Der Rauchsalon
handelt. Offenbar wurde er auf dem
Heimweg überfallen und ausgeraubt, nachdem er sich die Stühle angesehen hatte,
über die er so begeistert-«
Sarah beruhigte sich mit einem Schluck
heißen Kaffee. »Soweit ich weiß, ist er noch nicht identifiziert worden, aber
da man seinen Namen in der Kleidung fand, die er trug, und in seiner
Brieftasche-«
»Ach du liebe Zeit!« stieß Mr.
Porter-Smith hervor. »Sie wollen doch damit nicht etwa sagen, daß er tot ist?«
»Leider ja.«
»Aber das ist ja schrecklich! Ich
meine, zwei hintereinander, ich meine-« Miss LaValliere schien nicht genau zu
wissen, was sie meinte, aber ihre Aufregung war völlig echt.
»Ich weiß, wie Ihnen zumute ist«, sagte
Sarah. »Wenn man bedenkt, was während der kurzen Zeit, die Sie hier wohnen,
schon alles passiert ist, würde ich sogar verstehen, wenn Sie alle Ihre Koffer
packen und auf der Stelle gehen würden. Ich ziehe offenbar das Unglück an wie
ein Magnet.«
»Unfug!« brüllte Professor Ormsby.
»Unwissenschaftlicher Schwachsinn! Wann hat der angebliche Überfall
stattgefunden?«
»Irgendwann gegen Mitternacht, vermutet
die Polizei.«
»Im Public Garden? Und er trug immer
noch seinen Smoking?«
»Ja.«
»Also da hätten wir es ja schon. Und
wer zieht denn heutzutage noch einen Smoking an? Nur reiche alte Männer und
Kellner. Kellner verlassen das Lokal und haben die Taschen voll Trinkgeld, und
reiche Männer haben goldene Manschettenknöpfe, Kragenknöpfe, Hemdknöpfe und
weiß Gott was sonst noch. Gold, das 500 Dollar die Unze wert ist oder sonst
irgendeine Wahnsinnssumme. Bin nicht auf dem laufenden. Geh’ aber auch nicht
allein nachts im Park spazieren. Perverse. Drogensüchtige. Hartler war ein
alter Schwachkopf. Und Quiffen war noch dämlicher. Könnten Sie mir bitte mal
die Marmelade reichen?«
»Aber selbstverständlich.« Sarah
reichte ihm das geschliffene Marmeladenglas in dem kleinen silbernen Körbchen.
Professor Ormsby hatte recht. Mr. Hartler hätte eigentlich klug genug sein
müssen, nicht mitten in der Nacht allein herumzulaufen, damit provozierte man
nur Räuber und Diebe. Und Mr. Quiffen hätte seine Nase nicht in die
Angelegenheiten anderer Leute stecken sollen. Beide Todesfälle hatten nicht das
Geringste mit ihr zu tun. Wenn sie es doch nur selbst hätte glauben können!
»Ich stimme Professor Ormsby voll und
ganz zu«, dozierte Mr. Porter-Smith. »Da Mr. Hartler viele Jahre lang nicht
mehr in Boston gelebt hat, war er sich vielleicht nicht bewußt, daß die Gegend,
die er früher als junger Mann ohne weiteres jederzeit aufsuchen konnte, inzwischen
für ältere Menschen zu später Stunde ganz und gar nicht mehr sicher ist. Mr.
Quiffen war ein älterer Herr, der, wenn ich mich einmal so ausdrücken darf, bei
Tisch äußerst kräftig zulangte und ein relativ cholerisches Temperament besaß.
Daher litt er wahrscheinlich unweigerlich an Bluthochdruck, was sicherlich
gelegentlich zu Schwindelanfällen führt. Daß beide ihren Abgang — ich meine ihr
Hinscheiden-«
»Wie wär’s mit Ableben?« schlug
Professor Ormsby hilfreich vor.
Mr. Porter-Smith errötete, fuhr aber mutig
fort. »Ich wollte damit nur sagen, daß es sich dabei um einen höchst
bedauerlichen Zufall handelt, aber das ist auch alles. Professor Ormsby, falls
Sie noch Marmelade übriggelassen haben, würde ich auch gern etwas davon haben.«
Miss LaValliere war zwar noch nicht
ganz geneigt, die Zufallstheorie ohne weiteres zu glauben, doch sie hatte auch
keine Lust, zu ihrer Großmutter zu ziehen, was für sie die einzige Alternative
war, damit ihre Eltern ihr weiterhin das Studium bezahlten, wenn sie Mrs.
Kellings Haus verließ. Als Mr. Porter-Smith ihr die Marmelade reichte, nahm sie
dankend an.
Den Rest der Mahlzeit verbrachte sie
jedoch beinahe ebenso schweigsam wie Professor Ormsby. Als Mr. Porter-Smith
feststellte, daß er freie Bahn hatte, ließ er sich diese Gelegenheit natürlich
nicht entgehen, während Sarah dasaß und nachdachte, um welche Zeit ihre drei
Pensionsgäste in der vorigen Nacht nach Hause gekommen waren und wo sie wohl
vorher gewesen waren. Und was war mit Cousin Dolph?
Eine Frage, die Professor Ormsby wahrscheinlich
als verdammt idiotisch bezeichnet hätte. Dolph hatte Mr. Hartler nicht einmal
gekannt.
Oder doch. Der Ausdruck »verdammt
idiotisch« brachte mit einem Schlag die Erinnerung an eine von Tante
Marguerites weniger erfolgreichen Parties zurück, die vor langer Zeit
stattgefunden hatte. Tante Caroline
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