Der Rausch einer Nacht
an der Reihe, die sie auf einen Hosenbügel hängte und dann zwischen den anderen blauen Hosen und Shorts unterbrachte. Nun spazierte sie barfuß an der weißen Abteilung entlang und entschied sich für eine Bundfalten-Shorts. Nächste Station waren die Sweater-Fächer, wo sie einen marineblauen Polopullover mit weißen Litzen heraus- und sich gleich über den Kopf zog. Nachdem sie ihr Outfit mit weißen Sandalen komplettiert hatte (die befanden sich gerade ausgerichtet in einer langen Reihe auf dem Boden), setzte sie sich an ihren Schminktisch und fuhr sich mit einer Bürste durchs Haar. Automatisch griff ihre freie Hand nach dem pinkfarbenen Lippenstift und zog nach. Danach betrachtete sie ihr Werk im Spiegel.
Das Gesicht, das ihr da entgegenblickte, kam ihr außerordentlich gewöhnlich und unauffällig vor, und obwohl sie ja doch deutlich älter geworden war, hatten ihre Züge sich kaum verändert. Dieselben grünen Augen und dunklen Wimpern, die noch genauso aussahen wie früher. Selbst ein Hauch von Lidschatten ließ sie schon übertrieben grell geschminkt aussehen und hatte leider keineswegs den Effekt, sie hervorzuheben. Ihre hohen Wangenknochen waren grundsätzlich nicht übel, aber schon ein wenig Rouge ließ sie aussehen, wie einem Malkasten entsprungen. Flüssiges Make-up schien auf ihrer Haut keinen Unterschied zu hinterlassen, und so verzichtete sie auch darauf.
Diana hatte ein winziges Grübchen im Kinn, das sich hartnäckig weigerte, zu verschwinden oder wenigstens kleiner zu werden. Am besten gefiel ihr noch das Haar. Vom vielen Waschen und Bürsten wirkte es füllig und glänzend, aber sie zog einfache Frisuren vor, die nicht stundenlange Vorbereitung erforderten und sich auch leicht pflegen ließen. Außerdem glaubte sie, daß solche Frisuren ihr am besten standen.
Sie dachte an die schwüle und heiße Luft draußen und strich das Haar schließlich mit ein paar geschickten Handbewegungen zu einem Pferdeschwanz zurück. Nun wurde es aber Zeit, Corey zu finden, um ihr von den tollen Neuigkeiten zu berichten.
Die Tür zum Zimmer ihrer Schwester stand offen, aber als Diana hineinschaute, war von ihr nirgendwo etwas zu sehen. Die Badezimmertür war jedoch geschlossen, und so bewegte sie sich vorsichtig auf Zehenspitzen durch den Dschungel aus Klamotten, Schuhen, Schals, Fotoalben, Kameraausrüstungen und diversem Krempel, der jeden Quadratmillimeter des Bodens zu bedecken schien.
»Corey? Bist du da drin?«
»Komme gleich, nur einen Moment noch«, antwortete ihre Schwester aus dem Bad. »Ich muß nur noch den Film zum Trocknen aufhängen. Anscheinend habe ich ein paar gute Aufnahmen von Spencer gemacht, wie er letzte Woche im Club Nacht-Tennis gespielt hat. Ich glaube, die nächtliche Fotografiererei gefällt mir immer besser.«
»Nun beeil dich aber, ich muß dir etwas Tolles erzählen«, drängte Diana und wandte sich von der Tür ab. Insgeheim mußte sie lächeln.
Coreys Begeisterung für das Fotografieren hatte vor zwei Jahren begonnen, als Dad ihr ihre erste Kamera geschenkt hatte. Aus dem anfänglichen Knipsen hatte sich ein richtiges Hobby entwickelt, das ihre ganze Freizeit in Anspruch nahm.
Ein Jahr später war ihre Begeisterung für Spencer Addison hinzugekommen. Corey hatte ihn auf einer Party kennengelemt, und aus der anfänglichen Schwärmerei hatte sich eine richtige Besessenheit entwickelt. Fotos von ihm hingen an ihrem Spiegel, an ihrem Pinboard und natürlich überall an den Wänden: Spence bei sich zu Hause, Spence auf Partys, Spence bei Sportveranstaltungen und einmal sogar Spence in seinem Wagen im McDonald's Drive In.
Trotz des Umstands, daß Spencer ein Footballstar in der Southern Methodist University war und dort mit unglaublich attraktiven Kommilitoninnen ausging, die ihn wegen seines guten Aussehens und seines sportlichen Könnens anhimmelten, glaubte Corey fest daran, daß Glück, Hartnäckigkeit und Beten ihr eines Tages dazu verhelfen würden, daß er der Ihre wurde und auch blieb.
»Ja, ich hatte recht«, sagte sie, als sie aus dem Badezimmer kam und einen langen, feuchten Streifen in der Hand hielt. »Sieh dir nur diesen Schnappschuß an, wo er gerade serviert.«
Diana griente sie an. »Warum gehen wir nicht einfach rüber zu den Haywards? Da kannst du ihn in natura bewundern.«
Corey strahlte wie die Sonne selbst. »Er ist übers Wochenende nach Hause gekommen? Bist du dir da auch ganz sicher?«
Bevor Diana eine Antwort geben konnte, sauste ihre Schwester
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