Der Rebell - Schattengrenzen #2
stöhnte leise. Nein, ganz so schlimm war es nicht. Trotzdem tat es weh. Lag es nur an ihrer Fremdartigkeit?Er schüttelte den Gedanken ab.
»Holst du alle zum Essen?«
Daniel nickte. Unter der Tür blieb er stehen. »Du weißt aber, dass wir mit unserem aktuellen Wissen ziemlich allein stehen?«
»Stichwort Geister?«
Er nickte. »Du, Camilla und ich, der Rest will damit nichts zu tun haben und die Zwillinge will ich nicht unbedingt einweihen.«
Oliver atmete tief durch. »Was würdest du also tun wollen?«
Daniel lehnte sich in den Rahmen und hakte die Daumen in die Gürtelschlaufen. »Wir sollten heute Abend die relevantesten Informationen zusammentragen und versuchen, daraus unsere nächsten Schritte abzuleiten.«
»Einen Schritt hatten wir schon ins Auge gefasst; zum Standesamt, um die uns fehlenden Daten zu vervollständigen.«
»Guter Punkt.«
Oliver musste lächeln, bevor er wieder sehr ernst wurde. »Was nutzt uns das ganze Ratespiel, wenn wir keine direkten Infos bekommen?«
»Was meinst du?«
Er stützte sich an der Herdkante ab. »Wir haben einige Eckdaten, die noch unsicher sind. Was wir nicht so recherchieren können, sollten wir, du und ich, von Walter erfahren können, wenn wir den alten Mann damit konfrontieren.«
Die Flut der Aufnahmen schien kein Ende zu kennen. In unübersichtlichen Stapeln lagen die Fotos um ihn verstreut. Da Christian auf dem Sofa eingeschlafen war, fiel er als Hilfe endgültig weg. Aber der Kleine quälte sich deutlich. So fit war er wirklich noch nicht. Oliver hatte ihn bequem umgebettet und zugedeckt. Es war ihm lieber, wenn Chris in seiner Nähe blieb. Wie ein pelziger Schutz, oder schlicht aus Faulheit, kuschelte Opa mit ihm. Wahrscheinlich verfiel die dicke Häsin nach der Gurke schlicht in ein Fresskoma.
Michael saß gegen seinen Rücken gelehnt und verglich mit den Jahresalben, die er zuvor gesichtet hatte, um vielleicht aus Notizen ein paar Hinweise auf Personen zu ziehen.
Wenigstens ließen sich einige wenige Fragen sehr leicht aus der Welt schaffen.
Helenes Tochter hatte tatsächlich Rachel geheißen, wie ein frühes Albenbild verriet. Sie war wohl einige wenige Wochen älter als Walter gewesen und war mit ihm in die gleiche Klasse gegangen. Sie war kein wirklich schönes Mädchen gewesen, aber wie ihre Mutter hatte sie ein scheues, zauberhaftes Lächeln besessen. Die Welt schien sich in ihren riesigen Augen zu spiegeln.
Allein durch die räumliche Nähe mussten Rachel und Walter einander nähergekommen sein.
Weitaus interessanter wurde es, als Michael Bilder einer schwangeren Helene Markgraf hochhielt.
Anhand anderer Vergleichsbilder ließ sich einfach klassifizieren, dass Helene ausgerechnet in der Zeit der Machtübernahme der NSDAP zwei Söhne zur Welt gebracht hatte.
Wahrscheinlich war das der Moment, in dem Rudolph die bewussten Seiten aus der Bibel getrennt hat.
Laut George, der mit exakten Informationen aushelfen konnte, waren ab April 1933 jüdische Geschäfte boykottiert worden. Das dürfte für den alten Markgraf ein ziemlich großes Problem gewesen sein. Es glich einem Wunder, dass es den Laden immer noch gab.
George erzählte, dass ab Mitte November 1938 jüdischen Kindern verboten worden war, Schulen zu besuchen.
Oliver lief ein eisiger Schauder über den Rücken. Zugleich fühlte er sich plötzlich eingeengt. Wie grausam konnten Menschen sein, wenn sie sich zu etwas aufschwangen, was sie nicht waren, eine Überrasse, die eiskalt andere beherrschen und nach Belieben zu vernichten vermochten.
Grausam.
Die sieben Toten in Walters Haus bedeuteten ein schreckliches Zeugnis, dessen, was Hilflosigkeit und betrogenes Vertrauen bedeuteten. Diese Menschen hatten sich wohl oder übel anderen ausgeliefert, auf deren Loyalität sie gehofft hatten. Sie wurden grausam betrogen.
Sein Herz zog sich zu einem schwer schlagenden, harten Klumpen zusammen.
Matthias’ Handy klingelte. Er verließ rasch den Salon.
Einige Minuten später kam er zurück und setzte sich wieder an den Tisch.
Oliver fing seinen Blick ein. Matthias wirkte verstört, nachdenklich, vielleicht sogar schockiert.
»Was ist?«, fragte er leise.
»Nathalie hat mich gerade angerufen.«
»Deine Freundin?«
Er nickte.
Michael rückte in eine bequemere Position. »Was hat sie erzählt?«
»Sie hat die DNA der Toten aus dem Keller untersucht.« Er zögerte, leckte sich nervös über die Lippen, bevor er fortfuhr. »Alle sind miteinander verwandt.«
Innerlich stöhnte
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