Der Rausch einer Nacht
schon ins Badezimmer zurück, hängte den Film auf, sauste wieder heraus und setzte sich vor den Ankleidespiegel.
»Was soll ich bloß anziehen? Bleibt mir noch genug Zeit, um mir die Haare zu waschen?« Dann fragte sie noch einmal, und zwar in einem Tonfall, als müßte sie sterben, wenn Diana sich geirrt hätte: »Bist du dir wirklich ganz und hundertprozentig sicher, daß er dort ist?«
»Ja. Doug Hayward hat zufällig erwähnt, daß Spence nach dem Dinner zu ihnen kommen wolle, um Dougs neues Polo-Pony auszuprobieren. Kaum hatte ich davon erfahren, bin ich gleich zu Barb gegangen und habe ihr mit ein wenig Nachhilfe eine Einladung für uns beide für heute abend entlocken können. Danach habe ich getankt, und nach dem Essen kann es dann gleich losgehen.«
Corey wußte, daß ihre Schwester nicht gerne ritt und es ziemlich langweilig für sie sein mußte, den anderen beim Traben und Galoppieren zuzusehen und selbst herumzustehen. Trotzdem kam sie immer gern mit zu den Haywards, weil Corey gerne ritt. Und jetzt hatte ihre Schwester ihnen sogar eine Einladung zu Barb ergattert, und das nur, weil Spence anwesend sein sollte.
»Du bist die tollste Schwester auf der Welt!« rief sie und umarmte sie aus einem Impuls heraus.
Diana umarmte sie ebenfalls und löste sich dann von ihr. »Nun mach voran, damit wir zu Abend essen und dann zu den Haywards können, bevor Spence eintrifft. Wenn du nämlich schon da bist, wird es für niemanden so aussehen, als ob du hinter ihm her wärst.«
»Ha, du hast recht«, entgegnete Corey und war zutiefst von der Voraussicht ihrer Schwester beeindruckt. Ganz gleich, was sie unternehmen wollte, Diana unterstützte sie dabei immer nach Kräften. Aber sie behielt auch stets einen kühlen Kopf und suchte nach Mitteln und Wegen, Corey davor zu bewahren, sich zu blamieren oder in einen Schlamassel zu geraten. Diana war wirklich gut darin, alle möglichen Eventualitäten vorauszusehen. Corey verhielt sich allerdings oft so impulsiv, daß sie trotzdem mehr als einmal in der Tinte saß - und ihre Schwester dann meist mit ihr.
Auch ließ sich nicht verhindern, daß die eine oder andere ihrer danebengegangenen Eskapaden früher oder später ihren Eltern zur Kenntnis gelangte. Wenn es wieder einmal so weit war, machte Mom in der Regel keine große Affäre daraus und erklärte nur, daß ja eigentlich niemandem geschadet worden sei.
Dad hingegen sah es nicht so locker, wenn seine Töchter zum Beispiel im Yellowstone Nationalpark verlorengingen, bloß weil Corey unbedingt einen Sonnenaufgang mit Elch fotografieren wollte. Auch zeigte Mr. Foster sich alles andere als begeistert, als er aus der Zeitung erfahren mußte, daß man seine Töchter von einem Lastenaufzug hatte herunterholen müssen. Sie hatten sich auf dem dreizehnten Stockwerk eines noch nicht fertiggestellten Wolkenkratzers befunden und offensichtlich dem zweieinhalb Meter hohen Bauzaun und dem daran befestigten Schild »ZUTRITT STRENGSTENS UNTERSAGT!« keine Beachtung geschenkt.
»Während du dich fertigmachst«, erklärte Diana beim Hinausgehen, »verschwinde ich kurz in der Küche und schaue nach, was ich Cole zu essen mitnehmen kann.«
»Wem?« fragte Corey, deren Gedanken ausschließlich um die aufregende Aussicht kreisten, gleich Spence sehen zu können.
»Cole Harrison. Kennst du doch, der Stallbursche bei den Haywards. Doug hat gesagt, er sei von der Reise zurück«, antwortete Diana mit einem eigenartigen Unterton in der Stimme. »Wenn sich nicht viel geändert hat, wird er wieder Hunger leiden.«
Corey starrte ihr nach und war von der unüberhörbaren Aufregung im Tonfall ihrer Schwester wie gelähmt. Nicht einmal hatte Diana auch nur den zartesten Hinweis von sich gegeben, daß sie heimlich etwas für den Stallknecht bei den Haywards übrighaben könnte. Allerdings gehörte sie auch nicht zu den Menschen, wie zum Beispiel Corey, die mit allem gleich herausplatzten, was ihnen gerade durch den Kopf ging.
Sobald der Gedanke von Diana und Cole sich erst einmal in ihr festgesetzt hatte, konnte sie ihn nicht mehr loswerden. Unter der Dusche, als sie das Shampoo im Haar zu flockigem Schaum verrieb, versuchte sie, sich die beiden als Pärchen auszumalen. Aber schon die bloße Vorstellung war einfach zu lächerlich.
Diana war zart, hübsch und beliebt. Sie konnte durchaus unter den reichen Jungs auswählen, die ähnlich in Reichtum aufgewachsen waren wie sie. Junge Männer, wie etwa Spence Addison, die sich nie in der
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