überschuß in kaltes
Salzwasser legen und um göttlichen Beistand beten.
    Oder einen Karottenpudding daraus
machen. Anora Protheroes Köchin und ihr leider inzwischen dahingeschiedener und
immer noch heftig betrauerter Kater Percival waren ganz besonders liebe Freunde
von Sarah gewesen, seit sie als kleines Kelling-Mädchen immer hinausgeschickt
worden war, um das niedliche Kätzchen zu streicheln,

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