Der Rausch einer Nacht
Öffentlichkeit daneben benahmen, die gebildet und gewandt waren und die mit siebzehn oder achtzehn schon die halbe Welt gesehen hatten. Jünglinge, die in Country Clubs groß wurden, Golf und Tennis spielten und ab dem sechzehnten Lebensjahr zu formellen Dinners Smoking trugen.
Als Corey später in ein Badetuch eingewickelt vor dem Spiegel saß und sich mit der Bürste durch das lange blonde Haar fuhr, grübelte sie immer noch darüber, was ihre Schwester an jemand wie Cole finden konnte, der weder das Auftreten noch das Charisma eines Spence besaß. Ihr Schwarm sah in seinem blauen Sportjackett mit khakifarbener Hose, im weißen Tennisdreß oder im weißen Dinner-Jackett einfach göttlich aus. Ganz gleich, was er trug oder tat, Spence wirkte immer wie ein Traum, oder wie ein >Blaublütiger<, wie Oma die reichen Jungs in Houston zu nennen pflegte. Mit seinem hellbraunen Haar, seinen stets lachenden bernsteinfarbenen Augen und seinem umwerfenden Äußeren stellte Spence schlichtweg das Idealbild eines gutaussehenden, gepflegten und gewandten jungen Mannes dar.
Cole dagegen stellte das genaue Gegenstück dar: pechschwarzes Haar, sonnenverbranntes Gesicht, kantige, harte Züge und Augen vom kühlen Grau eines stürmischen Himmels. Corey hatte ihn noch nie in etwas anderem als ausgeblichenen Jeans und T-Shirt oder Sweatshirt gesehen. Sie konnte sich nicht vorstellen, wie er im weißen Dreß mit Diana im Club Tennis spielte oder in einem Smoking mit ihr auf einem Ball tanzte.
Natürlich hatte sie schon einmal davon gehört, daß Gegensätze sich anzogen, aber in diesem Fall fielen die Unterschiede wohl doch etwas zu extrem aus. Einfach unmöglich, daß die süße, praktische und anspruchsvolle Diana auf solchen rohen Sex-Appeal und solche Macho-Ausstrahlung hereinfiel. Der Bursche konnte ja noch nicht einmal freundlich sein! Gut, er hatte einen tollen Körper, aber er neben der kleinen, zierlichen Diana? Wenn die beiden miteinander ausgingen, würde er wie ein Turm über ihr aufragen.
Soweit Corey das beurteilen konnte, hatte ihre Schwester sich noch nie in jemanden richtig verliebt oder für einen Mann geschwärmt. Nicht einmal für Matt Dillon oder Richard Gere. Da schien es doch ausgeschlossen zu sein, daß sie auf jemanden wie Cole abfahren sollte, dem es so offensichtlich egal war, was er anzog oder wo er die Nacht verbringen würde. Natürlich durfte man ihm keinen Vorwurf daraus machen, daß er sich nicht mehr leisten konnte. Vielleicht war er ja auch ein prima Kerl. Nur - für Diana war er absolut ungeeignet.
Das Mädchen hielt gerade ihre hellbraune Reithose in der Hand, als ihr einfiel, daß Cole Barb und den anderen in der Clique ebenfalls nicht gleichgültig zu sein schien. Im Grunde war er sogar das Objekt von vielen ihrer sexuellen Fantasien, und sie stellten gern Spekulationen über ihn an.
Barb hatte sogar erklärt, gegen Cole sähen die anderen Jungs, die sie kannten, wie Weicheier aus. Und Haley Vincennes hatte sogar behauptet, der Stallbursche sei >sexy<.
Corey war über das alles so verwirrt, daß sie für einen Moment ganz vergaß, für wen sie sich heute abend schön machen wollte. Als Spence ihr wieder einfiel, spürte sie sofort erneut das brennende Verlangen und die entzückte Freude wie beim erstenmal, als ihr Blick auf ihn gefallen war - und das hatte sich nicht geändert.
Kapitel 6
Corey war so aufgeregt, daß sie kaum einen Bissen herunterbekam. Als ihrer Großmutter das auffiel und sie das Mädchen danach befragte, verstummten abrupt alle Gespräche am langen Eichentisch. Jeder, bis auf Diana, sah sie sofort besorgt an.
»Du hast ja kaum etwas angerührt, Corey. Fehlt dir etwas, mein Liebling?«
»Nein, alles ist okay. Ich habe nur keinen richtigen Hunger.«
»Du hast es wohl sehr eilig, oder?« fragte ihre Mutter.
»Ich? Wie kommst du denn darauf?« entgegnete Corey ganz Unschuld.
»Weil du alle zwei Sekunden auf die Uhr schaust«, bemerkte der Großvater.
»Ach, das ist nur, weil Diana und ich heute abend noch zum Reiten zu den Haywards wollen«, erklärte sie und fühlte sich sehr unbehaglich, so im Mittelpunkt der allgemeinen Aufmerksamkeit zu stehen. »Doug hat nämlich ein neues Polo-Pony, und wir wollen ihm dabei zusehen, wie er im Ring mit ihm arbeitet. Mr. Hayward hat eine Flutlichtanlage errichten lassen, damit man die Pferde auch im Dunkeln zureiten kann, wenn es nicht mehr so heiß ist.«
»Ein neues Polo-Pony also!« rief der Vater mit wissendem Lächeln, den
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