Der Rebell - Schattengrenzen #2
Familien Markgraf und Hoffmann geworden. Er war immer der Wohltäter, schon damals, als mein Vater Student war.« Hilflos zuckte er mit den Schultern. »Wir haben ihn immer gutherzig und spendabel erlebt. Er hat sich um Chris und Micha gekümmert. Ganz besonders nach dem Tod unserer Mutter und der Verhaftung unseres Vaters. Er war für Walter da, hat ihn und die Jungs beschenkt und sich nachhaltig gesorgt.« Er biss sich auf die Unterlippe. »Aber da ist noch seine andere Seite. Der Kunsthändler, der Teil des organisierten Verbrechens ist.«
Langsam trat er auf Matthias zu und blieb dicht vor ihm stehen. »Der Amman, der mir vorhin am Tor begegnete …« Wie sollte er dieses Wesen in Worte fassen, was sich ihm offenbart hatte? Er erinnerte an einen Puppenspieler, in dessen Händen alles Leben und Unleben lag. Bestand diese Möglichkeit überhaupt? Konnte ein Lebender die Toten für seine Zwecke nutzen?
Vielleicht bestimmte seine Verwirrung das Bild, das Amman vermittelte, und lenkte seine Gedanken in eine vollkommen falsche Bahn.
»Er ist ein unheimlicher Mann, der genau weiß, was er tut«, sagte Matthias und legte ihm beide Hände auf die Schultern. So ruhig er äußerlich wirkte, störte doch das nervöse Zucken seines Augenlides. Innere Unruhe schien ihn ergriffen zu haben. Seine Lippen bebten kaum merklich, während sein Mundwinkel sich leicht bewegte.
Bitte hilf mir, bevor ich einen unverzeihlichen Fehler begehe. Der letzte Satz in seiner Mail an Camilla hinterließ ein Echo in Oliver. Bestand eine tiefer gehende Verbindung zwischen Matthias und Aboutreika ?
Für einen Moment verkrampfte Olivers Hand sich im Stoff.
Das Verlangen Matthias heranzuziehen und ihm ins Gewissen zu reden, bohrte in ihm. Das war die Chance, vielleicht eine der wenigen, die sich boten. Sie waren sich nah. Wenn er jetzt nicht sprach …
George, Micha und auch Daniel sollten davon vielleicht erst mal nichts wissen. Ihn bloßzustellen, besonders gegenüber Lukas George, der zwar offen und freundlich, aber in gewisser Weise undurchschaubar wirkte, war kein kluger Schachzug.
Sacht drückte er Matthias’ Schulter. »Ich weiß nicht, was er plant, warum er das alles macht, aber ich glaube fast , dass mein Vater und mein Großvater nur Marionetten an seinen Fäden sind.«
Folgenschwere Entscheidung
M atthias schwieg. Er zog sich leise zurück. Offenbar wollte er allein sein. Oliver sah ihm nach, bis er über die Galerie zu seinem Zimmer ging und einen Moment später darin verschwand.
Vertraut legte Daniel einen Arm um ihn. Ihm schien in keiner Weise peinlich zu sein, seine Gefühle offen zu zeigen. Mit gesenkten Lidern lehnte Oliver sich an ihn.
»Verstehst du mich wenigstens?«
»Ja, auch wenn mir nicht gefällt, was du vorhast und ich alles tue, um dich davon abzubringen.«
Oliver musste lächeln. »Warten wir es ab.«
Michael, der bislang nur beobachtet hatte, schob sich unter Olivers Arm. Er klammerte sich fest. Unsicher blinzelte er. Trotzdem kam kein einziges Wort über seine Lippen.
George winkte Oliver in den Salon.
»Reden wir?«, fragte er.
Oliver nickte. »Wir alle?«
»Ja.« George ließ sich in einen der Sessel fallen, während Daniel Opa zur Seite schob, die vor einem der Laptops hockte und skeptisch den Bewegungen des Bildschirmschoners folgte. Die Häsin klapperte wenig begeistert mit den Zähnen.
Ärgerlich klopfte sie mit ihren Hinterläufen, was sich bei der harten Polsterung als wenig effektiv erwies. Dass er sie ignorierte, schien sie aufzuregen.
Gähnend lehnte sich Daniel in eine Ecke des Kanapees, streckte sich und zog sie auf seinen Schoß.
Tatsächlich ließ sie zu, hochgenommen und gekrault zu werden. Akkurat setzte sie ihre lächerlich kleinen Pfötchen nebeneinander auf seinen Oberschenkel, nur um an allen anderen Seiten überzuquellen und in dem dichten Halskragen aus braunem Fell fast zu verschwinden. Das anhaltende Zähneklappern bekundete ihr Missfallen, aber der lange Rücken und die nach hinten gestreckten Ohren ihr Wohlbefinden.
Eine typische Frau, sie wusste nicht, was sie wollte.
Michael kuschelte sich zu Daniel und Opa. In seinem Gesicht kämpfte noch immer Unsicherheit mit Unverständnis. Ihm ging wohl nicht in den Kopf, warum Aboutreika eine potenzielle Gefahr bedeutete, wie auch?
Besorgt stützte sich Oliver auf die Rückenlehne des vollgestellten Sessels gegenüber Georges.
Er wollte nicht sitzen. Kribbelnd strömte Nervosität durch ihn. Seine Knie kitzelten
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